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auf diesem Weg noch weiter gehen müssen, wenn
der zunehmende Schiffsraum die- Konkurrenz ver-
schärft. Auf systematischen Wegebau wird das
Gouvernement aber mehr und mehr gedrängt
werden, wenn es die Eingeborenen zur Entwick-
lung des Landes heranziehen will und es die
Geldbestände des Landes erschöpft hat. Alle an
die schiffbaren Wasserstraßen angrenzenden Ge-
biete — selbst die weiter entfernten — könnten
also wie bisher über diese auch für andere Güter
erschlossen werden. Die Versorgung Katangas
mit Lebensmitteln und die Erschließung der süd-
lichen Gebiete ließe sich meines Erachtens aber
durch eine andere Linienführung besser und
billiger erreichen. Doch mag zunächst geprüft
werden, ob denn die Bahn überhaupt den Erz-
transport von Katanga an sich ziehen könnte.
Entscheidend ist die Frage, welche Bahn den
Transport am billigsten besorgen könnte. Von
Kambove bis Matadi sind es 330 km (Kambove —
Bukama) plus 1800 km (Bukama—Dolo) plus
385 km (Dolo—Matadi), insgesamt also rund
2500 km. Von der Lobitobay bis Kambove sind
es nicht mehr als höchstens 2000 km. Nun
heißt es, die Lobitobahn hätte mit wesentlichen
höheren Baukosten zu rechnen: der Aufstieg auf
das Plateau im Innern Angolas habe außer-
ordentlich hohe Kosten verursacht, die Arbeiter-
beschaffung und --verpflegung sei schwieriger und
teurer, die Verzögerung in der Bauausführung
verteuere ebenfalls den Bau. Es darf aber nicht
vergessen werden, daß auch die Trassierungs-
erpedition der Bahn Bascongo—Katanga schon
erhebliches Geld gekostet hat, daß für einen
leistungsfähigen Betrieb dieser Bahn der Umbau
der Strecke Matadi—Dolo erste Voraussetzung
und daß die der Kongobahngesellschaft bei Über-
nahme dieser Bahn durch den Staat zu zahlende
Abfindung mit zu veranschlagen ist, daß ferner
die Bahn stets mit einer gewissen Konkurrenz der
von ihr überschrittenen Wasserläufe zu rechnen
haben wird, so daß ihr Einflußbereich nach Norden
hin beschränkt ist. Dann kommt aber besonders
hinzu, daß Matadi kaum jemals oder nur mit
ganz außerordentlichen Kosten zu einem leistungs-
sähigen Hafen ausgebaut werden könnte und daß
selbst dann noch immer die Wasserverhältnisse im
Unterlauf des Kongo eine Schiffahrt mit Schiffen
über 10000 t kaum gestatten würden. Die
größten jetzt den Kongo besuchenden Dampfer
haben mit Rücksicht auf die Wasserverhältnisse am
Fetischrock und auf der Bananabarre nicht mehr
als 7500 t. Der Hafen von Lobito ist dagegen
einer der besten natürlichen Häfen der ganzen
afrikanischen Westküste, der Schiffe jeder Größe in
sich aufnehmen kann. Ferner geben die Hoch-
plateaus Angolas die Möglichkeit einer euro-
päischen Besiedlung mit ihren großen Transport-
bedürfnissen, während die von der Bahn Bas-
congo—Katanga durchzogenen Gebiete niemals
für eine dauernde weiße Besiedlung in Frage
kommen werden. So scheint es, daß diese Bahn
mit der Lobitobahn nicht wird in Konkurrenz
treten können. Ob aber die Ausfuhrprodukte der
Eingeborenen allein ausreichen werden, um die
Bahn rentabel zu gestalten, das erscheint doch
sehr zweifelhaft.
Die Versorgung Katangas mit Lebensmitteln
und Arbeitern und die wirtschaftliche Erschließung
des Südens des Kasaibezirks ließe sich aber auch
durch eine andere Linienführung, die jene Nach-
teile nicht hätte und sich wesentlich billiger ge-
stalten würde, erreichen. Es müßte darauf ver-
zichtet werden, alle Transporte unter allen Um-
ständen nach Matadi leiten zu wollen. Die
Lobitobay müßte als der nächste und der natür-
liche Hafen für die Erze Katangas anerkannt
werden. Die südlichen Gebiete des Kasaibezirks
könnten durch eine Bahn Dilolo —Lusambo und
eine zweite Zweigbahn, die vielleicht die Diamanten=
konzession der Forminière von Süden nach Norden
durchzöge, erschlossen werden. Diese Süd-Nord-
bahnen hätten technisch den großen Vorteil, daß
sie der natürlichen Verkehrsrichtung folgen und
auf einer der Wasserscheiden der Zuflüsse zum
Sankuru und Kasai mit erheblich geringeren
Kosten und unter Vermeidung der großen Brücken-
und Erdarbeiten gebaut werden könnten. Die
Trasse Dilolo — Lusambo durchzöge die best-
bevölkerten Teile des ganzen südlichen Kongo
und verbände gleichzeitig die Bahn mit dem
Flußsystem des Kasai und damit auch des Kongo.
Der Anschluß an die Katangabahn gäbe die
Möglichkeit, jene oben angeführten Aufgaben für
die Minendistrikte Katangas zu erfüllen. Der
Umweg von etwa 200 km feiele für diese Zwecke
im Hinblick auf die großen Ersparnisse bei der
Ausführung dieser Bahn nicht in Betracht. Die
Hafenverhältnisse in der Lobitobay und die relativ
geringen Baukosten würden zudem es möglich
machen, die Tarife auf einem Minimum zu halten,
so daß vielleicht viele Produkte, die auf der
andern Trasse nicht mehr ausfuhrfähig wären,
hier noch ausgeführt werden könnten. Jene
Linie käme aber auch gerade der Besiedlung des
Angolaplateaus zugute, insofern als sie diesem
die billigen Arbeiter aus dem Kasaibezirk heran-
bringen könnte. Die infolge der Verkürzung der
Linie ersparten Gelder würden für andere Strecken
frei. Die Tshikapabahn wäre in erster Linie
Diamantenbahn, und es bliebe zunächst abzu-
warten, ob die Aufschlußarbeiten der Forminidre
die erhofften Resultate haben werden.
Es mag auch noch betont werden, daß der