Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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Baumwolle betrug, eine solche mangelhafte Ver- 
sorgung die größten Gefahren zu eröffnen schien, 
zeigte sich doch bald, daß der wirtschaftliche 
Niedergang im Verhältnis noch viel schärfer war 
als der Rückgang in der Versorgung. Zwar 
machte sich diese Erscheinung zunächst nur für die 
Industrie in Amerika fühlbar, dort aber so 
intensiv (bis Mitte Mai betrug das Defizit ihrer 
Entahmen in Rohbaumwolle 933 000 Ballen 
gegen das vorhergegangene Jahr), daß der 
infolge umfassender, bis zum Jahresende 1908 
reichender Garnabschlüsse der außeramerikanischen 
Industrie auf seiner letztjährigen Höhe ver- 
bleibende Konsum keinerlei stetigenden Einfluß 
auszuüben vermochte. 
Bei diesen anormalen Verhältnissen sind die 
vom Kolonial-Wirtschaftlichen Komitee zusammen- 
gestellten Tabellen von Baumwollenpreisen von 
besonderem Interesse. Danach notierte middling 
amerikanisch um Mitte Oktober 1907 61 Pfg., 
ging bis Mitte November allmählich auf 56 Pfg. 
herunter, um nach mehrmaligen geringen 
Schwankungen im Dezember und Januar in 
langsamem Fallen bis auf 48 Pfg. zurückzugehen, 
ein Preisniveau, auf dem wir uns Ende April 
befanden. Seit Anfang Mai haben die Preise 
dann wieder angezogen und erreichten am 15. Mai 
57 Pfg. per ½ kg. 
Agyptisch fully good kair, das Anfang Sep- 
tember 1907 noch 95 Pfg. per ½ kg notiert 
hatte, fiel in kurzen Schwankungen bis Mitte 
Jannar auf 76 Pfg., ging dann vorübergehend 
wieder auf 80 Pfg., um in allmählichem, an- 
haltendem Fallen Ende April seinen niedrigsten 
Stand von 54 Pfg. zu erreichen. Die fallende 
Tendenz ist dann zum Stillstand gekommen, und 
die Preise sind bis Mitte Mai wieder auf 62 Pfg. 
gestiegen. 
In der dritten Lesung am 7. Mai wurde der 
Kolonialetat und damit für den Baumwoll- 
bau in Ostafrika 60 000 Mk., in Togo 
65 000 Mk. gegen die Stimmen der Sozial= 
demokraten im Reichstage bewilligt. Der Stellung 
der sozialdemokratischen Fraktion gegenüber ver- 
dient hervorgehoben zu werden, daß die Arbeiter- 
schaft in England längst die Wichtigkeit der 
lolonialen Baumwollbaufrage erkannt hat und 
dieses durch regelmäßige jährliche Beiträge der 
verschiedenen Arbeiter- Organisationen an die 
englische Baumwollbaugesellschaft beweist. 
Die im Mai 1902 begründete englische Baum- 
wollbaugesellschaft ist nach dem Vorbilde des 
Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees begründet. 
Den ersten Anstoß zum Baumwollbau der 
Europäischen Kolonialmächte hat das deutsche 
  
Kolonial-Wirtschaftliche Komitee durch seine im 
Jahre 1900 entsendete Baumwollexpedition nach 
Togo gegeben. 
Hinsichtlich der einzelnen deutschen Schutz- 
gebiete wird in dem Bericht des „Kolonial-Wirt- 
schaftlichen Komitees“ bemerkt: 
In den nächsten Jahren werden weite, für 
den Baumwollbau geeignete Gebiete Deutsch-Ost- 
afrikas und Togos erschlossen werden. In Togo 
wird eine neue Eisenbahn Lome —Atakpame 
gebaut; sie wird die für die Baumwolleingeborenen- 
kultur aussichtsvollen Bezirke Atakpame, Kpedji 
und Sokodé-Bassari wirtschaftlich aufschließen und 
diese Bezirke dem Weltverkehr angliedern. Das 
Komitee hat den Baumwollbau in dieser Kolonie 
von Anfang an als Eingeborenenkultur ein- 
geführt, und der Erfolg beweist die Richtigkeit 
dieses Vorgehens. 
Die Ausfuhr von Baumwolle aus Togo be- 
trug in Ballen zu 250 kg: 
1901 1902 1903 1904/05 1905/06 1906/07 
— 80 128 519 857 1205 
Zur Ausbreitung und ertragreichen Gestaltung 
der Eingeborenenkultur ist das Komitee fortgesetzt 
bemüht, eine Verbesserung der in Togo heimischen 
Baumwollspielarten herbeizuführen und der land- 
wirtschaftlichen Technik Eingang zu verschaffen. 
In der Hauptsache handelt es sich darum, die 
althergebrachte Hackkultur durch den Pflug zu 
ersetzen. Das Komitee ist sich der Schwierigkeiten, 
die der Lösung dieser Aufgabe entgegenstehen, 
wohl bewußt. Jahrzehnte werden vergehen, bis 
die Pflugkultur allgemein eingeführt ist; die An- 
fänge in der Baumwollschule Nuatjä und auf der 
Plantage Kpeme sind immerhin vielversprechend, 
und neuerdings hat das Kolonial-Wirtschaftliche 
Komitee den Plan gefaßt, landwirtschaftliche 
Maschinendepots in den tropischen Kolonien 
einzurichten, die eine Anregung zur Aufnahme 
der modernen Technik bei der Eingeborenenkultur 
bilden sollen. Die landwirtschaftlichen Maschinen- 
depots sollen Pflüge sowie landwirtschaftliche 
Maschinen und Geräte aller Art enthalten und 
gegen Zahlung des halben Selbstkostenpreises an 
Gemeinden oder einzelne Eingeborene abgeben. 
Das landwirtschaftliche Maschinendepot für Togo 
wird voraussichtlich in Lome eingerichtet werden. 
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Das Komitee hat auch für das Jahr 1908 
einen Garantiepreis von 30 Pfg. per Pfund 
entkörnter Baumwolle loko Kolonie festgesetzt. Die 
Ernte des Jahres 1907 erzielte einen Durch- 
schnittspreis von 59 Pfg. per ½ kg. 
Togo-Baumwollsaat erzielte im Jahre 1907 
einen Durchschnittspreis von 100 Mk. per 1000 kg.
	        
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