Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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Der Boden des ganzen Landes besteht fast 
durchweg aus grauweißem Sand, in dem sich 
hier und da auch Kalktuff und Tonmischungen 
finden; leider ist der zur Erbauung von Häusern 
so dringend nötige Lehm nicht vorhanden. 
Immerhin haben die im Lande lebenden Weißen 
— bis jetzt fast nur Missionare — sich zu helfen 
gewußt. Ihre Häuser find sozusagen aus Sand, 
aus an der Luft getrockneten Sandsteinen auf- 
gebaut, die nur durch die mächtigen, über- 
hängenden Dächer gegen jeden Regentropfen ge- 
schützt und so vor der Zerstörung bewahrt werden. 
Wahre Kunstwerke sind diese Dächer; ihre Her- 
stellung erfordert einen Riesenaufwand von Fleiß 
und Geschicklichkeit. Der steil gehaltene Dachstuhl 
besteht aus geschältem Stangenholz, das in Dreieck- 
verbänden ein festes Gefüge bildet. An Stelle 
von Bolzen, Klammern, Nägeln und Draht tritt 
der Ochsenriemen, welcher von den Eingeborenen 
aus roher Ochsenhaut geschnitten, mit Fett ein- 
gerieben und etwas rund gedreht wird. Diese 
Riemen werden in nassem Zustande verarbeitet. 
Beim Trocknen entsteht durch die Verkürzung eine 
vorzügliche Verbindung, die sich schließlich nur 
durch die Art wieder lösen läßt. Die Bedachung 
besteht aus dem Kornstroh des Landes, das weit 
über mannshoch wird. Diese Dächer haben, ab- 
gesehen von ihrer Wasserdichtigkeit, den großen 
Vorzug, daß sie den Gebäuden trotz des tropischen 
Klimas eine angenehme Kühle verleihen. Gleich- 
zeitig genießen die Bewohner durch das weit 
überhängende Dach die Annehmlichkeit einer das 
ganze Gebäude umgebenden Veranda. 
Die Bewohner des Ambolandes sind Kaffern- 
stämme, Angehörige der großen Bantu-Rasse, 
deren Ursprung auf Zentralafrika weist. Die 
Männer sind herkulische Gestalten, meistens über 
1,70 m groß, einige 1,90 m und darüber. Die 
Muskulatur ist kräftig entwickelt, namentlich die 
Wadenmuskulatur. Die Statur der Frauen ist 
im Gegenteil klein, aber von schönem Ebenmaß. 
Die Ovambos treiben fast nur Ackerbau und 
Viehzucht. Bei den in der Nähe und unter dem 
Einfluß der Missionen lebenden Familien be- 
leiligen sich auch die Männer an der Feldarbeit. 
Sonst ist die Feldarbeit meist Sache der Frauen 
und der größeren Kinder, ebenso die Herrichtung 
der Nahrung, Kornstampfen, Bierbrauen, Backen usw. 
  
Die Männer widmen sich mehr der Viehzucht, zum 
Teil auch der Jagd. Angebaut werden Korn, 
Hirse, Bohnen u. dergl. Die Felder müssen meist 
auf die Hoffnung hin bestellt werden, daß der 
Regen rechtzeitig einsetzt und dem Boden die er- 
forderliche Feuchtigkeit zuführt. Es kommt vor, 
daß zu starker Regenfall die Saaten verdirbt. 
Leider haben die Jahre 1908 und 1909 in 
bisher kaum dagewesener Weise zusammengewirkt, 
um im Amboland schwere Hungersnot hervor- 
zurufen, welche zahlreiche Opfer forderte. Im 
Jahre 1908 verdarb eine entsetzliche Dürre die 
meisten Ernten, 1909 wurden durch den überaus 
starken Regen die mühsam bestellten Felder über- 
flutet und sämtliche Saaten vernichtet. Die 
Wasserverhältnisse sind sehr eigentümlich. In der 
Trockenzeit, April bis November, ist kaum Wasser 
genug für Menschen und Vieh, geschweige noch 
für Bewässerung von Ackerland vorhanden; in 
der Regenzeit, die etwa die andere Hälfte des 
Jahres andauert, steht sozusagen das ganze Land 
unter Wasser. Dann tritt der Kunene über seine 
Ufer und füllt die zahlreichen, das Land durch- 
ziehenden Omuramben (mit Gras bestandene 
Wasserrinnen) mit Wasser. Die nicht versickernden 
Wassermassen werden auf diese Weise nach der — 
bedeutend tiefer als die Kunene-Ufer liegenden — 
Etoscha geleitet. Solange die Omuramben „laufen“, 
leidet der Ovambo keine Not; denn dann spenden 
diese periodischen Flüsse Fische aller Art in reichlicher 
Menge, dann wird aus dem Landmann der Fischer, 
der in dem flachen Wasser leichte Arbeit hat. 
Den Eingeborenen dienen auch die Früchte 
der zahlreichen Fruchtbäume als Nahrung; auch 
bereiten sie aus den Früchten berauschende Ge- 
tränke, die einem starken Schnaps gleichen. Zur 
Zeit der Reife dieser Früchte ist nach überein- 
stimmenden Angaben der Missionare das ganze 
Volk tagelang betrunken. Häufig kommt es dabei 
zu Streit und zu Raubzügen zwischen den ein- 
zelnen Stämmen. 
Die Bewaffnung der Eingeborenen besteht im 
allgemeinen aus Vorderladern, Lanze (Assagai), 
Pfeil und Bogen, Messer und Kirri. Mit Gewehren 
und Munition wurde bis vor kurzer Zeit ein 
schwunghafter Handel aus dem portugiesischen 
Gebiet getrieben, ein Gewehr mit Munition oft 
mit mehreren Ochsen bezahlt. Die Zahl der
	        
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