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als Reservate erklärt sind, vom Gouvernement
keinerlei Gebühren erhoben werden. Der Wald-
bestand am Victoriasee ist auch im deutschen
Teile kein übermäßig großer, im englischen Teil
besteht bereits empfindlicher Holzmangel. Ich
glaube deshalb, daß eine möglichste Erhaltung
und günstige Verwertung des Holzes im Interesse
des Schutzgebiets gelegen ist. Dazu würde aber
die Mitarbeit eines höheren Forstbeamten, der
seine Tätigkeit auf das ganze deutsche Gebiet
des Victoriasees zu erstrecken hätte, unerläßlich sein.
Wenn er den Auftrag bekommen würde, die
Holzgewinnung so zu organisieren, daß dabei die
Interessen der Schlafkrankheitsverhütung berück-
sichtigt werden, so könnten sehr wahrscheinlich die
Kosten der Sanierung durch die Verwertung des
gewonnenen Brennholzes wesentlich vermindert
und durch Erhaltung der besten Nutzholzbäume
anderseits Werte dem Schutzgebiete gerettet
werden. Die Durchforstung der Waldbestände
könnte so vorgenommen werden, daß dabei ein
Glossinenherd nach dem anderen im Laufe der
Zeit verschwindet. Eine Beaufsichtigung der Ab-
holzungsarbeiten durch gut informierte Unter-
beamte ist unerläßlich, da die Eingeborenen ohne
Aufsicht häufig über das Maß des Notwendigen
hinausgehen, noch häufiger aber hinter den er-
forderlichen Grenzen zurückbleiben.
Die Schlafkrankheit am Russissi= und
am Tanganikasee.
Die Sanierung des reich bevölkerten Russissi-
Tales, welches in seinem südlichen Teile schon
mit endemischer Schlafkrankheit behaftet ist, ver-
ursacht deshalb besondere Schwierigkeiten, weil
der die deutsch-kongolesische Grenze bildende Fluß
so schmal ist, daß die Glossina palpalis leicht
vom rechtsseitigen belgischen nach dem linksseitigen
dentschen Ufer herüberfliegen kann. Durch die
großen Windungen, welche der Fluß macht
(s. Abb. 7), werden die Verhältnisse von manchen
Stellen noch besonders erschwert. Ein guter Erfolg
ist daher nur dann zu erhoffen, wenn auf beiden
Seiten gleichmäßig vorgegangen wird. Dank der
im Schutzgebiet geführten Verhandlungen ist in
letzter Zeit ein Einvernehmen mit den belgischen
Nachbarn darüber erzielt worden, daß auf beiden
Ufern ein 80 m breiter Uferstreifen von Norden
nach Süden frei geschlagen wird. Auf deutscher
Seite ist der tüchtige Sanitätsfeldwebel Sacher
unter Leitung des Stationsarztes von Usumbura
Stabsarzt Dr. Penschke mit diesen Arbeiten be-
traut. Die Arbeiten haben bei Bugarama,
wo der Russissi aus einem engen Felsental her-
austritt, begonnen. Nach Süden gehend waren
die Abholzungen zur Zeit meiner Durchreise bis
zum Kaganga-Bach auf beiden Ufern vorge-
schritten. Auf deutscher Seite waren zugleich die
kleinen Nebenflüsse Ruwiro, Luha und Kaganga
mit abgeholzt worden. Gerade an der oder in
der Nähe der Mündung dieser Nebenflüsse in den
Russissi waren kleine Palpalis-Herde gefunden
worden, während der Russissi sonst in diesem
nördlichen Teil frei von Fliegen war. Feldwebel
Sacher glaubt, daß der starke Kalkgehalt des
Russissi der Glossina palpalis nicht zusage und
daß sie deshalb gerade am Einfluß kalkarmen
Bachwassers zu finden sei; weiter unten sei der
Kalkgehalt des Russissi infolge der zahlreichen
einströmenden Nebenflüsse so gesunken, daß die
Fliege sich dann auch am Hauptfluß halte.
Möglich ist auch, daß die Palpalis infolge der
zwei Jahre früher bereits einmal in Breite von
50 Metern auf deutscher Seite ausgeführten Ab-
holzung des Russissi-Tales sich nur noch so spärlich
erhalten hat. Über die örtlichen Verhältnisse und
die aufgefundenen vier kleinen bei meiner An-
wesenheit durch Abholzen bereits getilgten Fliegen-
herde gibt die beigedruckte Skizze Nr. 3, die ich
von Feldwebel Sacher erhalten habe, näheren
Aufschluß. Sacher geht so vor, daß er zunächst
Bäume und Strauchwerk abschlagen und, wenn
das Holz genügend trocken ist, abbrennen läßt.
Einige Monate später läßt er dann die Wurzel-
stöcke, soweit sie wieder ausgeschlagen haben, aus-
roden; er hofft dadurch eine freie Weidefläche
für das Vieh zu bekommen, welche für die Palpalis
dann auf die Dauer keine Daseinsmöglichkeit mehr
bietet. — Auf belgischer Seite wird nach Angabe
von Sacher nur abgeschlagen und dann abgebrannt.
Bei dem radikalen Vorgehen von Sacher, das
ich am Russissi für gerechtfertigt halte, weil es
hier besonders wichtig ist, einen festen Wall gegen
das weitere Vordringen der Schlafkrankheit zu
setzen, und weil hier keine Gefahr von Holzwz-
mangel besteht, kann man hoffen, daß es gelingt,
wenn in der jetzt begonnenen Weise die Arbeiten
auf beiden Seiten des Flusses bis zur Mündung
fortgeführt werden.
Vom Kaganga-Bach aus folgte ich der großen
Tanganika-Kiwusee-Straße welche sich nur
stellenweise dem Russissi nähert. An den Über-
gängen der zahlreichen Nebenflüsse fanden sich
früher Glossinen, weshalb die Straße zur Zeit
meiner Reise für Karawanen noch gesperrt war.
Es waren aber in den letzten Jahren ausgedehnte
Abholzungen ausgeführt worden, und wir konnten
daher an der Straße nirgends mehr Glossinen
finden, obgleich wir an allen Flußübergängen
Fliegenfänger flußauf= und abwärts geschickt
hatten. Eine kurz vor meiner Durchreise diese
Straße näher untersuchende Kommission hat das