Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

GW 366 20 
§ 8. Die Ausstellung des Anwerbescheines kann verweigert werden, wenn von der um 
die Ausstellung nachsuchenden Person eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu besorgen ist, 
wenn sie die Sicherheit (§ 7) nicht leistet, ferner wenn ihr innerhalb der letzten zwei Jahre ein 
erteilter Anwerbeschein entzogen worden ist. 
§ 9. Der Anwerbeschein kann durch Verfügung der örtlichen Verwaltungsbehörde ent- 
zogen werden: 
1. wenn der Inhaber wegen eines Verbrechens bestraft wird, 
2. wenn der Inhaber mit dem Anwerbeschein Mißbrauch treibt, 
3. wenn der Inhaber sich Gewalttätigkeiten gegen Personen oder das Eigentum zuschulden 
kommen läßt, # 
4. wenn der Inhaber ohne behördliche oder ärztliche Genehmigung an Mohammedaner oder 
Angehörige einheimischer Negerstämme, sowie ohne Genehmigung eines Arztes, eines Offiziers oder 
eines oberen oder mittleren Beamten an Azskari der Kaiserlichen Schutztruppe oder der Polizeitruppe 
Branntwein oder branntweinähnliche Getränke verabfolgt, 
5. wenn der Inhaber die Vorschriften dieser Verordnung nicht beachtet. 
Die Entziehung des Anwerbescheines ist an das Kaiserliche Gonvernement, an die örtliche 
Verwaltungsbehörde, welche den Schein ausgestellt hat, und an die örtlichen Verwaltungsbehörden 
der angrenzenden Bezirke mitzuteilen. 
§ 10. Vor Beginn der Anwerbung hat der Anwerber den Anwerbeschein der für den 
Bezirk zuständigen örtlichen Verwaltungsbehörde zur Einsichtnahme, Registrierung und Aufnahme 
eines entsprechenden Vermerkes auf dem Anwerbeschein vorzulegen. 
§ 11. Die örtliche Verwaltungsbehörde kann die Anwerbung innerhalb ihres Bezirkes 
räumlich, zeitlich, sowie hinsichtlich der Zahl der anzuwerbenden Arbeiter beschränken. 
§ 12. Der Anwerber hat die Arbeiter, welche er anzuwerben beabsichtigt, unter gleich- 
zeitiger Angabe des Betriebes, auf welchem jeder Arbeiter beschäftigt werden soll, des vereinbarten 
Lohnes und der Dauer der Arbeitsverpflichtung in ein Verzeichnis einzutragen, dieses Verzeichnis in 
dreifacher mit seiner deutlichen Namensunterschrift versehener Ausfertigung der nächsten Verwaltungs- 
stelle zu übermitteln und gleichzeitig dieser Verwaltungsstelle die anzuwerbenden Arbeiter vorzuführen 
oder vorführen zu lassen. 
Die Verwaltungsstelle hat sich des Einverständnisses der Arbeiter mit den im Verzeichnis 
angegebenen Begingungen zu vergewissern und einen entsprechenden Vermerk in jedes der drei 
Verzeichnisse aufzunehmen. 
Arbeiter, welche mit den angegebenen Bedingungen nicht einverstanden sind, sind in den 
Verzeichnissen zu streichen, desgleichen kränkliche und schwächliche Personen, welche nicht zur Arbeit 
tauglich sind. 
§ 13. Die Arbeitszeit ist nach Kalendermonaten und von dem Tage nach dem Eintreffen 
der Arbeiter in den Betrieben, für welche sie angeworben sind, zu berechnen. Die Anwerbung für 
eine längere Arbeitszeit als sieben Kalendermonate oder 180 Arbeitstage ist unzulässig. 
§ 14. Von den vervollständigten (§ 12) Verzeichnissen hat die Verwaltungsstelle eine 
Ausfertigung dem Anwerber oder seinem Vertreter zurückzugeben, die zweite an den Distriktskommissar 
des Bezirkes, in welchem die Betriebe gelegen sind, oder falls kein Distriktskommissar für diesen 
Bezirk bestellt worden ist, an die dortige örtliche Verwaltungsbehörde zu senden und die dritte Aus- 
fertigung an die örtliche Verwaltungsbehörde des Bezirks, in welchem die Anwerbung stattgefunden 
hat, einzureichen. Ist die nächste Verwaltungsstelle zugleich die örtliche Verwaltungsbehörde des 
Bezirks, in welchem die Anwerbung stattgefunden hat, so hat sie die dritte Ausfertigung in Ver- 
wahrung zu nehmen. 
§ 15. Mit der Aufnahme des behördlichen Vermerks über das Einverständnis der Arbeiter 
in das Verzeichnis gilt die Anwerbung als vollendet und der Arbeiter als verpflichtet. 
§ 16. Für die Verpflegung der Arbeiter während der Reise vom Anwerbeort bis zur 
Arbeitsstelle hat der Anwerber Sorge zu tragen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, so kann 
die örtliche Verwaltungsbehörde des Bezirks, in welchem sich die Angeworbenen aufhalten, die 
Verpflegung auf Kosten des Verpflichteten beschaffen und veranlassen, daß ein entsprechender Betrag 
der hinterlegten Sicherheit einbehalten wird. 
§ 17. Wer in Deutsch-Ostafrika Eingeborene zum Militärdienst einer ausländischen Macht 
anwirbt oder den Werbern der letzteren zuführt, wer eingeborene Angehörige der Kaiserlichen Schutz-
	        
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