Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Die Aussichten der Gerbstoffproduktion in den deutschen Kolonien. 
Von Dr. Holtz, Kaiserlichem Oberförster in Daressalam. 
Mit drei Abbildungen nach Aufnahmen des Verfassers. 
Daß man sich bei der großen Abhängigkeit 
der deutschen Lederindustrie von der Gerbstoff- 
zufuhr aus fremden Produktionsgebieten seit 
Jahren bemüht, einen Bezug von Gerbmaterialien 
aus unseren Kolonien in größerem Umfange 
möglich zu machen, ist allgemein bekannt. Diese 
Bemühungen erstreckten sich teils auf die Auf- 
findung und Verwertung von wild wachsenden 
Gerbstoffpflanzen, teils auf die Einführung und 
Kultur fremder, Gerbstoff liefernder Gewächse. 
Fehlt es nun heute auch einerseits nicht an Er- 
folgen nach beiden Richtungen, so hat doch ander- 
seits der Gerbstoffimport aus den Schutzgebieten 
aus verschiedenen, weiter unten näher zu er- 
örternden Gründen nennenswerte Dimensionen 
noch nicht anzunehmen vermocht. 
Nun hat in letzter Zeit die mehr oder weni- 
ger begründete Befürchtung, es könnte die Zufuhr 
des einen oder anderen, im Laufe der Jahre 
für die Gerberei unentbehrlich gewordenen Gerb- 
surrogats aus dem Auslande in absehbarer 
Zeit ganz aufhören oder doch sehr erschwert 
werden, den Interessenten aus der Industrie er- 
neut Veranlassung gegeben, nach Mitteln und 
Wegen zu suchen, wie die Gerbstoffproduktion in 
den Schutzgebieten wesentlich gehoben werden 
könnte. Unterstützt wurden diese Bestrebungen 
durch gutachtliche Außerungen von Fachleuten, 
welche die Aussichten der Gerbstofferzeugung in 
unseren Kolonien als günstig bezeichnen und spe- 
zielle Vorschläge zur Förderung dieses Produktions= 
zweiges machen.“) Hierbei sind aber vielfach die 
bisherigen Feststellungen und Versuche, ferner 
die in den Schutzgebieten gegebenen besonderen 
Verhältnisse zu wenig berücksichtigt worden. Die 
Bedeutung, welche die vorliegende Frage für die 
deutsche Lederindustrie besitzt, läßt es erwünscht 
erscheinen, auf breiterer Grundlage erneut zu 
untersuchen, wieweit die Hoffnungen, die man auf 
unsere Kolonien als Gerbstofflieferanten setzt, sich 
in der nächsten Zukunft realisieren lassen werden. 
Hierfür die notwendigsten Unterlagen zu liefern, 
ist der Zweck der nachfolgenden Zusammenstellung. 
Diese bezieht sich der Hauptsache nach auf Deutsch- 
*) Vgl. z. B. Pacßler in Nr. 11 des Kolonial= 
blatts von 1908. S. 535/543: „Die Bedeutung der 
deutschen Schutzgebiete als Gerbmaterialproduzenten“. 
  
Ostafrika, aber nicht etwa deshalb, weil allein 
diese Kolonie mir aus eigener Anschauung bekannt 
ist, sondern weil bei weitem die Mehrzahl der bis- 
her ausgeführten einschlägigen Versuche auf Ost- 
afrika entfällt. 
I. Wildwachsende einheimische Gerbstoffpflanzen. 
Daß man zunächst die einheimische Pflanzen- 
welt unserer Schutzgebiete nach gerbstoffreichen 
Gewächsen durchsuchte, bevor man die Einführung 
bzw. Kultur fremder Gerbstoffpflanzen ernstlich in 
Erwägung zog, war naheliegend. Von Bedeutung 
können dabei natürlich nur solche Pflanzen sein, die, 
wenn auch nicht in reinen Beständen, so doch in 
hinreichender Menge auftreten, um genügende 
Mengen Gerbstoff zu liefern. Zerstreut vorkom- 
mende Gewächse müßten, um Bedeutung für die 
Gerbstoffproduktion zu gewinnen, erst in Kultur 
genommen werden. Naturgemäß wurden die 
botanischen Verwandten der aus anderen Ländern 
bereits bekannten Gerbstoffgewächse zuerst Gegen- 
stand der Untersuchung; darunter schienen am 
wichtigsten die Vertreter der Familien: Rhizo- 
phorazeen (Mangroven), Leguminosen und Kom- 
bretazeen. 
1. Mangroven. 
Am ehesten und eingehendsten hat sich die 
Untersuchung mit den Mangroverinden be- 
schäftigt, die in den Mangrovewäldern unserer 
innerhalb des Tropengürtels gelegenen Kolonien 
in mehr oder weniger großer Menge zur Ver- 
fügung stehen, denn die Verwendbarkeit der 
Mangroverinde als Gerbmittel war in anderen 
Tropenländern schon lange bekannt, und teilweise 
war dieses Material, wie z. B. in Südamerika, 
in ziemlichem Umfange praktisch ausgenutzt worden. 
Auch hat es im Laufe der Jahre nicht an Ver- 
suchen gefehlt, den Mangrovegerbstoff, sei es als 
Rohmaterial der Rinde, sei es in Form von Extrakt 
nach Europa einzuführen. Diesem Zweck sollte 
beispielsweise ein größeres Unternehmen dienen, 
das Mitte der 90er Jahre des vorigen Jahr- 
hunderts auf Ceylon ins Leben gerufen ward. 
Um dieselbe Zeit kamen auch aus Ostafrika mehr- 
fach Mangroverinden zur chemischen Untersuchung 
nach Europa. Letztere führte indessen zu recht 
widersprechenden Resultaten, die ihre Erklärung —
	        
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