Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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großen Hitze, denn die umgebenden Berge halten 
alle Kühlung bringenden Winde fern. Wir 
fanden sie indessen, vielleicht dank unserer Ge- 
wöhnung an heißere Temperaturen, besser als 
ihren Ruf. Im Hafen lagen zwei Schiffe, die 
„Albertville“, ein 4000 Tonnen-Dampfer der 
Compagnie Belge Maritime du Congo, die einen 
dreiwöchentlichen Verkehr zwischen Antwerpen 
und Matadi vermittelt, und die „Hirondelle“ 
die Jacht des gouverneur général, die uns am 
nächsten Morgen nach Boma bringen sollte. 
Den Abend verbrachten wir auf sehr angenehme 
Weise im Hause des Vizekonsuls Schmidt und 
seiner Gattin; dort erfuhren wir auch, daß wir 
schon in den nächsten Tagen Gelegenheit haben 
würden, mit dem englischen Dampfer „Man- 
dingo“ der Elder—Dempster-Linie, der Kame- 
run anläuft, Boma zu verlassen. Eine andere 
regelmäßige Verbindung zwischen dem Kongo 
und unserem Schutzgebiet besteht noch nicht. 
Zwar war der „Mandingo“ schon an diesem 
Morgen, dem 26., von Matadi abgefahren, aber 
zunächst nach dem südlich gelegenen St. Paul de 
Loanda. Von dort würde er am 29. wieder 
zurückkommen und es wäre möglich, ihn an 
diesem Tage vor der Kongo-Mündung mit 
einem in Boma zu charternden Dampfer zu 
erreichen. 
Am anderen Morgen brachte uns die schmucke 
„Hirondelle“ in zweieinhalbstündiger Fahrt nach 
Boma. Die Ufer des Kongo sind anfangs noch 
mehrere hundert Meter hoch, Hügel und Höhenzüge 
von abgerundeten Konturen, unbewaldet und nur 
mit niedrigem Steppengrase bedeckt. Das linke Ufer 
ist bereits portugiesisch, wie mehrere Faktoreien 
und Stationen, über denen die portugiesische 
Flagge wehte, erkennen ließen. Mittags kam 
Boma in Sicht, lang hingestreckt, am rechten 
Ufer des Stromes. An der Landungsbrücke, 
wo die „Hirondelle“ festmachte, empfingen uns 
der Generalsekretär des Gouverneurs und der 
Kommandant der koree publiqgue, um uns 
namens des unpäßlichen Gouverneurs willkommen 
zu heißen. Gouverneur géenéral des Kongo- 
staats ist zur Zeit M. Fuchs, ein Mann, der seit 
fünfzehn Jahren am Kongo weilt, auf mehrjährigen 
Reisen durch das ganze Gebiet zum besten Kenner 
des Landes geworden ist und sich dank seiner 
Erfahrungen und seiner großen persönlichen 
Liebenswürdigkeit allgemeiner Wertschätzung er- 
freut. Trotz seiner (glücklicherweise schnell vorüber- 
gegangenen) Unpäßlichkeit, die von einem Sturz 
mit dem Pferde herrührte, empfing er uns beim 
Frühstück in seinem Hause; während unseres 
zweitägigen Aufenthalts in Boma waren sowohl 
er wie die Herren seiner Umgebung in so außer- 
ordentlicher Weise um uns bemüht, daß unsere 
  
hohe Meinung von der Gastlichkeit der kongo- 
lesischen Herren hier noch eine Steigerung erfuhr. 
Boma liegt inmitten grüner Gärten und 
schattiger Alleen. Das Haus des Gouverneurs, 
das Hospital, private und Amtsgebäude liegen 
in einiger Entfernung vom Flusse auf niedrigen 
Höhen, die eigentliche Handelsstadt, die Faktoreien 
und das Negerviertel ziehen sich am Ufer des 
Flusses entlang. Eine Dampfstraßenbahn, deren 
Benutzung für Beamte unentgeltlich ist, verbindet 
diese beiden Stadtteile. Einen besonders schönen 
Platz hat das Gouverneursgebäude inne. Es 
liegt in einem hübschen, mit antiken Statuen ge- 
schmückten Park. Eine breite Freitreppe führt 
von der Straße hinauf. Unter sachkundiger 
Leitung wurden uns die wichtigsten Gebände und 
ihre Einrichtungen gezeigt, das große Krankenhaus, 
die Kaserne, die Schule, das Gefängnis. Dieses 
enthält auch einen für Weiße bestimmten Teil, 
der aus 30 Einzelzellen und einer gemeinsamen 
Messe besteht. Alles, was wir in Boma sahen, 
deutet auf große praktische Erfahrung und muster- 
hafte Ordnung hin. Der zweite Tag unseres 
Aufenthaltes war der Himmelfahrtstag. Aus 
diesem Anlaß gab die Stadtkapelle, die aus etwa 
zwanzig uniformierten Schwarzen besteht, aber von 
einem weißen Kapellmeister dirigiert wird und 
sehr Gutes leistet, ein Promenadenkonzert. Es 
fand inmitten des Jardin public, einer hübschen 
Gartenanlage, statt und versammelte die etwa zwei- 
hundert Mitglieder zählende Europäerkolonie bei- 
nahe vollständig. Abends hatten wir Gelegenheit, 
eine Anzahl der obersten Beamten, zum Teil mit 
ihren Damen, bei einem Diner im Hause des 
Gouverneurs kennen zu lernen. Inzwischen hatte 
sich der Kapitän des in Loanda befsindlichen 
Dampfers „Mandingo“ auf telegraphischem Wege 
bereit erklärt, uns vor der Kongomündung zu 
erwarten. Dorthin sollte uns einer der kleinen 
Seedampfer des Freistaats, die zwischen Boma 
und Matadi verkehren, der „Wall“, bringen. 
So hieß es also am Morgen des 29. Mai 
Abschied nehmen vom Kongo! Vom Gouverneur 
und den uns bekannt gewordenen Herren be- 
gleitet, begaben wir uns an Bord des „Walls“. 
Bei lachender Sonne, freudig bewegt in der Er- 
wartung, heute, genau nach einem Jahre, das 
Meer wieder zu sehen, verließen wir Boma. 
Nun hatte unsere Reise auf afrikanischem 
Boden ihr Ende erreicht. Herrlich war sie und 
ihre Eindrücke werden Jahrzehnte nicht verwischen. 
Durch sonnendurchglühte Steppen und uner- 
meßliche Urwälder, über vier große Seen und 
auf schneebedeckte Gebirge hat sie uns geführt 
und uns allen eine Fülle schöner Erinnerungen
	        
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