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Gewehre wird von Landeskundigen auf mehrere
Tausende geschätzt.
Die oben erwähnten Raubzüge sind häufig
blutig und grausam. Die Unterliegenden werden
meistens in Sklaverei geschleppt, wobei sie teils
von den Häuptlingen zu eigenen Zwecken ver-
wendet, teils an portugiesische Händler verkauft
werden.
Infolge der häufigen UÜberfälle sind die Werften
der großen regierenden Häuptlinge sowie diejenigen
von Nande, Kambruck usw. von hohen Palisaden,
3 m langen, oben zugespitzten und am Feuer
gehärteten Pfählen, umgeben. Die Eingänge sind
meist sehr eng, die Werften selber schneckenhaus-
oder irrgartenähnlich angelegt, so daß ein Fremder
sich sehr schwer zurechtfinden kann. Im Zentrum
der Werften befinden sich die Beratungsräume,
die von Hütten und Pfahlzäunen umgeben sind.
Hart neben solchen burgähnlichen Werften be-
finden sich die Kornspeicher der Eingeborenen.
Auf etwa 3/4 m hohen Pfählen stehen gewaltige
runde Körbe von der Gestalt eines Flaschen-
kürbisses, die aus Gras, Bast oder Stroh ge-
flochten sind. In diesen Behältern, welche je
nach der Größe der Werft und dem Felder-
reichtum ihrer Bewohner in verschiedener Zahl
zusammenstehen, wird das geerntete Korn auf-
bewahrt. Das aus dem Korn bereitete Mehl,
welches die Frauen klein stampfen, gibt an weißer
Farbe unserem besten Roggenmehl nichts nach.
Die Wohnung eines gewöhnlichen Mannes
besteht im allgemeinen aus zwei bis zehn Hütten,
welche von einem mehr oder weniger starken,
hohen Stangenzaun umschlossen werden.
Wie schon erwähnt, pflegen die Männer hier
und da, namentlich im nördlichen und westlichen
Teile des Landes, der Jagd. Der Osten ist da-
her entschieden am wildreichsten: Guns, Harte-
beeste, Bastard-Gemsböcke und dergleichen kommen
dort vor. Großwild ist dort noch in großen
Herden vorhanden; auch Elefanten, Zebras, Löwen
sind durchaus nichts Seltenes. Leider tun portu-
giesische und englische JZäger diesem Wildreichtum
erheblich Abbruch.
Neben Viehzucht spielt der Tauschhandel mit
Elfenbein und Straußenfedern eine gewisse Rolle.
Geld ist den Eingeborenen unbekannt; als Tausch-
stoffe und mit besonderer Vorliebe Gewehre und
Munition an.
Wie schon erwähnt, ist das Amboland reich
bevölkert. Nach Angabe des Missionars Rautanen
betragen die beiden Ondonga-Stämme 20 000
bis 22 000 Seelen mit 4000 waffenfähigen Män-
nern. Der Ukuambi-Stamm hat 15 000 Seelen
mit 3000 waffenfähigen Männern, der Ogand-
djera-Stamm 7000 Seelen mit 1000 waffen-
fähigen Männern, der Ankualusi-Stamm 7000
Seelen mit 1000 waffenfähigen Männern, der
Ukunjama-Stamm 45 000 Seelen mit 10 000
waffenfähigen Männern und der Ombandja-
Stamm 35 000 Seelen mit 10 000 waffenfähigen
Männern. Die beiden letztgenannten Stämme
liegen zum großen Teil auf portugiesischem Gebiet.
Im Jahre 1899 wurde das Amboland im
Auftrage der Regierung zum ersten Male durch
den jetzigen Major Franke (früher Oberleutnant
und Bezirkshauptmann von Outjo) bereist. Auf
damalige Anfrage hatten die Missionare des Ambo-
landes gemeldet, daß eine Bereisung des Ambo-
landes schwerlich auszuführen sei, weil die Häupt-
linge feindlich gesonnen wären. Trotzdem trat
Major Franke mit nur wenigen Reitern den Zug
an. Entgegen der Befürchtung der Missionare
wurde die Expedition von den Häuptlingen überall
gut empfangen, was hauptsächlich dem maßvollen
und zielbewußten Vorgehen des Führers zu danken
ist. Durch diese erste Reise hat Major Franke
das Vertrauen der Ovambostämme zur deutschen
Regierung geweckt und sich einen dauernden
Einfluß im Amboland gesichert.
In den Jahren 1900 bis 1902 unternahmen
Major Müller, Oberleutnant v. Winkler und
Oberarzt Jodtka noch mehrere Expeditionen, die zur
Erforschung des Landes von großem Nutzen waren.
Von einer Besetzung des Landes wurde vor-
läusig abgesehen, um die Eingeborenen nicht zu
beunruhigen und das Zutrauen zur Regierung
weiter zu festigen.
Entgegen dieser maßvollen Politik drangen die
Portugiesen nördlich des Kunene vor und ge-
wannen trotz harter, verlustreicher Kämpfe an-
scheinend fortschreitenden Einfluß, der sich wohl
hauptsächlich auf die zahlreichen portugiesischen
artikel nehmen sie Tabak, Perlen, Bekleidungs-
Händler stützte, die das Land bereisten und die Ein-