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gali“), die Aloearten, Nachtschatten, die
Liliengewächse, endlich auch Tabak(bei Kindern).
Eine Anzahl anderer Medizinkräuter hiesiger
Völkerschaften, die aber, entsprechend stärker dosiert,
gleichfalls tödlich wirken können, hat der ehe-
malige hiesige Stationsarzt, Oberarzt Dr. Weck,
schon früher im „Deutschen Kolonialblatt“ ein-
gehend behandelt („Der Wahehe-Arzt und seine
Wissenschaft“, Jahrgang 1908, Nr. 21, S. 1048 ff.).
Ganze Familien der Wa-hehe und der ihnen
verwandten Stämme besitzen von einem bestimmten
Gift Kenntnis, die sich, streng geheim gehalten,
durch viele Generationen forterbt. Den einstigen
Machthabern war das wohlbekannt; die alten
Sultane entledigten sich solcher unheimlichen Fa-
milien dadurch, daß sie diese in eine entfernte
Landschaft verpflanzten, aus der sie nicht heraus
durften. Seit Aufrichtung der deutschen Herrschaft
sind diese Familien vielfach in ihre alten Heimats-
orte zurückgekehrt; sie berufen sich darauf, daß
die deutsche Rechtsprechung die gegen sie vor-
gebrachten Klagen (mangels hinreichenden Beweises)
eigentlich nie zu verfolgen vermag; auf diese
Weise vermögen die Leute oft einen greulichen
Terrorismus auszuüben, ohne daß man ihnen
beikommen kann.
Derartiger Familiengifte habhaft zu werden,
ist ganz außerordentlich schwer. Einmal werden
sie zumeist nur ad hoc bereitet; Vorräte oder
Reste werden nicht aufgehoben, was auch wenig
Zweck hätte, da die Gifte meist nach kurzer
Zeit unwirksam werden. Dann aber geben auch
überführte Giftmörder ihr Familiengift nicht preis;
selbst die Aussicht auf Straferlaß oder andere
Belohnung vermag sie hierin nicht wankend zu
machen. Gewöhnlich nennen sie bereitwillig eine
Anzahl Pflanzen, die das betreffende Gift ent-
halten sollen, führen auch bereitwillig in den
Busch und zeigen allerlei Kräuter; die gezeigten
Pflanzen entpuppen sich dann aber gewöhnlich
als harmlos.
Gleichfalls zu Vergiftungszwecken wird hier
ein auf Gräsern verkapseltes spinnartiges Gewebe
(wohl eine Puppe) benützt, dessen Gennuß selbst
erwachsenes weidendes Großvieh alsbald tötet.
Dies Gespinst erscheint hier gegen Ende der
Regenzeit, etwa im Februar bis März.
Schließlich sei noch erwähnt, daß die Wa-
uugoni und benachbarte Stämme sich vielfach des
Leichengiftes bedienen. Dieses wird auf Hunde
übergeimpft, der abgekratzte Schorf wird aufgelöst,
und damit werden dann Speer= und Pfeilspitzen
bestrichen. Ebenso wird gegebenenfalls das
schlafende Opfer durch Impfung umgebracht.
Bei der Einnahme des Chabruma-Lagers am
24. Oktober 1905 wurde eine Flasche mit solchem
Gift gefunden.
Komerun.
Die Uham — UUn--Expedition.
Bericht des Oberleutnants Rausch.
(Mit einer Kartenskizze.)
Durch Gouvernements-Erlaß vom 12. Oktober
1907 wurde der südliche Teil des Bezirks Dschang,
zwischen den beiden großen Flüssen Nkam und
Nün, dem öffentlichen Verkehr gesperrt.“)
Den Grund zu dieser Maßnahme bildete die
unruhige Haltung der dort sehr dicht sitzenden
Bevölkerung, zu deren Befriedung damals die
Mittel fehlten. Da inzwischen die Manenguba-
bahn näher rückte, ließ sich Eude 1909 die Auf-
schließung dieses wirtschaftlich wichtigen Gebiets,
das in seiner ganzen Ausdehnung in der Aus-
beutungszone der Bahn belegen ist, nicht mehr
länger aufschieben. Vielfache Versuche der Station
Dschang, in friedliche Beziehungen zu den Be-
wohnern der gesperrten Landschaften zu treien,
gelangen, wenigstens teilweise, in den im Osten
belegenen Ortschaften, während sie im Westen
und Süden an der Abneigung der Bevölkerung,
die sich in erbitterten gegenseitigen Grenzkämpfen
aufrieb, scheiterten.
Mehrere voraufgegangene Erkundungen hat#en
Aufschluß über den Charakter und die Stärke des
Gegners und über die Geländeverhältnisse gegeben.
Das etwa 2000 qkm große Sperrgebiet der
Station Dschang stellt einen Ausschnitt aus dem
nach Westen und Süden schroff abstürzenden
Randgebirge des Hochplateaus von Nordwest-
Kamerun dar. Die im Südosten gelegenen Land-
schaften entwässern direkt nach dem oberen Wuri
(System des Makombe-Mafu), während alle übrigen
Gewässer im allgemeinen in westlicher bzw. west-
südwestlicher Richtung dem Nkam-Fluß zustreben,
der die Westgrenze des Operationsgebiets bildet.
Der Nkam-Fluß windet sich bis zur Einmündung
des Nkumi durch das reiche Schwemmland der
Mbu-Ngenke-Ebene und stürzt sich dann in äußerst
schroffen Terrassen von 700 (bei Njun) auf 300 m
absoluter Höhe hinab (westlich Ntangetong). Sein
Tal ist auf dieser Strecke 50 bis 250 m tief in
das Folsgebirge eingenagt und zeigt nur schwer
gangbare steile Steinhänge. Von seinen Zuflüssen
beherrscht das weitaus größte Quellgebiet, das
sich im Osten bis auf die Batie-Berge, im Süd-
osten bis Bana erstreckt, der Ngum (Nkumil. Das
Ngum-Tal bildet denn auch den tiessten Einschnitn
in das Randgebirge, dessen äußerst schroffe, viel-
fach dicht bewaldete Hänge den Verkehr stark be-
hindern. Zwischen den einzelnen nach Westen
strebenden Tälern strecken sich fingerförmig schmale
*) Die Sperre ist ingwischen wieder aufsgehoben
worden (ogl. „D. Kol. Bl.“ 1910, S. 54).