G 429 20
Deutsch-Südwestafrika.
Vom Bau der Südbahn.
Ende April ist nach einer amtlichen telegra-
bhischen Meldung die am linken Ufer des Großen
Fischflusses gelegene Station Secheim eröffnet
worden. Nachdem somit die schwierige Strecke
des Modder-, Gunab-, Naiams= und Fischflußriviers
in zeitraubendem Vortrieb bewältigt ist, wird die
Gleisspitze auf dem letzten, günstigeren Abschnitte
wieder rascher vorrücken und in wenigen Mo-
naten in Keetmanshoop sein können.
Jur Kröbeiterfrage.
Der Mangel an ausreichendem Arbeiter-
material hat sich beim Bau der Otavibahn und
im bergbaulichen Betrieb von Tsumeb wiederholt
empfindlich bemerkbar gemacht. Um so erfren-
licher ist die vom Gouvernement soeben über-
mittelte Nachricht, daß neuerdings ein starker
Zuzug von Ovambos zum Bahn= und Minen-
bau im Norden des Schutzgebietes stattfindet.
Jüngst sind in einer Woche annähernd tausend
Ivambos bei der Tsumeb= und Guchab-Mine
neu eingestellt worden. Die Leute meldeten sich
— angeblich auf Befehl ihrer Kapitäne zu-
nächst beim Bahnbau Otavi—Grootfontein; sie
wurden dann, da sie wegen der inzwischen er-
solgten Vollendung nicht mehr benötigt wurden,
an die Minen überwiesen.
Dieser Zuzug von Ovambo-Arbeitern ist auf
Linen Werbezug zurückzuführen, den der Bur
Dirk Oosthnizen im Novoember unternommen
hat. Der Gouverneur hatte diesem die Erlaubnis
zur Arbeiteranwerbung erteilt. Oosthuizen ist
don Ovambohäuptlingen bekannt.
Unter den bei der Guchab-Mine eingestellten
OLvambo befinden sich übrigens auch einige Herero,
die ebenfalls aus dem Ovamboland gekommen
lind und als Ovambo gelten wollten. Sie sind
wie diese nur mit einem Lendenschurz bekleidet
kand haben nach Ovambo-Art das Kopfhaar bis
aur einen Haarbüschel in der Mitte kurz geschoren.
Als Grund für ihre Verkleidung führten sie an,
ie hätten Furcht gehabt, als Herero erkannt und
eshalb gestraft zu werden. Sie erzählten weiter,
imi Ambolande hielten sich noch viele (7) Herero
auf, die gerne zurückkommen wollten; sie fürchteten
ber, wegen ihrer Teilnahme am Aufstand be-
san zu werden und den Rest ihrer Viehbestände
verlieren. Im allgemeinen geht es ihnen
nach ihrer Aussage bei den Ovambos schlecht.
Für den Fall, daß wirklich weitere Hereros
aus dem Ovambolande zurückkehren sollten, hat
der Gouverneur Anweisung gegeben, ihnen ihr
Vieh zu belassen. Dafür müssen sie sich aber
verpflichten, unter Aufsicht in Gegenden zu
wohnen, die ihnen im Hererolande als Wohn-
und Weideplätze zugewiesen werden.
75
Deutsch-Ostafrika.
Die zentralafrikanische Sxpedition S. P. des Perzogs
AKdolf Friedrich Zu ecklenburg-Schwerin.-)
Béni am Semlikifluß (Zentralafrika),
0. Januar 1908.
OÖstlich von der zum Kivugebiet gehörigen
Landschaft Bugoie dehnt sich jener große, nach
Westen fast bis an den Stebeyafluß heranreichende
Urwaldkomplex aus, der erst an wenigen Stellen
von Weißen betreten worden ist. Er birgt das
Volk der Watwa, jenes Räuber= und Jägervolk,
dessen ich früher schon Erwähnung tat. Dr. v. Raven,
der pôre supéricure der Missionsstation Njundo,
der ein passionierter Jäger und guter Schütze ist,
und ich streiften mit diesen Kerlen im September
schon seit 14 Tagen im Urwald herum, um die
Geheimnisse dieses zoologisch noch völlig un-
bekannten Bergwaldes, dessen größte Höhen bis
auf 3000 m ansteigen, nach Möglichkeit zu lüften.
Manche Rarität hatten wir schon gesammelt, aber
noch keinem von uns war es bisher gelungen,
des Menschenaffen ansichtig zu werden, dessen
Vorkommen im Bugoiewalde nach den Angaben
der Eingeborenen und Missionare erwartet werden
konnte.
Aus dem Kivugebiet war bisher erst ein
Eremplar des Menschenaffen, das im Jahre 1904
von Hauptmann v. Behringe am Saoyino er-
legte, bekannt geworden. Es erhielt im Berliner
zoologischen Museum den Namen CGorilla Beh-
ringei. Nach Aussage von Eingeborenen am
Mgahinga wurde dort im letzten Jahre ein zweites
Erxemplar, zweifellos ebenfalls Behringei, auch
Kimanda impundu genannt, von einem belgischen
Herrn geschossen. Ich habe näheres hierüber nicht
in Erfahrung bringen können.
Die Erlegung eines Vertreters der im Bugoie-
walde lebenden Gattung mußte also einen wert-
vollen zoologischen Beitrag liefern.
Nach unseren späteren Beobachtungen lieben
die Gorillas besonders die Ränder des hohen
*) Auszüge aus den Reiseberichten des Ler-
zogs in der „Täglichen Rundschau". Vgl. „KNol. Bl.“
1908 Nr. 3. Seite 111 ff. und Nr. 7. Seite ½31 fl.