Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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Tätigkeit der Gesellschaft seit ihrem Gründungs- 
jahre (1903) ab. 
Zur Zeit der Gründung der Gesellschaft hoffte 
man, daß man im Sudan die besten Resultate mit 
Baumwollkulturen erzielen würde. Der General 
de Trentinian hatte im Jahre 1898/99 80 Tonnen 
Rohbaumwolle vom mittleren Niger mitgebracht, 
und der Kommandant Lenfant zögerte nicht, die- 
sem Flusse den Namen „Französischer Nil“ bei- 
zulegen. Es wurden daher Baumwollsaaten in 
den verschiedensten Produktionsländern angekauft 
und nach dem Sudan befördert. 
Von diesen Saaten glückte im ersten Jahre 
der Anbau der amerikanischen Sorten, und der 
Generalgouverneur Roume konnte sich an Ort und 
Stelle von den vorzüglichen Resultaten sowie von 
der Leichtigkeit, mit der die Eingeborenen die 
neuen Arten, welche ihnen übergeben worden 
waren, angenommen hatten, überzeugen. 
Unglücklicherweise täuschten die nächsten beiden 
Jahre die ersten Hoffnungen. Vielleicht würden 
frühere Saatarten oder die Sorten der Einge- 
borenen, deren Qualität je nach der Gegend 
variiert, bessere Resultate erzielen. 
Die Gesellschaft besitzt augenblicklich im Sudan 
zwei Entkernungsstationen. Die eine zu Ségou, 
die andere zu Cayes. Eine solche Station besteht 
aus einem Petroleummotor von 12 bis 15 Pferde- 
kräften, zwei Entkernungsmaschinen mit 60 Sägen 
und einer hydraulischen Presse zur Herstellung 
von Ballen im Normalgewicht von 220 kg. Jede 
Entkernungsstation kann zehn Ballen am Tage 
herstellen, das sind 50 Tonnen im Monat. Je 
nach den Umständen kann man während zwei bis 
sechs Monaten entkernen und so zu einer Jahres- 
produktion bis zu 600 Tonnen gelangen. 
Diese bescheidene Einrichtung entspricht dem 
Lande, in dem die Transporte noch teuer und 
schwierig sind, besser als große Einrichtungen. 
Die Baumwolle der Eingeborenen liefert 
augenblicklich nur 25 bis 26 v. H. Baumwoll= 
fasern, mithin eine Tonne Rohbaumwolle nur 
einen Ballen Baumwollfasern. 
Mit Hilfe der Entkernungsmaschine kann die 
Baumwollgesellschaft die schlechten Saaten zer- 
stören und an die Bauern gute Saaten aus ihren 
Versuchsfeldern verteilen. 
erwähnt besonders die lobenswerten Bemühungen 
eines Eingeborenen, der sehr interessante Resultate 
mit amerikanischen Baumwollarten erzielt hat. 
Man kann annehmen, daß er in diesem Jahre 
fünf Tonnen Baumwolle auf den Markt von 
Hävre bringen wird. Ein anderer Eingeborener 
zu Cayes hat als erster den Export von Baum- 
wolle in die Hand genommen, und zwar auf 
originelle Weise. Er ging zur Ausstellung nach 
Marseille und nahm 12 Tonnen Rohbaumwolle 
M. Esnault-Pelterie 
  
aus der Gegend von Cayes mit sich. Augen- 
blicklich gibt es fünf Handelshäuser im Lande, 
sowohl eingeborene wie europäische, die sich mit 
dem Export von Baumwolle aus dieser Gegend 
befassen. 
Auf Anregung des Kommandanten Lenfant 
sandte die Gesellschaft auch nach Dahomey einen 
Agenten; jedoch wurde im ersten Jahre kein Er- 
folg mit nichteinheimischen Baumwollarten erzielt. 
Dagegen ist die Baumwolle der Eingeborenen 
viel gleichmäßiger als die des Sudan. Es gibt 
in Dahomey zwei vollständig eingerichtete Ent- 
kernungsanlagen, und zwar zu Cotonou und zu 
Abomey, eine dritte wird in Savé, dem Endpunkt 
der Eisenbahn, eingerichtet. Außerdem gestattet 
eine zu Cotonou errichtete kleine Olpresse, den 
Baumwollkernen ein Rohöl zu entziehen, welches 
an Ort und Stelle zum Schmieren von Maschinen, 
besonders der Eisenbahnen, Verwendung findet. 
Auch ist es möglich, dem Boden durch Olkuchen 
den größten Teil der Salze wieder zuzuführen, 
den die Baumwollstaude ihm entzieht. 
Man hat fünf Versuchsfelder angelegt, welche 
im ganzen 200 ha umfassen. Auf diesen beschäf- 
tigt man sich hauptsächlich mit der Selektion der 
eingeborenen Arten. Außerdem werden auch noch 
Versuche mit fremden Arten im kleinen angestellt. 
Da eine Entkernungsanlage rund 40 000 Fr. 
kostet, hat die Gesellschaft ihre Entkernungsanlagen 
nur mit Hilfe des Kredites von 100 000 Fr. 
einrichten können, welchen das Parlament für die 
Entwicklung der Baumwollkulturen bewilligt hat. 
Von diefen 100 000 Fr. hat die Gesellschaft 
66 000 Fr. erhalteu. 
Auch Algier ist von vornherein in das Tätig- 
keitsgebiet der Gesellschaft aufgenommen worden. 
Den Anstrengungen hat der Erfolg entsprochen. 
Nach der zweiten Ernte hat Algier 30 Tonnen 
sehr gute Baumwolle ägyptischer Art geliefert. 
Hier in Algier wurde die Gesellschaft besonders 
durch einige Private unterstützt. Drei Entkernungs- 
anstalten zu Orléansville, Böne und Philippeville, 
die sich im Privatbesitz befanden, sind ihr testa- 
mentarisch vermacht worden. 
In Madagaskar hat die Kompagnie „de 
la Loza“ die Entkernung der Baumwolle in die 
Hand genommen. Es sollen gute Resultate mit 
der Caravonica-Baumwolle erzielt worden sein. 
Die Ernte wird auf 200 kg geschätzt, was für 
das erste Jahr immerhin ein erfreuliches Resultat 
ist. (Die Caravonica-Baumwolle ist eine peren- 
nierende Baumwollstaude.) Auch amerikanische 
und ägyptische Baumwolle hat gute Resultate 
erzielt. 
In Guadeloupe sind einige Versuche mit 
den Sea-Island-Arten gut angeschlagen. Auch 
in den übrigen Kolonien Frankreichs, wie Tahiti
	        
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