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kann, während nach den Angoben anderer die
Gewinnung der Wurzeln mühsam ist und dies
das Material sehr verteuert. Die Elandswurzel
besitzt ferner den Nachteil, daß sie infolge eines
großen Stärkegehaltes nicht bei höheren Tempe-
raturen ausgelaugt werden kann und daß bei der
erforderlichen niedrigen Temperatur die Aus-
nutzung eine ungenügende ist. Ein anderes gerb-
stoffführendes Material ist der „Ganib“
(Hydnora longicollis), der aus Deutsch-Südwest-
afrika stammt und von mehreren Seiten ein-
geschickt wurde. Über diesen Ganib, der nach
den mir übermittelten Angaben eine Schmarotzer=
pflanze ist, wurden vom Kolonial-Wirtschaftlichen
Komitee einige Mitteilungen gemacht, die es einem
südwestafrikanischen Farmer verdankt und die auch
hier angeführt werden sollen:
„Die knollenähnlichen Auswüchse wachsen, si
dreiteilend, aufwärts, und die Dreiteilung durch-
bricht den Boden und trägt eine faustdicke Frucht,
die von den Hottentotten genossen wird. Die
Knollenauswüchse sind offenbar, besonders im
Anfangsstadium, solange sie noch rundlich sind,
sehr tanninreich. Man unterscheidet zwei Arten
Ganib. Die eine ist in ihrem Vorkommen an
den Milchbusch (Euphorbia dichotoma) gebunden,
also an steiniges, besonders schiefriges Gelände.
Die andere wächst unter dem Dornbaum (Acacia
horrida), also vorwiegend auf dem Schwemm-
lande der Flüsse. Der erste Ganib wächst wild
in der Milchbuschregion und in den Flußtälern
in ungeheuren Mengen und würde bei etwaigem
Wert für die Gerberei in enormen Mengen ge-
wonnen werden können, zumal die Bahn nach
Keetmanshoop die wichtigsten Flußtäler und den
Euphorbiengürtel schneidet.“ Bei den drei seitens
der Versuchsanstalt untersuchten Mustern von
Ganib wurde ein Gerbstoffgehalt von 18, 21,2
bzw. 32 v. H. ermittelt, was entschieden recht
beachtenswert ist, doch wurde auch hier ein hoher
Stärkegehalt festgestellt, der, wie schon bei der
Elandswurzel bemerkt wurde, bei der heißen
Auslaugung störend wirkt oder eine besondere
Behandlung bei der Auslaugung erfordert. Die
Versuchsanstalt hat kürzlich eine größere Menge
von Ganib erhalten und wird nunmehr hiermit
einige Gerbversuche mit ganzen Häuten und
Fellen ausführen. Ich glaube nicht, daß auch
bei niedriger Preisbemessung ein Material wie
Ganib sich in unsere Lederindustrie einführen
wird. Es dürfte hier ähnlich liegen wie bei der
vor etwa 15 bis 20 Jahren aus Nordamerika
auf unseren Markt gebrachten Canaigrewurzel,
die trotz ihrer sonstigen guten Eigenschaften sich
bei uns nicht eingebürgert hat, was in erster
Linie auf ihren Stärkegehalt bei der Auslaugung
und auf die damit verbundenen Schwierigkeiten
zurückgeführt werden muß. Bevor in dieser Be-
ziehung ein endgültiges Urteil abgegeben wird,
empfiehlt es sich, die Ergebnisse der erwähnten
Versuche und genaue Preisanstellungen abzu-
warten. Vielleicht könnte der Ganib als Roh-
material für die Herstellung eines Gerbstoffaus-
zuges an Ort und Stelle verwendet werden.
Von den drei Mustern hatten zwei einen nie-
drigen Gehalt an Nichtgerbstoffen, so daß diese
für die Extraktherstellung in Betracht kommen
können, während das dritte Muster einen sehr
hohen Gehalt an Nichtgerbstoffen aufwies, was
bei der Extrakterzeugung als ungünstiger Um-
stand anzusehen ist. Es müssen hier noch weitere
Untersuchungen abgewartet werden. Die Ver-
arbeitung eines Materials wie des Ganib er-
fordert große Sachkenntnis und besondere Sorg-
falt, wenn ein guter Extrakt erhalten werden soll.
Auf jeden Fall ist es rätlich, die Ganib-Ange-
legenheit fernerhin im Auge zu behalten.
Es kamen im letzten Jahre noch zwei andere
aus Deutsch-Südwestafrika stammende Gerb-
materialien, und zwar die Rinde der Weiß-
dornakazie (Acacia horrida) und die Schoten
der Kameldornakazie (Acacia giraffae), die
letzteren in zwei Mustern von verschiedenen Seiten
eingesandt, zur Untersuchung. Die Rinde ent-
hielt 11,5 v. H. und die Schoten hatten in
beiden Fällen 9,7 v. H. Gerbstoff. Der Gerb-
stoffgehalt ist so niedrig, daß an eine Ausfuhr
dieser Materialien nicht gedacht werden kann,
ebensowenig an die Herstellung von Extrakt an
Ort und Stelle. Es kann höchstens in Frage
kommen, daß diese Materialien in Verbindung
mit anderen hochprozentigen Gerbstoffen im Ur-
sprungslande für Gerbezwecke verwendet werden.
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*
Die vorstehenden Mitteilungen zeigen, daß es
in unseren Schutzgebieten eine Anzahl von
Pflanzen gibt, die Gerbstoffe liefern oder zur
Gewinnung von Gerbstoffen herangezogen werden
können. Schenkt man der Gerbstofffrage in
unseren Schutzgebieten eine größere Beachtung
und sucht man nach weiteren gerbstoffführenden
Pflanzen, von denen es sicherlich einige gibt, die
bis jetzt als solche noch nicht erkannt worden
sind, so wird die Auswahl noch größer werden.
Ebenso wie man in Australien den gerberischen
Wert des Malletbaumes in engerem Kreise erst
vor wenigen Jahrzehnten, in weiteren Kreisen
erst vor einigen Jahren kennen gelernt hat, so
dürften wir in unseren Schutzgebieten, die nament—
lich in dieser Beziehung sehr wenig erforscht sind,
auch noch viele andere Pflanzen besitzen, von
denen die Rinde, Früchte oder andere Teile gerb—
stoffreich sind. Man soll sich aber bei der Lösung
der Gerbstofffrage nicht nur hierauf beschränken,