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Garua und am gleichen Vormittag mit mir auch
Oberleutnant Strümpell angelangt waren. Dieses
Zusammenströmen von allen Seiten machte natür-
lich auf die Eingeborenen starken und heilsamen
Eindruck. Die von Oberleutnant Strümpell in
Marua angestellte Untersuchung hat ergeben, daß
ich es mit dem Angriff eines als Mahdi auf-
geputzten Malam zu tun hatte, der durch diesen
Handstreich sein Ansehen und seinen Anhang
mehren, im Verein mit Mindif den Lamido von
Marua stürzen und dann gegen die Herrschaft
der Weißen vorgehen wollte. Einzelheiten hier-
über werden vom Residenten von Garua (Ober-
leutnant Strümpell) berichtet.
II.
Die Mahdi-Erhebung in Nord-Adamaua.
Bericht des Oberleutnants Strümpell.
Gasaua, 13. Juli 1907.
Die Mahdi-Erhebung, die in der Hauptsache
einen religiösen Charakter zeigte, ist durch einen
Mekkapilger verursacht worden, der sich schlechtweg
Alhadji genannt hat. Wann er aus Mekka
zurückkam und auf welchem Wege, ist noch nicht
bekannt. Er scheint sich indessen geraume Zeit
in Marua — Feinde des dortigen Lamido be-
haupten: sechs Monate — verborgen und auf
seinen heiligen Beruf durch Beten und Fasten
vorbereitet zu haben. Seine Heiligung nahm er
übrigens keineswegs in der Stille vor. Das er-
gibt sich schon daraus, daß allmählich die Kunde
durchsickerte, in Marua sei ein großer Malum
(Priester) erstanden. Der Lamido von Mindif
behauptete — wohl in der Hoffnung, den ihm
verhaßten Lamido von Marua durch diese Aus-
sage zu schädigen — der Alhadji habe sich bei
dem Malum Liman in Marua vorbereitet. Dieser
Malum, ein arabisierter Fullah, steht im Rufe
großer religiöser Weisheit; er bietet durchziehenden
Mekkapilgern Unterkunft und scheint in religiösen
Dingen einen weitgehenden Einfluß auszuüben.
Eselbst bestreitet, daß bei ihm ein hervorragender
Alhadji geweilt habe. Bei der großen Zahl der
unter seinem Dache weilenden Pilger wisse er
auch gar nicht, wer der angebliche Mahdi sein
könne. Seinen Angaben ist indes kein Glauben
zu schenken. Der fanatische Alte dürfte von den
Vorgängen recht viel wissen; zu Geständnissen
wird er sich indes nie beqguemen. Da der Lamido
von Marna für ihn bürgt, so scheint es ein Gebot
politischer Klugheit zu sein, den Malum Liman
vorläufig unbehelligt zu lassen und nicht ohne
positive Anhaltspunkte gegen ihn vorzugehen.
Der Lamido Sudi Abderrhaman wurde auf
das Treiben des Alhadji erst aufmerksam, als
dieser seine öffentliche Tätigkeit in einem Vorort
von Marua begann. Einem Haftbefehl des
Lamido entzog sich der Alhadji durch die Flucht
nach Ngundum-Rgundum. Die Flucht war ihm
jedenfalls leicht gemacht, da wohl keiner mehr
offen gegen ihn aufzutreten wagte. Jetzt bezeich-
nete er sich als Mahdi, als Gottesgesandter, der
geschickt sei, die Herrschaft der Weißen zu brechen.
In Ngundum-Ngundum, das bereits zum Lamidat
Mindif gehört, scheint der Mahdi den geeigneten
Boden für seine Tätigkeit gefunden zu haben.
Wie festgestellt und von dem Lauan Bokari von
Balda auf den Koran beschworen ist, hat der
Lauan Bazir von Ngundum-Ngundum dem „Hei-
ligen“ das Gehöft eines kürzlich verstorbenen
Bruders angewiesen und ihm seine Mannschaft
für den bevorstehenden Kampf zur Verfügung
gestellt. Zunächst scheint es Absicht des Mahdi
gewesen zu sein, sich das Lamidat Marna zu er-
obern, um so die nötige Mannschaft zum Kampfe
gegen die Weißen in die Hand zu bekommen.
Der Mahdi konnte bei der zwischen Marna und
Mindif herrschenden Spannung mit Recht an-
nehmen, daß Mindif ihm nicht hinderlich sein
würde. Unter verschiedenen Zeremonien entfaltete
er in N gundum-Rgundum seine schwarze, mit weißen
Koransprüchen bestickte Flagge und verkündete den
Krieg gegen den Lamido von Marua. Er be-
zeichnete ihn als unrechtmäßigen Herrscher, da er
von einem Weißen und nicht von einem Gläu=
bigen eingesetzt sei. Allah habe ihm, dem Mahdi,
befohlen, den Lamido Sudi Abderrhaman zu
stürzen und sich selbst zum Lamido zu machen.
Zunächst wandte sich der Mahdi gegen Bogo und
Balda, die Herrschaft des Lauan Bokari. Dieser
hatte noch Tags zuvor den Hauptmann Zimmer-
mann in Balda begrüßt; einem Kampf mit dem
Mahdi wich er jedoch aus. An diesem Tage
(3. Juli) übernachtete Hauptmann Zimmermann
in Malam-Manga. Als dies der Mahdi in Balda
hörte, beschloß er, Zimmermann angzugreifen.
Von seiner göttlichen Mission scheint er derart
durchdrungen gewesen zu sein, daß es ihm eine
Kleinigkeit dünkte, den deutschen Führer zu über-
wältigen. Der Resident war am Vormittag des
4. Juli in Malampetel angelangt und hatte hier
sein Lager ausgeschlagen. Gegen Mittag über-
brachte ihm der Lauan Bokari von Malampetel
die Nachricht, daß ein Haufe von Ngundum-
Ngundum heranrücke. Schon am Morgen hatte
der Lauan von dem beabsichtigten Angriff gehört
und sofort Späher in der Richtung auf Balda
vorgeschickt. Der Angriff der Aufständischen wurde
abgeschlagen und der Haufe zersprengt. Der
Lauan von Malampetel hatte sich mit einer ge-
rüsteten Mannschaft an dem Kampf nicht beteiligt;
er wollte sich die Hände frei halten. Seine
Sympathien waren aber zweifellos aufs der Seite