Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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Gewehre wird von Landeskundigen auf mehrere 
Tausende geschätzt. 
Die oben erwähnten Raubzüge sind häufig 
blutig und grausam. Die Unterliegenden werden 
meistens in Sklaverei geschleppt, wobei sie teils 
von den Häuptlingen zu eigenen Zwecken ver- 
wendet, teils an portugiesische Händler verkauft 
werden. 
Infolge der häufigen UÜberfälle sind die Werften 
der großen regierenden Häuptlinge sowie diejenigen 
von Nande, Kambruck usw. von hohen Palisaden, 
3 m langen, oben zugespitzten und am Feuer 
gehärteten Pfählen, umgeben. Die Eingänge sind 
meist sehr eng, die Werften selber schneckenhaus- 
oder irrgartenähnlich angelegt, so daß ein Fremder 
sich sehr schwer zurechtfinden kann. Im Zentrum 
der Werften befinden sich die Beratungsräume, 
die von Hütten und Pfahlzäunen umgeben sind. 
Hart neben solchen burgähnlichen Werften be- 
finden sich die Kornspeicher der Eingeborenen. 
Auf etwa 3/4 m hohen Pfählen stehen gewaltige 
runde Körbe von der Gestalt eines Flaschen- 
kürbisses, die aus Gras, Bast oder Stroh ge- 
flochten sind. In diesen Behältern, welche je 
nach der Größe der Werft und dem Felder- 
reichtum ihrer Bewohner in verschiedener Zahl 
zusammenstehen, wird das geerntete Korn auf- 
bewahrt. Das aus dem Korn bereitete Mehl, 
welches die Frauen klein stampfen, gibt an weißer 
Farbe unserem besten Roggenmehl nichts nach. 
Die Wohnung eines gewöhnlichen Mannes 
besteht im allgemeinen aus zwei bis zehn Hütten, 
welche von einem mehr oder weniger starken, 
hohen Stangenzaun umschlossen werden. 
Wie schon erwähnt, pflegen die Männer hier 
und da, namentlich im nördlichen und westlichen 
Teile des Landes, der Jagd. Der Osten ist da- 
her entschieden am wildreichsten: Guns, Harte- 
beeste, Bastard-Gemsböcke und dergleichen kommen 
dort vor. Großwild ist dort noch in großen 
Herden vorhanden; auch Elefanten, Zebras, Löwen 
sind durchaus nichts Seltenes. Leider tun portu- 
giesische und englische JZäger diesem Wildreichtum 
erheblich Abbruch. 
Neben Viehzucht spielt der Tauschhandel mit 
Elfenbein und Straußenfedern eine gewisse Rolle. 
Geld ist den Eingeborenen unbekannt; als Tausch- 
stoffe und mit besonderer Vorliebe Gewehre und 
Munition an. 
Wie schon erwähnt, ist das Amboland reich 
bevölkert. Nach Angabe des Missionars Rautanen 
betragen die beiden Ondonga-Stämme 20 000 
bis 22 000 Seelen mit 4000 waffenfähigen Män- 
nern. Der Ukuambi-Stamm hat 15 000 Seelen 
mit 3000 waffenfähigen Männern, der Ogand- 
djera-Stamm 7000 Seelen mit 1000 waffen- 
fähigen Männern, der Ankualusi-Stamm 7000 
Seelen mit 1000 waffenfähigen Männern, der 
Ukunjama-Stamm 45 000 Seelen mit 10 000 
waffenfähigen Männern und der Ombandja- 
Stamm 35 000 Seelen mit 10 000 waffenfähigen 
Männern. Die beiden letztgenannten Stämme 
liegen zum großen Teil auf portugiesischem Gebiet. 
Im Jahre 1899 wurde das Amboland im 
Auftrage der Regierung zum ersten Male durch 
den jetzigen Major Franke (früher Oberleutnant 
und Bezirkshauptmann von Outjo) bereist. Auf 
damalige Anfrage hatten die Missionare des Ambo- 
landes gemeldet, daß eine Bereisung des Ambo- 
landes schwerlich auszuführen sei, weil die Häupt- 
linge feindlich gesonnen wären. Trotzdem trat 
Major Franke mit nur wenigen Reitern den Zug 
an. Entgegen der Befürchtung der Missionare 
wurde die Expedition von den Häuptlingen überall 
gut empfangen, was hauptsächlich dem maßvollen 
und zielbewußten Vorgehen des Führers zu danken 
ist. Durch diese erste Reise hat Major Franke 
das Vertrauen der Ovambostämme zur deutschen 
Regierung geweckt und sich einen dauernden 
Einfluß im Amboland gesichert. 
In den Jahren 1900 bis 1902 unternahmen 
Major Müller, Oberleutnant v. Winkler und 
Oberarzt Jodtka noch mehrere Expeditionen, die zur 
Erforschung des Landes von großem Nutzen waren. 
Von einer Besetzung des Landes wurde vor- 
läusig abgesehen, um die Eingeborenen nicht zu 
beunruhigen und das Zutrauen zur Regierung 
weiter zu festigen. 
Entgegen dieser maßvollen Politik drangen die 
Portugiesen nördlich des Kunene vor und ge- 
wannen trotz harter, verlustreicher Kämpfe an- 
scheinend fortschreitenden Einfluß, der sich wohl 
hauptsächlich auf die zahlreichen portugiesischen 
  
artikel nehmen sie Tabak, Perlen, Bekleidungs- 
Händler stützte, die das Land bereisten und die Ein-
	        
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