Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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Es wird sich aber auch hier aus den oben dar- 
gelegten Gründen politischer und wirtschaftlicher 
Art empfehlen, die Farmer sowohl zur Mitarbeit 
wie zur Mithaft heranzuziehen und demgemäß 
auf genossenschaftlicher Basis aufzubauen. Diese 
Genossenschaften, die ich mir als Bezirksgenossen- 
schaften, je nach Bedarf für kleinere oder größere 
Bezirke, über das ganze Land verteilt denke, 
können nur Zwangsgenossenschaften sein, denn es 
kann nicht in das Belieben des einzelnen Far- 
mers gestellt werden, ob er sich bei solchen 
größeren Meliorationsunternehmungen beteiligen 
wolle oder nicht, und durch etwaigen Widerspruch 
einzelner dürften nicht Arbeiten hintenangehalten 
werden, die im Interesse der Gesamtheit des 
Landes oder des Bezirks als notwendig sich er- 
weisen. · 
Da der Staat hier mit sehr erheblichen Mit— 
teln einzugreifen haben wird, so wird eine viel 
weiter gehende Kontrolle und Mitarbeit des 
Staates Platz zu greifen haben, und da die großen 
Meliorationen auch nach einem einheitlichen 
Plane durchgeführt werden müssen, so gebietet 
sich hier auch eine straffere Zentralisierung. Aus 
diesen Gesichtspunkten heraus empfiehlt es sich, 
für diese Aufgabe ein besonderes Meliorations- 
institut zu schaffen, das vom Staate mit dem 
erforderlichen Kapital ausgestattet wird, das aber 
als selbständige Korporation mit weitgehenden 
staatlichen Aufsichts= und Mitverwaltungsrechten 
ausgestaltet, doch der Selbstverwaltung unterliegt. 
Diesem Institute würde dann die Aufgabe zu- 
fallen, durch das Medium der Zwangsgenossen- 
schaften die erforderlichen Meliorationsarbeiten 
vorzunehmen. 
Für diese Meliorationsarbeiten würden also 
indirekt die Farmer mitverhaftet sein, und es 
steht auch kein Bedenken entgegen, die Farmen 
für diese Kredite teilweise dinglich haftbar zu 
machen, sei es als öffentliche Lasten, sei es durch 
hypothekarische Eintragung, mit einem Vorrecht 
vor den vorstehenden Hypotheken, da es den 
Hypothekengläubiger nicht schädigt, wenn den zur 
Erhöhung des Wertes der Farm aufgewendeten 
Mitteln in der Höhe dieses Wertzuwachses ein 
Vorrecht eingeräumt wird. 
Es bleibt nunmehr nur noch die Frage des 
Betriebskredits zu erörtern. 
Fällt derselbe auch im allgemeinen unter die 
Kategorie des Personalkredits, so muß er hier 
doch um deswillen Erwähnung finden, weil, wie 
oben schon dargelegt, wohl angenommen werden 
kann, daß dieser Betriebskredit in Südwestafrika 
wohl überwiegend, wenn nicht gänzlich nur auf 
hypothekarischer Grundlage gewährt worden ist, 
also durch die obenerwähnten 3 200 000./( 
  
dritte Hypotheken repräsentiert wird. Werden 
diese nun in der oben vorgeschlagenen Weise in 
langfristige Hypotheken umgewandelt, so wird der 
Farmer eines weiteren Betriebskredits nicht be- 
dürfen oder, sofern die Voraussetzungen einer 
Kreditgewährung überhaupt gegeben sind, ihn 
bei den Genossenschaften, den Banken oder den 
durch die Rückzahlung dieser 3 200 0O00./¼ wieder 
mobiler gewordenen Händlern im Wege des 
Personalkredits finden. 
Einer staatlichen Mitwirkung bei der Ge- 
währung von Betriebskrediten kann nur wider- 
raten werden.“ 
Der Vorsitzende stellte zunächst die Frage 
des Grundkredits zur Erörterung und erteilte 
dem Sachverständigen, Herrn Dr. Tröltsch, 
das Wort. 
Dieser führte aus: 
Beim Grundkredit sei die Hauptfrage, ob der 
Boden als ein jederzeit realisierbarer Wert an- 
zusprechen sei. Zwei Gesichtspunkte kämen dabei 
für den Praktiker vor allem in Betracht, einmal, 
ob der Grund und Boden einen jederzeitigen 
Marktwert habe, zweitens, ob sich im Falle der 
Zwangsversteigerung Käufer fünden. Darüber, 
ob in Südwestafrika die Preisbildung so weit vor- 
geschritten sei, daß man von einem Marktwert 
sprechen könne, seien die Ansichten noch nicht ge- 
klärt. Eigene Ortskenntnisse fehlten ihm. Die 
Schätzungen von Kennern des Landes bewegten 
sich um 2 bis 2,50 ./“ pro Hektar, doch seien die 
Preise noch außerordentlich schwankend, und nach 
der Tabelle 3 des Ref. differierten sie zwischen 
weniger als 1.J und 5 bis 6.“. Nach statisti- 
schen Angaben über die Zwangsversteigerungen 
müsse es als zweifelhaft angesehen werden, ob 
die Grundstücke im Falle der Zwangsversteige- 
rung Käufer fänden. Dies erwiesen schon die 
vom Vorredner aus der Anlage 4 zum Referat 
hervorgehobenen Ergebnisse, man könne wohl 
noch das Ziffernverhältnis zwischen freihändigen 
Verkäufen und Zwangsversteigerungen heranziehen. 
Das alles verursache ihm Bedenken, ob die 
Voraussetzungen einer umfassenden, insbesondere 
bankmäßigen Organisation des Grundkredits heute 
schon gegeben seien. Die Ausführungen des 
Referats über die Transvaalbank lehrten aller- 
dings, daß entgegen den heimischen Erfahrungen 
eine Kombination der verschiedenen Kreditzweige 
unter Umständen lebensfähig sei. Bei einem 
solchen kombinierten Iunstitut käme aber, wenn 
nicht reichliche Mittel zu Gebote stünden, leicht 
der Kreditzweig, bei dem das größte Risiko be- 
stünde, zu kurz. Er trage Bedenken, die Transvaal= 
bank für Südwestafrika als vorbildlich zu empfehlen.
	        
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