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zahntechnische Ausbildung empfangen. Beide
Missionare sind von uns nach Möglichkeit mit
Instrumenten versehen worden. Einer von beiden
meldet soeben, daß er bereits einen starken Zulauf
von Kranken habe und im Begriff stehe, in
Lupembe (Ubena) ein kleines Hospital für Ein-
geborene zu errichten. Wir versprechen uns von
diesem Versuch gute Erfolge und beabsichtigen auch
ferner, geeigneten Missionaren eine möglichst sorg-
fältige medizinische Vorbildung zu vermitteln.
Endlich haben wir mit Hilfe einer Vereinigung
christlicher Jungfrauenvereine in der Heimat zwei
Krankenschwestern ausgesandt. Beide haben
außer der üblichen Schwesternbildung eine Heb-
ammenschule besucht und ihre Hebammenprüfung
abgelegt. Durch besonderen Dispens des Preu-
ßischen Kultusministeriums ist der geburtshilflichen
Universitätsklinik in Halle a. S. (Direktor Ge-
heimer Medizinalrat Dr. Veit) gestattet worden,
diese unsere Schwestern über das den Hebammen
in Preußen verstattete Maß hinaus frauenärztlich
auszubilden und nach besonderer Prüfung durch
einen Vertreter der Medizinalregierung mit den
erforderlichen Instrumenten zu versehen. Um
während der entsprechenden Tätigkeit draußen
jedem Anstoß bei den Bezirksärzten vorzubeugen,
haben wir, so oft eine derartig ausgebildete Dame
ausgesandt wurde, dem Gouvernement Anzeige
mit Abschrift der Zeugnisse und der ihr gegebenen
Instruktion erstattet. Die Schwestern sind gleich-
falls mit umfangreicher Ausrüstung versehen. Die
chirurgischen und medizinischen Instrumente wie
die Apotheken sind nach Angabe vom Geheimen
Ober-Medizinalrat Dr. Dietrich, die geburts-
hilflichen nach Vorschrift des Geheimen Medizinal-
rats Dr. Veit zusammengestellt. Verbandmittel,
Decken usw. werden ihnen zum Teil, wenn auch
längst nicht ausreichend, von den heimatlichen
Jungfrauenvereinen gesandt.
Die gleiche Ausbildung ist auch der Frau
eines Missionars in Daressalam vermittelt worden.
Dem Gouvernement haben wir mitgeteilt, daß,
so oft die von der Regierung angestellte Heb-
ammenschwester krankheitshalber oder aus anderen
Gründen verhindert sei, die Dame nach Möglich-
keit auszuhelfen bereit sein würde. In letzter
Zeit haben wir sogar allen Missionarsbräuten
eine geburtshilflich-frauenärztliche Ausbildung auf
unsere Kosten angeboten. Zur Zeit befindet sich
dazu in Halle die Braut eines Missionars von
Mwakaleli (Bezirk Langenburg), die Frühiahr
1908 ausreisen soll.
Alle derartig ausgebildeten Damen sind an-
gewiesen, nicht nur selbst den Eingeborenen nach
Kräften zu dienen, sondern auch die farbigen
Hebammen nach Möglichkeit zu belehren und
—
christliche Frauen und Mädchen nach und nach
zur Kinder= und Krankenpflege heranzubilden.
Die betrübenden Gesundheitsverhältnisse find
wohl mehr als durch die natürlichen Schädigungen
des tropischen Klimas noch durch den Aber-
glauben, den gesundheitlichen Unverstand und
besonders durch die Lethargie des Negers ver-
schuldet, der zum Arzt, Missionar oder Zauber-
doktor mit seinen Beschwerden und Wunden erst
zu kommen pflegt, wenn diese sich bis zur Un-
erträglichkeit, oft Unheilbarkeit verschlimmert haben.
Eine wesentliche Besserung der Gesundheitsver-
hältnisse ist daher unseres Erachtens nicht ohne
Bekämpfung des Aberglaubens, ohne fortschreitende
Aufklärung und Erziehung zu erreichen. Damit
auch die künftigen Lehrer des Volkes in diese
Arbeit mit eingreifen, haben wir veranlaßt, daß
in den Unterrichtsplänen unserer Seminare in
Manow (Bezirk Langenburg) und Kidugala (Be-
zirk Iringa) und an der Mittelschule zu Lupembe
(Bezirk Iringa) auch Belehrung über Bau und
Pflege des menschlichen Körpers Raum finde.
Wir beabsichtigen auch, wenn wir erst in der
Lage sein werden, für unsere sich jetzt schnell
ausbreitenden Volksschulen Lesebücher herzustellen,
in diese einige Stücke aus der Gesundheitslehre
aufzunehmen.
Einen besonders erfreulichen, weil aus schönster
Arbeitsgemeinschaft von Regierung und Mission
erwachsenen Zweig der Gesundheitsfürsorge bildet
endlich die Aussätzigenpflege im Bezirk Langen-
burg, die durch den Aufstand eine Zeitlang ge-
stört war, jetzt aber sich in gutem Fortgang be-
findet. Auf Anregung der Missionare, die wegen
der schrecklichen Ausbreitung der Lepra infolge
des engen Zusammenwohnens von Kranken und
Gesunden bei dem Bezirksamt vorstellig wurden,
veranstaltete das Bezirksamt eine Konferenz von
Beamten und Missionaren, deren Ergebnis jetzt,
was unser Missionsgebiet anlangt, darin besteht,
daß bei Neuwangemannshöh und bei Bulongwa
bereits große Aussätzigen dörfer bestehen, bei
Kissale eins im Bau ist. Die Ausführung er-
folgte derart, daß die Regierung die Eingeborenen
eines gewissen Bezirks zur Einlieferung der
Leprösen in das betreffende Dorf zwang, ihr Ent-
weichen durch Askari-Posten verhinderte und die
Kosten zum Bau darreichte, die Missionare aber
mit den Eingeborenen den Bau ausführten, die
Pflege der Kranken übernahmen und durch An-
stellung eines Helfers und Bau einer Kapelle
auch für Gottesdienst und Unterricht sorgten. Der
missionarische Erfolg dieses Dienstes an den
Elendesten ist so erfreulich, daß wir diese Arbeit
nicht wieder missen möchten. Die Tatsache, daß
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