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reichten wir in zweitägigem Marsche bei Salam-
bongo den Ituri. Dort bescherte uns das Glück
das Skelett eines Soli, einer großen, hellge-
färbten, mit weißen Querbinden über den Rücken
versehenen Antilope nebst Gehörn, das dem des
Buschbockes gleicht, aber von der Stärke der-
jenigen eines Elands ist. Eine, wie ich annehme,
auch in der Invalidenstraße zu Berlin unge-
kannte Art!
In Schindano, der letzten Etappe vor
Irumu, konnten wir dann noch ein leidlich gut
erhaltenes Okapi-Fell nebst Skelett erwerben,
dem sich in Irumu noch drei weitere Felle zu-
gesellten. Alle Tiere waren gelegentlich von den
Mombuttu-Pygmäen, von denen wir am Ituri
ein ganzes Lager trafen, im Waldinnern er-
beutet worden.
Dann tauchte Irumu vor uns auf, dessen
hübsche Ziegelhäuser einladend zu uns herüber-
grüßten. Unterhalb des Postens fließt der Schari
in träger Breite vorbei. Am anderen Ufer
winkten die beiden einzigen, momentan hier an-
wesenden Herren. Der Kommandant Engk mit
allen Offizieren (Irumu ist für zehn Europäer
eingerichtet) befindet sich seit Monaten weiter west-
lich in der Gegend von Awakuhi, wo nicht alles
so ruhig ist, wie es sein sollte.
Mit besonderer Frende fanden wir nach
Monatsfrist unseren Botaniker, Herrn Dr. Mild-
braed, hier wieder vor, dessen Schilderung über
seinen Aufenthalt am Ruwensori ich hier folgen
lasse:
„An dem trüben Morgen des 11. Februar
marschierten wir in das Tal des Butagu, des
größten Baches auf der Westseite des Gebirges,
der die Gletscherwässer des Hauptmassives zum
Semliki führt. Ein schmaler Pfad zieht am
nördlichen Talhang bergauf und bergab über
zahlreiche kleine Seitenbäche und die Hügelrücken
dazwischen, an manchen Stellen so steil, daß es
für die Träger harte Arbeit gab. Die Hügel
find zuerst bestanden mit Matete, dem hohen
Elefantengras, einer der unerfreulichsten Er-
scheinungen afrikanischer Vegetation, weiterhin
mit mannshohem Adlerfarn, der zwar heimatlich
anmutet, sonst aber auch nicht besonders an-
genehm zu durchwandern ist. Erfreuliche Ab-
wechslung bieten dem Auge vereinzelte Raphia-
Palmen, die auf mäßig hohem Stamm stolze
Kronen 10 m langer Wedel über die Matete er-
heben, später buntgemischte Waldbestände in den
Nebentälern und stattliche Baumfarne, die ihre
mächtigen und doch so anmutigen Wedel über
die kleinen Bäche breiten.
Bei einer Biegung des Pfades zeigte sich
endlich ein freundliches Bild: über ein größeres
Seitental grüßten von einem sanft ansteigenden
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Hügelrücken einige Rundhütten und kleine Acker-
flecken herüber. Es war die Siedlung Ka-
Kalonge, bei der wir nach einer letzten be-
sonders unangenehmen Kletterei das Lager
aufschlugen. Obgleich die höheren Gipfel von
Wolken verhüllt waren, hatten wir hier schon
völlig den Eindruck des Hochgebirges und ge-
nossen einen Rundblick von wechselreicher Schön-
heit. Rückwärts schweift das Auge durch den
Taleinschnitt des Butagu über die Semliki-Ebene,
die in der Ferne undeutlich im Horizont ver-
schwimmt; gegen Süden stößt der Blick auf den
Kamm der Wawunga-Berge, die sich steil und
wenig gegliedert, fest wie eine Wand über dem
in klammartiger Schlucht rauschenden Butagn er-
heben, gegen Norden gleitet er über Hügelrücken
und waldreiche Kuppen empor zu dem weiter
entfernten, reicher gegliederten Bergzug, der auf
dieser Seite das Tal einrahmt; und gegen Osten
schaut man in drei wilde Hochgebirgstäler, die
bis in das Herz der Berge gehen und die
Schmelzwasser der Gletscher zum Butagu ver-
einigen.
Am nächsten Tage stiegen wir steil hinab zu
dem nördlichen der drei Quellbäche, der auch
Butagu heißt, und auf der andern Seite noch
steiler hinauf auf einen Rücken, der in größere
Höhen führen sollte. Da Waldbestand von an-
scheinend reicher Zusammensetzung den unteren
Teil dieses Rückens deckte und auf dem ganzen
Kamm kein Wasser vorhanden war, so beschlossen
wir, hier in nicht zu großer Entfernung vom
Bach zu lagern, und fanden auch bald einen
hübschen Platz auf einer Lichtung. Da es noch
früh am Tage war, stiegen wir noch ein Stück
weiter hinauf, um etwas zu rekognoszieren, wir
kamen auch bald in die Erikazeen-Region
und zu einem Platz, wo einmal ein Europäer
gelagert hatte. Weiter nach oben war aber alles
in Nebel gehüllt, und wir kehrten um, ohne den
Entschluß gefaßt zu haben, das Lager höher zu
verlegen. Zwei Tage später wiederholten wir
den Vorstoß; ich kam zwar über ein weiteres
Europäerlager hinaus bis an die untere Grenze
der baumartigen Senecios und großen Schaft-
lobelien, mußte aber wegen vorgeschrittener Zeit
umkehren. Ich wäre in dem dicken Nebel bei
seinem, eisig kalten Regen auch sonst nicht weiter
gegangen, obgleich mir der eingeborene Führer
eine längere eindringliche Rede hielt, aus der ich
fast nur Chupa (Flasche) und Matabisch (Bak-
schisch) verstand und schließlich mit Mühe kon-
struierte, daß er fürchtete, kein Bakschisch zu
kriegen, wenn er mir die Flasche (das „Fremden-
buch“) nicht zeigte.
Der Aufstieg bis hierher hatte keine sonder-
lichen Schwierigkeiten geboten. Die Steigung