Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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an der dunkleren Färbung vom Namibboden zu 
unterscheiden; an trockenen Tagen passierbar, ver- 
sinkt man in ihnen an Tagen, an denen die See 
hoch geht und ihnen reichlich Feuchtigkeit zuführt, 
wie im Sumpfe. 
Bei Tagesanbruch fanden wir den Weg wieder 
und folgten ihm bis zu Tempels Lager, wo Mit- 
tagsrast gemacht wurde, und die Kamele mit dem 
mitgebrachten Schilf gefüttert wurden. Hier zeigte 
man uns auch die ersten Diamanten, die hier ge- 
funden sein sollen. Nachmittags wurde nach Nor- 
den weitermarschiert und etwa 50 km nördlich 
Meob nach Nordosten und dann nach Osten um- 
gebogen. 
Von Mcob nach Empfängnis-Bucht zieht sich 
an der Küste entlang mit einzelnen, niedrigen, 
unregelmäßigen Flugsanddünen, Felspartien und 
Granitflächen — eine etwa 15 bis 20 km breite 
Fläche —, die im Osten von der in. nordsüdlicher 
Richtung laufenden Randdünen-Kette begrenzt ist. 
Nachdem einige kleinere Vordünen ohne 
Schwierigkeiten überschritten waren, kamen wir 
am 20. an eine mächtige Düne, deren Höhe in dem 
dichten Nebel nicht erkennbar war. Der Höhen- 
messer zeigte an der von uns überschrittenen 
niedrigen Stelle 180 m (gegen 40 m am Fuße). 
Wir standen jetzt auf der eigentlichen Randdüne, 
vor mächtigen unregelmäßigen Dünen mit steilen 
Rändern und tiefen Kesseln, die oft nicht um- 
gangen werden konnten, und versuchten in dem 
wilden Durcheinander ungeheuerer Dünen im all- 
gemeinen die Ostrichtung einzuhalten, wurden 
aber zu vielen Abweichungen gezwungen. Be- 
sonders schwierig war das Überklettern der auf 
jeder Düne befindlichen Flugsandkronen, die, 
6 bis 10 m hoch, sich wie eine steile Mauer unab- 
sehbar hinzogen. Um die erste Flugsandmauer zu 
überklettern, brauchten wir annähernd eine 
Stunde. Einzelne Kamele mußten abgesattelt 
und hinaufgezogen werden. In fünfeinhalbstün- 
digem Fußmarsch waren etwa 11 km zurückgelegt. 
Die Dünentäler hatten eine durchschnittliche Breite 
von etwa 1 kmn, die relative Höhe der Dünen be- 
trug durchschnittlich 80 bis 90 m. Die ersten Täler 
zeigten roten Sandboden, dann Felsboden mit 
Sand und Kies. Bald fanden wir in den Tälern 
vereinzelte kümmerliche Grasbüsche, am 22. August 
das erste Stechgras, in dem die Kamele seit Meob 
zum ersten Male wieder weiden konnten. Von 
einer hohen Düne aus sahen wir in weiter Ferne 
die Naukluft. Am Abend des letztgenannten 
Tages wurde der erste Versuch gemacht, Heliogra- 
phen-Verbindung mit Ababis zu bekommen, 
um einen Richtungspunkt zu haben, diese vergeb- 
lichen Versuche wurden dann jeden Abend wieder- 
holt. Seit dem 22. hatten wir zahlreiche frische 
Gemsbockspuren gesehen, ohne jedoch einen Gems- 
  
bock zu Gesicht zu bekommen. Dagegen fanden wir 
zahlreiche Gemsbockgerippe, die mir früher auch 
schon in der Gegend von Sossus bereits aufge- 
fallen waren. Die Buschleute erklärten, daß die 
Gemsböcke in grasarmen Gegenden Narabusch 
nehmen, dann abmagern und eingehen. Der 
Saft des Narastengels soll den Tieren schädlich 
sein. Meine Absicht war zunächst gewesen, den 
Tsondab zu erreichen, doch mußten wir nach 
unserer Berechnung bei den Versuchen, hohen 
Dünengipfeln auszubiegen, zu weit südlich gekom- 
men sein. Da erfahrungsgemäß die Nordseite der 
Berge dünenfrei ist, entschloß ich mich, um mög- 
lichst bald aus den Dünen herauszukommen, auf 
eine etwas südöstlich liegende spitze Kuppe, und 
dann auf die weiter östlich liegenden größeren 
Berge loszumarschieren. Am 24. trafen wir mor- 
gens an der spitzen Kuppe ein und konnten von 
hier aus feststellen, wo wir uns befanden. Wir 
hatten das ganze Panorama der Naukluft vor uns, 
im Südosten den Awasebs-Berg, der einige 
Tage vorher fälschlich als der Hauptstock der Nau- 
kluft angesehen worden war, weiter im Süden den 
Sessrims= Berg, vor uns die der Naukluft vor- 
gelagerten Berge, im Nordosten die Pforte von 
Ababis und im Norden die den Kuiseb be- 
gleitenden Berge. Nach Osten zählten wir noch 
etwa acht hohe Dünen bis zu der an unserem Rich- 
tungsberg liegenden Fläche, auf der wir am Abend 
des 24. eintrafen, nachdem wir fünf Tage unter 
großen Anstrengungen ununterbrochen über 80 
bis 90 m hohe Dünen marschiert und durchschnitt- 
lich in der Stunde 2½ km vorwärts gekommen 
waren. 
Tags darauf kam die Erpedition in Ababis 
an, nachdem sie von Gorab über 500 km, davon 
etwa 300 km in hohen Dünen, marschiert war. 
Am 19. und 20. hatten wir je ein Kamel ver- 
loren. Die Tiere waren durch das fortgesetzte Er- 
steigen der hohen und steilen Sanddünen und das 
Überklettern der Flugsandmauern schlapp geworden 
und konnten nicht mehr mitkommen. Ein Zurück- 
lassen und Nachbringen der Tiere war ausge- 
schlossen, sie mußten erschossen werden. Da den 
Buschleuten die Gegend unbekannt und es fraglich 
war, wann wir die erste Weide bekommen oder 
aus den Dünen herauskommen würden, mußten 
wir scharf vorwärts und konnten uns der Tiere 
wegen nicht aufhalten. Auch hätten sich die Leute 
zu leicht verirren können, da die Spur im Flug- 
sand nach ganz kurzer Zeit verweht und ein Rich- 
tungspunkt nicht vorhanden war. Erst vom 22. 
ab glaubte ich die Veramwortung für das Nach- 
bringen müder Tiere übernehmen zu können, da 
die Dünen Graswuchs hatten und die Spur sich 
hier gut hielt, wie ich mich an mehrere Tage alten 
Gemsbockspuren überzeugt hatte. Außerdem war
	        
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