Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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man wissen, daß Ostafrika durch die vielen Kara- 
wanen, die dort durchgehen, beständig mit einem 
schwarzen Telegraphennetz überzogen ist. Die 
Leute berichten, wenn ein Weißer oder Schwarzer 
totgeschlagen wird; sie können das schneller er- 
fahren als mit dem optischen Telegraphen. 
Nun haben wir in Ruanda und Urundi noch 
keine Steuer. Im Ugogobezirk und in Usukuma 
ist eine Rupie Steuer, an der Küste und im 
Taborabezirk drei Rupien. Im Taborabezirk 
kommen aber noch kaum 6 bis 7 v. H. der 
Steuer ein. Wie schon erwähnt: Von den 
ganzen 10 Millionen Steuern, die einkommen 
müßten, kommen 1 800 000 ein. Glauben Sie, 
daß wir die Einführung allgemeiner Steuern 
möglich machen, wenn man hört, erst haben die 
Deutschen mit einer Rupie angefangen, nun sind 
sie schon auf 12 gekommen? „Da wollen wir 
lieber die Leute zum Lande hinauswerfen.“ Das 
darf man alles nicht vergessen. 
Ich habe nun darauf geantwortet: Verlangt 
ihr die hohe Steuer, dann wird niemand nach 
Usambara in die Plantagen gehen. Darauf haben 
die Leute gesagt: ja, dann müßt ihr eben einen 
gewissen Zwang anlegen. Der Zwang soll ein 
gewisser „leiser Druck“ sein. M. H.! Zwang ist 
Zwang. Entweder tuts der Mann, weil es sein 
Interesse ist, oder er tut es, weil es befohlen 
war. Ich bitte Sie, zu überlegen: Im Bezirk 
von Tabora, wo die Leute herkommen sollen und 
im Bezirk von Usukuma haben wir im ganzen 
vierhundert Mann Soldaten und Polizei gegen- 
über einunddreiviertel Millionen Schwarzen. Nun 
bitte ich Sie, mir zu sagen, wie der Fiskus einen 
solchen Befehl, daß jemand nach der Küste gehen 
soll, durchführen sollte. Wenn der Fiskus aber 
einen Befehl nicht durchführt, dann ist die Sache 
überhaupt alle. Die deutsche Herrschaft ist dann 
zu Ende. 
nichts befehlen, was wir nicht durchführen 
können. 
Man hat gesagt: Nehmt die 12 Rupien und 
stellt dafür Polizei an; für 3 Millionen Rupien 
könnt ihr so viel Polizei stellen, daß ihr die Leute 
hindern könnt, nach dem englischen Gebiet aus- 
zuweichen. Nun sehen Sie sich auf der Karte 
mal die Länge der Grenze an! Der Viktoria- 
Nyansa ist so groß wie das Königreich Bayern, 
die Grenzen sind 940 Kilometer lang. Ein 
solches Gebiet absperren zu wollen, das hat schon 
keine Raison mehr. 
Wenn ich also die Steuern an der Küste so 
stark erhöhe, bekomme ich im Innern erst gar 
nichts, wenn ich einen Arbeitszwang einführe, 
wo wir dies vielleicht könnten, bekommen wir 
den Widerstand der kräftigen Elemente im Innern, 
welche der deutschen Herrschaft heute noch nicht 
(Sehr richtig!l) Wir dürfen deshalb 
  
unterworfen, vor allen Dingen der großen Länder, 
die in sich vollständig abgeschlossen sind. 
Nun aber komme ich auf die Zollgesetzgebung. 
Es sollten, so wird gewünscht, die Einfuhrzölle 
für die Negereßwaren bis auf 25 v. H. erhöht, 
also hohe Nahrungemittelzölle eingeführt werden; 
das in einem Lande, welches so fruchtbar ist wie 
kaum irgend ein zweites, wo aber heute noch 
nicht die notwendige Frucht gebaut wird, um 
die Leute zu ernähren. Wir führen 1 800 000 M. 
Reis ein. Nicht etwa, um die Reisproduktion 
dort zu stärken, sondern um dem Arbeiter sein 
Leben zu verteuern und ihn dadurch zu zwingen, 
eine erhöhte Produktion zu leisten, soll dieser 
Zoll auf 25 v. H. erhöht werden. Dafür sollten 
allerdings die Alkoholzölle, z. B. für Rotwein, 
erniedrigt werden. (Heiterkeit und hörtl hörtl) 
Sodann sollten Arbeitskarten eingeführt werden 
usw. 
M. H.! Auch dies habe ich Ihnen nicht gesagt, 
weil ich dadurch diejenigen, die es betreiben, in 
ein ungünstiges Licht bringen möchte; das liegt 
mir ganz und gar fern. Ich bin der lberzeugung, 
daß die Leute nur das tun, was sie nach ihrer 
Kenntnis für richtig halten. Aber ich muß es 
Ihnen vortragen, weil ich dazu in Kontrast 
stellen will das, was die Engländer gemacht 
haben. 
Ich habe in der Nummer vom 1. April im 
„Deutschen Kolonialblatt"“ eine Verordnung ab- 
drucken lassen. Sie lautet wie folgt: (Redner 
verliest die im „Kol. Bl.“ 1908 Nr. 3 ab- 
gedruckte Verordnung betr. „Regelung der Dienst- 
verhältnisse in Britisch-Ostafrika“). 
Damit Sie sehen, daß es nicht ein Experiment 
ist, habe ich in der nächsten Nummer (S. 194) 
eine Verordnung abdrucken lassen, die schon länger 
besteht und jener zum Muster gedient hat. Die 
„Deutsch-Ostafrikanische Zeitung“ hat dazu be- 
merkt, das wäre einfach und vernünftig. 
Die bestehenden Zustände erschweren uns ganz 
außerordentlich den Kampf mit den Engländern 
um unser deutsches Arbeitermaterial. Sie müssen 
die lange Grenze sehen und die sehr bequemen 
Dampfer beachten. Kein Mensch ist eben dort 
zu halten. Als ich in Britisch-Ostafrika war, 
kam am letzten Tage der Finanzkommissar von 
Zanzibar und Britisch-Ostafrika zu mir und hat 
mir gesagt: Sagen Sie mal, können Sie mir 
nicht zehntausend Familien von Arbeitern geben, 
die brauchen wir notwendig. Ich habe natürlich 
abgelehnt. (Heiterkeit.) Aber die Situation in 
Britisch-Ostafrika ist einfach folgende: Das Land 
ist genau so groß wie unseres; es hat aber nur 
den dritten Teil der Einwohner. Man hat auf 
den Höhen versucht, größere Ansiedlungen von 
Weißen anzulegen. Diese haben aus demselben
	        
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