W 225 20
man wissen, daß Ostafrika durch die vielen Kara-
wanen, die dort durchgehen, beständig mit einem
schwarzen Telegraphennetz überzogen ist. Die
Leute berichten, wenn ein Weißer oder Schwarzer
totgeschlagen wird; sie können das schneller er-
fahren als mit dem optischen Telegraphen.
Nun haben wir in Ruanda und Urundi noch
keine Steuer. Im Ugogobezirk und in Usukuma
ist eine Rupie Steuer, an der Küste und im
Taborabezirk drei Rupien. Im Taborabezirk
kommen aber noch kaum 6 bis 7 v. H. der
Steuer ein. Wie schon erwähnt: Von den
ganzen 10 Millionen Steuern, die einkommen
müßten, kommen 1 800 000 ein. Glauben Sie,
daß wir die Einführung allgemeiner Steuern
möglich machen, wenn man hört, erst haben die
Deutschen mit einer Rupie angefangen, nun sind
sie schon auf 12 gekommen? „Da wollen wir
lieber die Leute zum Lande hinauswerfen.“ Das
darf man alles nicht vergessen.
Ich habe nun darauf geantwortet: Verlangt
ihr die hohe Steuer, dann wird niemand nach
Usambara in die Plantagen gehen. Darauf haben
die Leute gesagt: ja, dann müßt ihr eben einen
gewissen Zwang anlegen. Der Zwang soll ein
gewisser „leiser Druck“ sein. M. H.! Zwang ist
Zwang. Entweder tuts der Mann, weil es sein
Interesse ist, oder er tut es, weil es befohlen
war. Ich bitte Sie, zu überlegen: Im Bezirk
von Tabora, wo die Leute herkommen sollen und
im Bezirk von Usukuma haben wir im ganzen
vierhundert Mann Soldaten und Polizei gegen-
über einunddreiviertel Millionen Schwarzen. Nun
bitte ich Sie, mir zu sagen, wie der Fiskus einen
solchen Befehl, daß jemand nach der Küste gehen
soll, durchführen sollte. Wenn der Fiskus aber
einen Befehl nicht durchführt, dann ist die Sache
überhaupt alle. Die deutsche Herrschaft ist dann
zu Ende.
nichts befehlen, was wir nicht durchführen
können.
Man hat gesagt: Nehmt die 12 Rupien und
stellt dafür Polizei an; für 3 Millionen Rupien
könnt ihr so viel Polizei stellen, daß ihr die Leute
hindern könnt, nach dem englischen Gebiet aus-
zuweichen. Nun sehen Sie sich auf der Karte
mal die Länge der Grenze an! Der Viktoria-
Nyansa ist so groß wie das Königreich Bayern,
die Grenzen sind 940 Kilometer lang. Ein
solches Gebiet absperren zu wollen, das hat schon
keine Raison mehr.
Wenn ich also die Steuern an der Küste so
stark erhöhe, bekomme ich im Innern erst gar
nichts, wenn ich einen Arbeitszwang einführe,
wo wir dies vielleicht könnten, bekommen wir
den Widerstand der kräftigen Elemente im Innern,
welche der deutschen Herrschaft heute noch nicht
(Sehr richtig!l) Wir dürfen deshalb
unterworfen, vor allen Dingen der großen Länder,
die in sich vollständig abgeschlossen sind.
Nun aber komme ich auf die Zollgesetzgebung.
Es sollten, so wird gewünscht, die Einfuhrzölle
für die Negereßwaren bis auf 25 v. H. erhöht,
also hohe Nahrungemittelzölle eingeführt werden;
das in einem Lande, welches so fruchtbar ist wie
kaum irgend ein zweites, wo aber heute noch
nicht die notwendige Frucht gebaut wird, um
die Leute zu ernähren. Wir führen 1 800 000 M.
Reis ein. Nicht etwa, um die Reisproduktion
dort zu stärken, sondern um dem Arbeiter sein
Leben zu verteuern und ihn dadurch zu zwingen,
eine erhöhte Produktion zu leisten, soll dieser
Zoll auf 25 v. H. erhöht werden. Dafür sollten
allerdings die Alkoholzölle, z. B. für Rotwein,
erniedrigt werden. (Heiterkeit und hörtl hörtl)
Sodann sollten Arbeitskarten eingeführt werden
usw.
M. H.! Auch dies habe ich Ihnen nicht gesagt,
weil ich dadurch diejenigen, die es betreiben, in
ein ungünstiges Licht bringen möchte; das liegt
mir ganz und gar fern. Ich bin der lberzeugung,
daß die Leute nur das tun, was sie nach ihrer
Kenntnis für richtig halten. Aber ich muß es
Ihnen vortragen, weil ich dazu in Kontrast
stellen will das, was die Engländer gemacht
haben.
Ich habe in der Nummer vom 1. April im
„Deutschen Kolonialblatt"“ eine Verordnung ab-
drucken lassen. Sie lautet wie folgt: (Redner
verliest die im „Kol. Bl.“ 1908 Nr. 3 ab-
gedruckte Verordnung betr. „Regelung der Dienst-
verhältnisse in Britisch-Ostafrika“).
Damit Sie sehen, daß es nicht ein Experiment
ist, habe ich in der nächsten Nummer (S. 194)
eine Verordnung abdrucken lassen, die schon länger
besteht und jener zum Muster gedient hat. Die
„Deutsch-Ostafrikanische Zeitung“ hat dazu be-
merkt, das wäre einfach und vernünftig.
Die bestehenden Zustände erschweren uns ganz
außerordentlich den Kampf mit den Engländern
um unser deutsches Arbeitermaterial. Sie müssen
die lange Grenze sehen und die sehr bequemen
Dampfer beachten. Kein Mensch ist eben dort
zu halten. Als ich in Britisch-Ostafrika war,
kam am letzten Tage der Finanzkommissar von
Zanzibar und Britisch-Ostafrika zu mir und hat
mir gesagt: Sagen Sie mal, können Sie mir
nicht zehntausend Familien von Arbeitern geben,
die brauchen wir notwendig. Ich habe natürlich
abgelehnt. (Heiterkeit.) Aber die Situation in
Britisch-Ostafrika ist einfach folgende: Das Land
ist genau so groß wie unseres; es hat aber nur
den dritten Teil der Einwohner. Man hat auf
den Höhen versucht, größere Ansiedlungen von
Weißen anzulegen. Diese haben aus demselben