Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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in Betracht kommen. Immerhin können sich private 
Hypothekenbanken, wie eine solche für städtischen 
Bodenkredit in Südwestafrika zur Zeit in Gründung 
begriffen ist, noch neben eigentlichen landwirtschaftlichen 
Bodenkreditinstituten betätigen. zu erwähnen ist hierzu, 
daß in Südwestafrika neuerdings von maßgebender 
Seite der Wunsch ausgesprochen worden ist, es möchte 
eine bestehende deutsche Oypothekenbank mit 20 bis 
25 Millionen Mark den Bedürfnissen der Farmer nach 
Bodenkredit entgegenkommen, nachdem eine genaue 
Wertschätzung des Grund und Bodens gewährleistet sei. 
Hierbei wird — abgesehen von den bereits erörterten 
Schwierigkeiten — nicht außer acht zu lassen sein, daß nach 
§* 11 des Oypothekenbankgesetzes die Oypothekenbanken 
nur auf 1. Oypothek, die in Südwestafrika von der 
Regierung meist besetzt ist, Darlehen geben dürfen. 
Eine Forderung des privaten Hypothekengeschäftes 
liche sich möglicherweise durch eine Einrichtung er- 
reichen, wie sie jenzt auch in Deutschland für diejenigen 
geplant ist, die zweistellige Hypotheken suchen, nämlich 
durch die Schaffung einer Vermittlungsstelle, eines 
vertrauenswürdigen Instituts, das auch durch den 
Staat unterstützt werden könnte. 
2. Man hat eine Landeskreditanstalt für Südwest- 
afrika vorgeschlagen auf privater Grundlage, aber mit 
Garantie der Pfandbriefe durch das Reich oder den 
Schungebietsfiskus und mit entsprechender staatlicher 
Kontrolle. An ihr sollten sich namentlich auch die 
Gesellschaften und die Kaufleute, die Interesse daran 
hätten, ihr hypothekarisch festgelegtes Rapital wieder 
flüssig zu erhalten, beteiligen. Der Staat soll mit 
seinen erststelligen Oypotheken an die zweite Stelle 
treten. Die Beleihung soll bis zu 66% der Wert- 
tare, die unter Mitwirkung der Gouvernements auf- 
zunehmen wäre, stattfinden, bei 1½ bis 5% Zins: 
das Kapital soll bis zu 5060 unkündbar, der Rest 
amortisierbar sein. Man macht geltend, daß ein 
Privatinstitut mit Garantie des Staates geeigneter sei 
als eine Staatsbank, weil der Staat als Darlehns- 
geber ausgebentet oder, im Falle des Nichtgewährens 
des Darlehns, angegriffen werden kann und als 
Glänbiger doch wieder nicht beliebt sei. Beide Momente 
seien politisch von Bedeutung. 
3. Von anderer Seite wird dem Gedanken der 
Vorzug gegeben, daß der Staat sich doch in weit- 
gehendem Maße direkt an einem Bodenkreditinstitut 
beteilige, wenn er nicht ein solches überhaupt allein 
gründen wolle. Für ein solches Institt bieten sich 
auch im Mutterlande zahlreiche Vorbilder in den 
Landeskreditlassen und in den preußischen provinziellen 
Landeobilfolassen, in der Bayerischen Landwirtschafts- 
bank, desgleichen in anderen außerdeutschen Ländern, 
wie in den Süd-Donauländern, Bosnien, Bulgarien usw. 
Bei fast allen diesen Banken. auch bei den preußischen 
Landeshilsokassen, wird neben dem reinen Bodenkredit 
auch zugleich der Meliorationskredit gepflegt. 
4. Andere Vorschläge gehben dahin, eine Landes- 
kreditbank für Südwestafrika durch spezielle Mittel zu 
dotieren, nämlich durch die Erträgnisse aus den Kron- 
landverkäufen, durch billige und langfristige Darlehen 
der Landgesellschaften in Höhe bestimmter Prozentsätze 
aus ihrer Landverwertung, dann durch die lberweisung 
der Restkaufgelder und der Darlehen für Ansiedlungs- 
beihilfen, ferner durch ein einmaliges Darlehen von 
etwa 1000000./& in Reicheschuldverschreibungen für die 
ersten Gründungskosten und Betriebemittel. Weiterhin 
sollen dam die Mittel durch Pfandbriefausgabe ver- 
schafft werden. Andere wollen nur die Restlaufgelder 
und einen einmaligen Zuschuß aus Etatomitteln für die 
ersten Cinrichtungekoften dem Institute zukommen lassen. 
5. Ferner wurde gedacht an die Ubertragung des 
dentschen genossenschaftlichen Bodenkredits, d. h. der 
  
Landschaften. Diese Genossenschaften der Grundbesitzer 
einzelner Provinzen beleihen die Grundstücke ihrer 
Genossen bis zu ½ oder 5/, des Wertes zu billigem 
Zins, unkündbar, meist unter Abschätzung des Wertes 
durch gewählte Genossen. Sie geben nur Bodenkredit 
zur ersten Hypothek und haben vielfach für anderen 
landwirtschaftlichen Rredit besondere landschaftliche Dar- 
lehnokassen und landschaftliche Banken gegründet. Sie 
stehen unter Staatsaufsicht. In den O stmarken werden 
die Güter dann in zweiter Stelle von der Ansiedelungs- 
kommission beliehen. Für diese besteht keine Beleihungs- 
grenze. Die Bürgschaft wird von der Bauernbank 
übernommen, falls nicht bereits eine leistungsfähige 
örtliche Genossenschaft, wie Spar= oder Darlehuskasse, 
haftet. Haftet die Bauernbank. dann steht ihr ein 
jährlicher Zins= oder Rentenaufschlag als Risikoprämie 
zu. Dieser beträgt 3/10 % der Bürgschaftssumme. Für 
Südwestafrika denkt man nun an eine solche Landschaft, 
aber nur unter staatlicher Garantie für die Pfandbriefe. 
6. Auch die eben erwähnten Organisationen des 
Bodenkredits in den Ostmarken können in gewissem 
Maßte in den Kreis der Betrachtungen gezogen werden. 
Handelt es sich doch auch dort um weitgehende Staats- 
hilse im Interesse der politischen Erhaltung der Ostmark 
in ähnlicher Weise wie in unserer südwestafrikanischen 
Kolonie um die Erhaltung und Förderung des Bauern- 
standes in dieser Südwestmark. Anßer der eben er- 
wähnten Bauernbank für Westpreußen zu Danzig 
kommen an solchen ostmärkischen Kreditinstituten noch 
in Betracht die Landschaft für OÖstpreußen in Königs- 
berg und die Deutsche Mittelstandskasse in Posen. An 
diesen Kreditinstituten, die sich als Gesellschaften m. b. H. 
darstellen, ist der Staat neben Genossenschaften, auch 
einer Aktienbank und einer Privatperson mit Geld be- 
teiligt; bei dem einen mit 400 000. “¼ bei einem Kapital 
von 5 000 000 .7, bei dem andern mit 600 000 ./K bei 
einem Kapital von 1 800 000 und im dritten Falle 
mit der Hälfte des Kapitals. Während die übrigen 
Gesellschafter 4 bis 5% bekommen und der Rest des 
Gewinns wieder für Zwecke der Bauern= und Mittel- 
standsbanken verwendet werden muß, verzichtet der 
Staat für seinen Teil als Genosse auf Dividende. 
Die Tätigkeit dieser Banken in den Ostmarken ist nun 
allerdings nicht einfach auf die südwestafrikanischen 
Verhältnisse anwendbar, aber sic ist eine gemeinnützige 
und dahin gerichtet, den Bauern einen billigen, von 
seiten des Glänbigers unkündbaren, allmählich tilgbaren 
Bodenkredit zu verschaffen. Jedenfalls ist ihr gemein- 
nütziger Charakter, wie die Verhältnisse in Südwest- 
afrika nun einmal liegen, von gewisser vorbildlicher 
Bedeutung. In Südwestafrika konnte sich der Fiskus 
auch noch in der Weise an einer solchen G. m. b. H. 
beteiligen, daß er seine hypothekarischen Forderungen für 
Ansiedelungsbeihilsen und Restkaufgelder einbringt und 
gegebenenfalls damit an die zweite Stelle tritt. Wenn sich 
bei einer solchen G. m. b. O., außer dem auf Gewinn 
verzichtenden Staate., die Landgesellschaften, die beiden 
Bankinstitute und die Raufleute sowie die Genossenschafts- 
bank in Windhuk beteiligen würden, so könnte ich mir 
schon eine gemeinnützige Tätigkeit einer solchen Gesell- 
schaft denken. In den ÖOstmarken besteht die Tärtigkeit 
in der Befreiung des Gutes von Schulden und Ver- 
mittlung einer ersten Hypothek von der Landschaft und 
einer zweiten Oypothek von der Ansiedelungskommission. 
Für diese zweite Oypothek haftet die G. m. b. H. Sie 
selbst nimmt nur Provision und Risikoprämie für ihre 
Tätigkeit. Direkt auf Südwestafrika übertragen, würde 
cs sich darum handeln, daß von einer zu gründenden 
Landschaft unter Bürgschaft dieser G. m. b. H. erst- 
stellige Onpotheken an die Farmer gegeben werden, 
nachdem die Regierung mit ihren hyupothekarischen. 
Forderungen auf die zweite Stelle zurückgetreten ist.
	        
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