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§ 8. Die Ausstellung des Anwerbescheines kann verweigert werden, wenn von der um
die Ausstellung nachsuchenden Person eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu besorgen ist,
wenn sie die Sicherheit (§ 7) nicht leistet, ferner wenn ihr innerhalb der letzten zwei Jahre ein
erteilter Anwerbeschein entzogen worden ist.
§ 9. Der Anwerbeschein kann durch Verfügung der örtlichen Verwaltungsbehörde ent-
zogen werden:
1. wenn der Inhaber wegen eines Verbrechens bestraft wird,
2. wenn der Inhaber mit dem Anwerbeschein Mißbrauch treibt,
3. wenn der Inhaber sich Gewalttätigkeiten gegen Personen oder das Eigentum zuschulden
kommen läßt, #
4. wenn der Inhaber ohne behördliche oder ärztliche Genehmigung an Mohammedaner oder
Angehörige einheimischer Negerstämme, sowie ohne Genehmigung eines Arztes, eines Offiziers oder
eines oberen oder mittleren Beamten an Azskari der Kaiserlichen Schutztruppe oder der Polizeitruppe
Branntwein oder branntweinähnliche Getränke verabfolgt,
5. wenn der Inhaber die Vorschriften dieser Verordnung nicht beachtet.
Die Entziehung des Anwerbescheines ist an das Kaiserliche Gonvernement, an die örtliche
Verwaltungsbehörde, welche den Schein ausgestellt hat, und an die örtlichen Verwaltungsbehörden
der angrenzenden Bezirke mitzuteilen.
§ 10. Vor Beginn der Anwerbung hat der Anwerber den Anwerbeschein der für den
Bezirk zuständigen örtlichen Verwaltungsbehörde zur Einsichtnahme, Registrierung und Aufnahme
eines entsprechenden Vermerkes auf dem Anwerbeschein vorzulegen.
§ 11. Die örtliche Verwaltungsbehörde kann die Anwerbung innerhalb ihres Bezirkes
räumlich, zeitlich, sowie hinsichtlich der Zahl der anzuwerbenden Arbeiter beschränken.
§ 12. Der Anwerber hat die Arbeiter, welche er anzuwerben beabsichtigt, unter gleich-
zeitiger Angabe des Betriebes, auf welchem jeder Arbeiter beschäftigt werden soll, des vereinbarten
Lohnes und der Dauer der Arbeitsverpflichtung in ein Verzeichnis einzutragen, dieses Verzeichnis in
dreifacher mit seiner deutlichen Namensunterschrift versehener Ausfertigung der nächsten Verwaltungs-
stelle zu übermitteln und gleichzeitig dieser Verwaltungsstelle die anzuwerbenden Arbeiter vorzuführen
oder vorführen zu lassen.
Die Verwaltungsstelle hat sich des Einverständnisses der Arbeiter mit den im Verzeichnis
angegebenen Begingungen zu vergewissern und einen entsprechenden Vermerk in jedes der drei
Verzeichnisse aufzunehmen.
Arbeiter, welche mit den angegebenen Bedingungen nicht einverstanden sind, sind in den
Verzeichnissen zu streichen, desgleichen kränkliche und schwächliche Personen, welche nicht zur Arbeit
tauglich sind.
§ 13. Die Arbeitszeit ist nach Kalendermonaten und von dem Tage nach dem Eintreffen
der Arbeiter in den Betrieben, für welche sie angeworben sind, zu berechnen. Die Anwerbung für
eine längere Arbeitszeit als sieben Kalendermonate oder 180 Arbeitstage ist unzulässig.
§ 14. Von den vervollständigten (§ 12) Verzeichnissen hat die Verwaltungsstelle eine
Ausfertigung dem Anwerber oder seinem Vertreter zurückzugeben, die zweite an den Distriktskommissar
des Bezirkes, in welchem die Betriebe gelegen sind, oder falls kein Distriktskommissar für diesen
Bezirk bestellt worden ist, an die dortige örtliche Verwaltungsbehörde zu senden und die dritte Aus-
fertigung an die örtliche Verwaltungsbehörde des Bezirks, in welchem die Anwerbung stattgefunden
hat, einzureichen. Ist die nächste Verwaltungsstelle zugleich die örtliche Verwaltungsbehörde des
Bezirks, in welchem die Anwerbung stattgefunden hat, so hat sie die dritte Ausfertigung in Ver-
wahrung zu nehmen.
§ 15. Mit der Aufnahme des behördlichen Vermerks über das Einverständnis der Arbeiter
in das Verzeichnis gilt die Anwerbung als vollendet und der Arbeiter als verpflichtet.
§ 16. Für die Verpflegung der Arbeiter während der Reise vom Anwerbeort bis zur
Arbeitsstelle hat der Anwerber Sorge zu tragen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, so kann
die örtliche Verwaltungsbehörde des Bezirks, in welchem sich die Angeworbenen aufhalten, die
Verpflegung auf Kosten des Verpflichteten beschaffen und veranlassen, daß ein entsprechender Betrag
der hinterlegten Sicherheit einbehalten wird.
§ 17. Wer in Deutsch-Ostafrika Eingeborene zum Militärdienst einer ausländischen Macht
anwirbt oder den Werbern der letzteren zuführt, wer eingeborene Angehörige der Kaiserlichen Schutz-