Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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Rede 
Seiner Exzellenz des Perrn Staatssekretärs des Reichs-Kolonialamts Dernburg 
in der Sitzung der Budgetkommission des Reichstags vom 18. Februar 1908, 
besonders über 
Fragen der Eingeborenenpolitik. 
Meine Herren! Ich habe bei der ersten Lesung 
des Reichshaushalts-Etats keine Veranlassung 
nehmen können, mich über die Gestaltung der 
Haushalte der Schutzgebiete zu äußern. Ehe ich 
daher auf das Schutzgebiet Ostafrika eingehe, 
werden Sie mir vielleicht einen kurzen Uberblick 
gestatten über die Gesamtlage, weil wir die Dinge 
im wesentlichen ja auch vom finanztechnischen 
Standpunkt des Reiches aus als einen Wirtschafts- 
zweig zu untersuchen haben werden. Sie wissen 
aus dem von dem Herrn Vorsitzenden verlesenen 
Schriftstück, daß eine Anzahl von Eisenbahn- 
vorlagen in Vorbereitung sind. Ich verstehe 
und teile durchaus die Bedenken, welche dagegen 
bestehen, daß vom Bundesrate noch nicht verab- 
schiedete Vorlagen hier diskutiert werden; ich muß 
mich deshalb darauf beschränken, bei den einzelnen 
Schutzgebieten anzugeben, wo und in welchem 
Umfange die Kolonialverwaltung eine Eisenbahn 
für notwendig erachtet. Wir können dann über 
diese Notwendigkeit im allgemeinen ganz ruhig 
diskutieren. Ob die Vorlagen kommen, wird 
davon abhängen, ob der Bundesrat sie verab- 
schiedet und ob sie die Kaiserliche Sanktion finden. 
Das Schutzgebiet von Togo, das später noch 
ausführlich zur Diskussion gestellt werden wird, 
hat diesmal wieder sein Gleichgewicht gehalten. 
Immerhin ist an dem letzten Rechnungsabschlußz 
eine Unterbilanz von 117 000 Mk. vorhanden, 
welche zeigt, daß wir vielleicht etwas zu scharf 
vorgegangen sind, Togo unter allen Umständen 
von dem Reichszuschuß freizustellen. Diese Unter- 
bilanz wäre allerdings nicht eingetreten, wenn 
nicht ein technischer Fehler in der Eisenbahnvorlage 
vom Jahre 1904 gemacht worden wäre. Wir 
haben nämlich die Tilgung der darin dargeliehenen 
Summe vom Jahre 1904 an beginnen lassen, 
während die letzte Rate für die Eisenbahn bis 
heute noch nicht bezahlt ist. Wenn Togo das 
nicht hätte zu leisten brauchen: nämlich Geld zu- 
rückzahlen, das es noch nicht erhalten hatte, dann 
würden wir auch dort im Gleichen stehen. Nun 
ist die Sache erfreulicherweise so, daß die Eisen- 
bahn einen ganz außerordentlichen Erfolg hatte, 
einen Erfolg, den niemand vorausgesehen hat. 
M. H.! Am 27. Jannar 1907 ist die Eisen- 
bahn in Gebrauch genommen worden. Das ge- 
währte Darlehen betrug 7 800 000 Mk. Es müssen 
dazugerechnet werden die Kosten der Landungs- 
  
brücke, die auf einen nicht rückzahlbaren Vorschuß 
genommen worden sind. Es ist gelungen, einen 
längeren Pachtvertrag festzustellen, über den noch 
zu reden sein wird, mit einer Minimalpachtsumme 
von 306 500 Mk. auf das Jahr, das heißt etwa 
4 v. H. auf die tatsächlichen Kosten. Nach den 
306 500 Mk., die unter allen Umständen zu zahlen 
sind, erhält der Pächter 30 000 Mk. für sich und 
der Rest wird mit 90 v. H. für den Fiskus und 
10 v. H. für den Pächter geteilt. Aus diesem 
Grunde und weil 306 000 Mk. vom nächsten 
Jahre an den Fonds des Schutzgebietes ohne 
weiteres zufließen können, wird Togo aktiv bleiben. 
Aber die Reichsverwaltung hält es für notwendig, 
daß dieser Überschuß benutzt wird, um eine zweite 
neue Linie zu bauen. Bei den Wünschen, die 
ich an den Bundesrat richten werde, beabsichtige 
ich mich in Rücksicht auf die Finanzlage des 
Reiches auf Vorlagen zu beschränken, welche ihre 
Deckung in sich tragen. Wo dieser Nachweis nicht 
mit der wünschenswerten Sicherheit gelingt, müssen 
die Bahnbauten zurückstehen. Wenn ich sage 
„Deckung in sich tragen“, so meine ich, daß man 
eine Rente nachweise, oder daß unnütze Ausgaben 
durch den Bahnbau aufgehoben werden können. 
Auch für Kamerun kann ich eine außer- 
ordentliche Belebung des Handels feststellen. Wir 
haben im Jahre 1906 23 Millionen Mark Handel 
gehabt, im Jahre 1907 kommen wir auf über 
34 Millionen Mark. Das sind 40 v. H. mehr, 
und es ist daher anzunehmen, daß der lberschuß 
der Zolleinnahmen, der natürlich erst dem Etat 
des Jahres 1909 zugute kommen kann, eine 
Million über den Etat betragen wird. Die günstige 
Situation in Kamerun kommt aber schon im vor- 
liegenden Etat zum Ausdruck. Wir haben zum 
ersten Male, ich will nicht sagen, ein erhebliches, 
aber doch ein ansehnliches Minus im Reichszuschuß 
und dabei noch einen Fehlbetrag von 240 811 Mk. 
gedeckt. Wenn wir — entgegen dem im vorigen 
Jahre angenommenen Etatsgrundsatz, den ich 
übrigens durchaus billige und für zweckmäßig 
finde, daß nämlich die Uberschüsse oder Mankos 
nicht des vorhergehenden, sondern erst die des 
zweitvorhergehenden Jahres eingestellt werden 
sollen — nach der früheren Praxis verfahren 
wären, hätte tatsächlich Kamerun etwa eine halbe 
Million weniger Zuschuß bedurft; wenn dazu die 
Zölle eine Million mehr betragen haben, so wird
	        
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