Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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als Reservate erklärt sind, vom Gouvernement 
keinerlei Gebühren erhoben werden. Der Wald- 
bestand am Victoriasee ist auch im deutschen 
Teile kein übermäßig großer, im englischen Teil 
besteht bereits empfindlicher Holzmangel. Ich 
glaube deshalb, daß eine möglichste Erhaltung 
und günstige Verwertung des Holzes im Interesse 
des Schutzgebiets gelegen ist. Dazu würde aber 
die Mitarbeit eines höheren Forstbeamten, der 
seine Tätigkeit auf das ganze deutsche Gebiet 
des Victoriasees zu erstrecken hätte, unerläßlich sein. 
Wenn er den Auftrag bekommen würde, die 
Holzgewinnung so zu organisieren, daß dabei die 
Interessen der Schlafkrankheitsverhütung berück- 
sichtigt werden, so könnten sehr wahrscheinlich die 
Kosten der Sanierung durch die Verwertung des 
gewonnenen Brennholzes wesentlich vermindert 
und durch Erhaltung der besten Nutzholzbäume 
anderseits Werte dem Schutzgebiete gerettet 
werden. Die Durchforstung der Waldbestände 
könnte so vorgenommen werden, daß dabei ein 
Glossinenherd nach dem anderen im Laufe der 
Zeit verschwindet. Eine Beaufsichtigung der Ab- 
holzungsarbeiten durch gut informierte Unter- 
beamte ist unerläßlich, da die Eingeborenen ohne 
Aufsicht häufig über das Maß des Notwendigen 
hinausgehen, noch häufiger aber hinter den er- 
forderlichen Grenzen zurückbleiben. 
Die Schlafkrankheit am Russissi= und 
am Tanganikasee. 
Die Sanierung des reich bevölkerten Russissi- 
Tales, welches in seinem südlichen Teile schon 
mit endemischer Schlafkrankheit behaftet ist, ver- 
ursacht deshalb besondere Schwierigkeiten, weil 
der die deutsch-kongolesische Grenze bildende Fluß 
so schmal ist, daß die Glossina palpalis leicht 
vom rechtsseitigen belgischen nach dem linksseitigen 
dentschen Ufer herüberfliegen kann. Durch die 
großen Windungen, welche der Fluß macht 
(s. Abb. 7), werden die Verhältnisse von manchen 
Stellen noch besonders erschwert. Ein guter Erfolg 
ist daher nur dann zu erhoffen, wenn auf beiden 
Seiten gleichmäßig vorgegangen wird. Dank der 
im Schutzgebiet geführten Verhandlungen ist in 
letzter Zeit ein Einvernehmen mit den belgischen 
Nachbarn darüber erzielt worden, daß auf beiden 
Ufern ein 80 m breiter Uferstreifen von Norden 
nach Süden frei geschlagen wird. Auf deutscher 
Seite ist der tüchtige Sanitätsfeldwebel Sacher 
unter Leitung des Stationsarztes von Usumbura 
Stabsarzt Dr. Penschke mit diesen Arbeiten be- 
traut. Die Arbeiten haben bei Bugarama, 
wo der Russissi aus einem engen Felsental her- 
austritt, begonnen. Nach Süden gehend waren 
die Abholzungen zur Zeit meiner Durchreise bis 
  
zum Kaganga-Bach auf beiden Ufern vorge- 
schritten. Auf deutscher Seite waren zugleich die 
kleinen Nebenflüsse Ruwiro, Luha und Kaganga 
mit abgeholzt worden. Gerade an der oder in 
der Nähe der Mündung dieser Nebenflüsse in den 
Russissi waren kleine Palpalis-Herde gefunden 
worden, während der Russissi sonst in diesem 
nördlichen Teil frei von Fliegen war. Feldwebel 
Sacher glaubt, daß der starke Kalkgehalt des 
Russissi der Glossina palpalis nicht zusage und 
daß sie deshalb gerade am Einfluß kalkarmen 
Bachwassers zu finden sei; weiter unten sei der 
Kalkgehalt des Russissi infolge der zahlreichen 
einströmenden Nebenflüsse so gesunken, daß die 
Fliege sich dann auch am Hauptfluß halte. 
Möglich ist auch, daß die Palpalis infolge der 
zwei Jahre früher bereits einmal in Breite von 
50 Metern auf deutscher Seite ausgeführten Ab- 
holzung des Russissi-Tales sich nur noch so spärlich 
erhalten hat. Über die örtlichen Verhältnisse und 
die aufgefundenen vier kleinen bei meiner An- 
wesenheit durch Abholzen bereits getilgten Fliegen- 
herde gibt die beigedruckte Skizze Nr. 3, die ich 
von Feldwebel Sacher erhalten habe, näheren 
Aufschluß. Sacher geht so vor, daß er zunächst 
Bäume und Strauchwerk abschlagen und, wenn 
das Holz genügend trocken ist, abbrennen läßt. 
Einige Monate später läßt er dann die Wurzel- 
stöcke, soweit sie wieder ausgeschlagen haben, aus- 
roden; er hofft dadurch eine freie Weidefläche 
für das Vieh zu bekommen, welche für die Palpalis 
dann auf die Dauer keine Daseinsmöglichkeit mehr 
bietet. — Auf belgischer Seite wird nach Angabe 
von Sacher nur abgeschlagen und dann abgebrannt. 
Bei dem radikalen Vorgehen von Sacher, das 
ich am Russissi für gerechtfertigt halte, weil es 
hier besonders wichtig ist, einen festen Wall gegen 
das weitere Vordringen der Schlafkrankheit zu 
setzen, und weil hier keine Gefahr von Holzwz- 
mangel besteht, kann man hoffen, daß es gelingt, 
wenn in der jetzt begonnenen Weise die Arbeiten 
auf beiden Seiten des Flusses bis zur Mündung 
fortgeführt werden. 
Vom Kaganga-Bach aus folgte ich der großen 
Tanganika-Kiwusee-Straße welche sich nur 
stellenweise dem Russissi nähert. An den Über- 
gängen der zahlreichen Nebenflüsse fanden sich 
früher Glossinen, weshalb die Straße zur Zeit 
meiner Reise für Karawanen noch gesperrt war. 
Es waren aber in den letzten Jahren ausgedehnte 
Abholzungen ausgeführt worden, und wir konnten 
daher an der Straße nirgends mehr Glossinen 
finden, obgleich wir an allen Flußübergängen 
Fliegenfänger flußauf= und abwärts geschickt 
hatten. Eine kurz vor meiner Durchreise diese 
Straße näher untersuchende Kommission hat das
	        
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