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fördert worden. Am Bahnbau wurden durch-
schnittlich 6000 Menschen beschäftigt. Der Eisen-
bahnabschnitt zwischen Chiromo und Port Herald
war während des ganzen Jahres im Betrieb.
Im Schiffsregister von Chiromo waren 141
Schiffe eingetragen. Außerdem verkehrte auf
dem Schire eine große Flotte von Kanus, welche
meistens Indern gehören. Zwischen Chinde und
dem Protektorat verkehren auch zwei Dampfer
unter portugiesischer und einer unter deutscher
Flagge. Auf den Schiffen wurden 6615 Tons
Waren und 294 europäische Passogiere ein-,
sowie 986 Tons Waren und 199 europäische
Passagiere ausgeführt. Der Regierungsdampfer
„Guendolen“, welcher auf dem Nyassa-See ver-
kehrt, macht monatlich einmal eine Tour um den
See und außerdem verschiedene Extrafahrten nach
Kota-Kota, Fort Maguire und Saidin Mzumbgn
während der Zeit der Reisernte. Der Hafen
von Kota-Kota scheint allmählich zu verschlammen;
wegen des Fallens des Wasserstandes im See
und der allgemeinen Veränderung der Küstenlinie
sind sowohl Karonga wie Nkata-Bay keine sicheren
Ankerplätze.
Wie in den vorhergehenden drei Jahren, so
war auch im Berichtsjahr der Schire während
der Trockenzeit unbefahrbar. Vom April bis
November konnten Dampfschiffe das Protektorat
nicht erreichen. Während dieser Zeit wurden die
Waren vom Endpunkt der Schiffahrt bis Port
Herald in Barken befördert, die von Menschen
gezogen wurden. Zwischen November und
Januar war der Fluß nur zeitweilig bis Chiromo
befahrbar.
Die Schwierigkeiten, denen die Ausfuhr der
Produkte des Landes während des größten Teils
des Jahres begegnet, hindern alle Unternehmungen
und verbieten die Exploitierung vieler Produkte,
welche bei geringeren Frachtkosten auf dem Welt-
markt wohl rentabel sein würden. So kostet
z. B. der Transport von Kaffee von einer Plan-
tage nach Blantyre und von Blantyre nach
London im ganzen rund 15 2à für die Tonne,
für Tabak kostet er ungefähr ebensoviel, für
Baumwolle (einschließlich des Entkernens) 18 2L
für die Tonne. Das macht z. B. bei Tabak
mittlerer Qualität mehr als 50 v. H. seines
Marktwertes aus. Ein Aufblühen des Ausfuhr-=
handels der Kolonie wird erst möglich sein, wenn
sich billigere Frachtraten erzielen lassen.
4. Landwirtschaft.
Mit Baumwolle waren im Jahre 1906/07
7017 Acres bepflanzt, uneingerechnet die von den
Eingeborenen bebauten Flächen. Bon den Ein-
geborenen wurden 77½ Tons unentkernter
Baumwolle aufgekauft. Der dafür den Ein-
2#.
geborenen gezahlte Preis betrug ¾ Penny bis
1 Penny für das Pfund. Eine allgemeine Ein-
führung der Baumwollkultur als Eingeborenen=
Kultur wird sehr schwierig sein, da man es dem
Eingeborenen kaum verargen kann, wenn er mir
der Einführung einer Kultur zögert, deren
Produkte er erst nach einem sechs= bis siebentägigen
Marsch absetzen kann. Daß der Kaffeeanbau
zurückgeht, wurde schon oben erwähnt. Der An-
bau von Tabak wächst von Jahr zu Jahr,
während der Anbau von Tee bisher nur auf
Mlanje beschränkt blieb. Sisal-Agaven und
Mauritiushanf werden ebenfalls seit einiger Zeit
angebaut, jedoch find auch hier die schlechten
Transportmittel das Hindernis einer allgemeinen
Kultur. Ramie ist bis jetzt nur auf einigen
Farmen versuchsweise angebaut worden; die
Versuche mißglückten wegen des unregelmäßigen
Regenfalles. Kautschukpflanzen wurden aus
Ceylon eingeführt, und zwar Hevea brasiliensis,
Castilloa elastica, auch Funtumia elastica, eine
Pflanze, die erst kürzlich in Uganda entdeckt
wurde, ist ausgesät worden. Die „African Lakes
Corporation" hat die größten Kautschuk-Pflanzungen
im Nyassaland. Es sollen noch Versuche mit
weiteren Kautschukarten angestellt werden. Der
Kultur von Kakao hat sich das Klima des Pro-
tektorats als feindlich erwiesen, da die Trocken-
zeit zu lange währt.
5. Aufforstung.
Mit der Aufforstung ist im Berichtsjahre im
Platecau von Zomba und Blantyre begonnen
worden. Es wurden hauptsächlich die Mlanje-
Zeder (Wideringtonia Whyteü) und Eucalyptus
angebaut.
6. Eingeborenen-Angelegenheiten.
Die Bevölkerung des Protektorats ist ruhig
und zufrieden. Der Grund hierfür ist haupt-
sächlich in dem guten Berhältnis zu suchen,
das zwischen den Distriktsbeamten und den Ein-
geborenen besteht, sowie in den Reisen, die der
Land unternommen und die sie mit allen be-
deutenden Eingeborenen-Häuptlingen, sowie mit
den Eingeborenen aller Stände in Berührung
gebracht haben. Es war immer eines der
Prinzipien der Verwaltung, daß die Distrikts-
beamten den Eingeborenen gegenüber die Rolle
von Beschützern und Erziehern einzunehmen
hätten — „in loco parentis“ — und daß jeder-
zeit jeder Eingeborene Zutritt zu ihnen haben
soll. Ein ununterbrochener Zug von Häuptlingen
und Führern der Eingeborenen besucht Zomba,
um dem Kommissionär ihren Respekt zu zgollen
und ihm ihre Klagen vorzubringen.