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zunächst die Lust, im Meridian-Lager Bate den
Versuch zu wiederholen, zumal dort der größte
Teil meiner Arbeiter aus Verpflegungsmangel
vom Lager ferngehalten wurde und der verfüg-
bare Rest einen zur Triangulation notwendigen
Hochstand bauen mußte.
Da erhielt ich während der Dreiecksvermessung
bei Bate — Ende März — ein altes Telegramm
aus Duala ausgehändigt, aus dem ich ersah, daß
die Telefunkenstation Duala ihren Zeitsignaldienst
erst im Januar 1913 begonnen hatte. Meine
Gore-Station war aber schon Anfang Januar ab-
gebaut. Ich beschloß nun, im Meridian-Lager
Pamo den Versuch zu wiederholen.
Nach Eintreffen an der Pamas-Quelle stellte
ich das geodätische Azimut der Linie Pama-Quelle
—uala fest und ließ die Antenne in der er-
mittelten Richtung aufstellen. Diese Arbeiten
wurden durch Unterzahlmeister Wedderkopf auf
Grund unserer in Gore erworbenen Erfahrung
vorzüglich ausgeführt.
Die Empfangsanlage steht quer auf einer
flachen Geländewelle, die Hörstation etwa am
höchsten Punkt, die Antenne senkt sich nach Westen
hin in das Tal des Bara-Baches hinab, das
Gegengewicht nach Osten in das Pama-Tal. Die
Bronzelitze hängt in etwa 10 m Höhe und ist an
jedem Aufhängepunkt durch einen Kreuzisolator
isoliert. Je fünf Masten tragen Antenne und
Gegengewicht. Ein Durchhängen der Litze findet
fast gar nicht statt. Der Draht ist an den äußeren
Enden durch starke Bindung an Bäume isoliert
befestigt, vor der Hörstation an schräggestellte
Pfähle. Das Steifholen des Drahtes ist durch
eingeschaltete Blöcke erleichtert. An die Haupt-
drähte sind Zuführungsdrähte gelötet, die isoliert
auf den Apparattisch führen. Das Austtellen
einschließlich Materialbeschaffung hat mit 100 Mann
Arbeitern zwei Tage gedauert.
Auch die französische Abteilung hatte An-
tennen ausgelegt, je sechs Paralleldrähte nach
Coquilhatville gerichtet, je zwei auf Brazzaville.
Ihr Gegengewicht war geerdet und endete im
Wasser des Bara-Baches. Sie hatte einen großen
Empfangsapparat mit Variation und elektro-
lytischen sowie Kristall-Detektoren. Auch versuchte
sie mehrfach (ohne Erfolg), eine Antenne mit
Drachen zu heben. Ihre Versuche leitete ein
Fachtechniker. Sie bekam keine Verbindung. Auch
meine ersten Versuche waren ohne Erfolg. Ich
glaubte den Mißerfolg der besonders ungünstigen
Jahreszeit mit den täglichen Gewittern (besonders
zu den Signalzeiten) zuschreiben zu müssen. Viel-
leicht hat auch die Lage der französischen An-
tenne, die die meinige senkrecht kreuzte, störend
eingewirkt. -
Als die französische Abteilung am 5. Mai
abgebaut hatte und fortmarschiert war, erhielt
ich am 6. Mai abends trotz eines im Osten
stehenden Horizontgewitters überraschend deutliche
Signalverbindung. Seit diesem Tage bin ich bei
jedem Abend= und jedem Mitternachtssignal in
Verbindung mit Duala. Die sehr starken Störungs-
geräusche verhindern freilich ein tägliches Auf-
nehmen des Zeitsignals, denn während die An-
kündigungszeichen der Signalgruppen meist vor-
züglich hörbar sind, werden die kurzen, dazwischen-
liegenden Sekundenzeichen meist durch die Störungen
übertönt. Eine Anderung der Koppelungsvariation
führt hierbei zu keiner Besserung. Am lautesten
find die Zeichen (und freilich auch die Störungen)
bei Stellung des Koppelung-Drehknopfes bis zum
Anschlage rechts.
Die Sekundenzeichen für Chronometer-Koinci-
denzen sind meist besser hörbar als diejenigen der
sechs Signalgruppen. Von den drei Detektoren
konnte ich zwei durch geeignetes Stellen an der
Innenschraube bei Fernempfang zu hervorragender
Empfindlichkeit bringen. Der dritte ist anscheinend
unbrauchbar geworden. Der Prüfer des Apparats
ist schon in Gore unbrauchbar geworden. Das
Summgeräusch ist im Telephon nicht mehr hörbar.
Die beiden dem Apparat beigegebenen Telephone
find gleichwertig gut. Ein gleichzeitiges Abhören
von zwei Beobachtern ist möglich und durchgeführt.
Das Ergebnis des Versuchs kann ich in fol-
gendem zusammenfassen:
Der Einwellenempfänger hat sich unter recht
erschwerenden Verhältnissen (Mangel von Fach-
kenntnissen seitens des Gebrauchers, sehr ungünstige
Jahreszeit) als vorzüglich geeignet zur drahtlosen
Zeitübertragung bzw. Ortsbestimmung erwiesen.
Die Depeschen sind gut abhörbar, konnten aber
von mir wegen Mangel an Übung nicht auf-
genommen werden. Auch wurden die Morse-
zeichen in Duala sehr schnell hintereinander ge-
geben und nicht besonders langsam, wie verabredet.
Als beste Abhörzeiten hier find 7 Uhr abends
und besonders Mitternacht anzusehen. Das
Morgensignal 5 Uhr M. D. Zt. halte ich für
unnütz.