Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

W 147 20 
3. Schreiben des Admirals Patey an den 
Brigadekommandeur Holmes. 
(bersetzung.) 
S. M. A. S. „Australia“. 
In Friedrich Wilhelmshafen, 
24. September 1914. 
Geehrter Herr! 
Unter Bezugnahme auf die mündliche Mit- 
teilung, welche Herr E. Haber, stellvertretender 
Gouverneur von Deutsch-Neuguinea, Ihnen ge- 
macht hat, dahingehend, daß der am 17. Sep- 
tember 1914 unterzeichnete Vertrag sich nicht auf 
irgendeine Offensive bezieht, welche von den 
deutschen Kreuzern, mit denen die Verbindung 
zerstört worden ist, unternommen werden mögen, 
habe ich die Ehre zu ersuchen, daß Sie zu Ihrer 
Information sich bemerken, und ebenso Herrn 
Haber informieren, daß ich meinerseits nicht ge- 
bunden sein möchte in irgendeiner Weise rückficht- 
lich einer Aktion, welche ich zu unternehmen 
wünsche gegen irgendwelche Plätze in den deutschen 
Südseeinseln, die von den deutschen Kreuzern 
benutzt werden. 
2. Ich bitte Sie, eine dieser Urkunden Herrn 
Haber zu geben. 
Ich habe die Ehre zu sein, geehrter Herr, 
Ihr gehorsamer Diener 
gez. Patey, 
Bize-Admiral. 
An den Oberst Williams Holmes 
D. S. O. V. D., Administrator, Rabaul. 
B. Inselgebiet. Die verschiedentlich in 
der Presse aufgetauchte Nachricht, daß die 
Japaner die von ihnen im Inselgebiet besetzten 
Plätze an die australische Regierung abgetreten 
hätten, entspricht offenbar nicht den Tatsachen; 
denn keiner der bis jetzt vorliegenden Berichte 
enthält etwas darüber, daß die Japaner in den 
von ihnen besetzten Orten nachträglich den 
Australiern Platz gemacht hätten. Nach einer 
vorliegenden Zeitungsnotiz hat auch der Minister 
des Außern, Kato, auf eine Interpellation in 
der Kammer Ende v. Is. erklärt: „die Besetzung 
der deutschen Südseeinseln werde so lange aufrecht- 
erhalten, wie es den japanischen Interessen geraten 
erscheine. Andere Ansprüche seien wohl ange- 
meldet, ihre Prüfung werde jedoch erst bei der 
Friedenskonferenz erfolgen.“ 
Im einzelnen ist aus dem Inselgebiet 
folgendes bekannt geworden: · 
1. Jap. Hier waren, wie bereits früher 
mitgeteilt, zunächst am 12. August der große 
englische Kreuzer „Minotaur“ und ein kleiner 
Kreuzer erschienen. Die Schiffe fuhren aber 
  
nicht in den Hafen hinein, sondern gaben durch 
Funkspruch bekannt, daß sie gekommen seien, um 
alsbald die Funkenstation zu zerstören, die 
Europäer möchten sich schleunigst aus dem Schuß- 
bereich der Schiffsgeschütze entfernen. Wie in 
Samoa, so haben sich auch hier die Beamten 
der Funkenstation durch ihr unerschrockenes Ver- 
halten ausgezeichnet. Der eine Beamte, Tele- 
graphist Hermann, blieb bis zum letzten Augen- 
blick an den Apparaten, um den etwa erreich- 
baren Kriegsschiffen den üÜberfall durch die 
Japaner funkentelegraphisch anzuzeigen, und er 
verließ die Station erst, als die Granaten ein- 
schlugen. Ein anderer Beamter, Köhler, der 
den Auftrag hatte, sobald Schüsse in die Nähe 
des Turmes fielen, diesen durch Lösen der 
Pardunen-Muttern umzuwerfen, verließ erst nach 
dem siebenten Schuß seinen Platz am Fundament 
des Turmes. Da er von den Eingeborenen 
alsbald nach dem Abfeuern des ersten Schusses 
im Stich gelassen worden war, gelang es ihm 
allein nicht, die letzte Pardune loszubekommen, 
und infolgedessen siel sodann der Turm dem 
zehnten Schuß der englischen Kriegsschiffe zum 
Opfer. Den Versuch, die Kabel der in Jap 
einmündenden Kabelstation der Deutsch-Nieder- 
ländischen Telegraphen-Gesellschaft durchzu- 
schneiden, haben die Kreuzer nicht gemacht. Sie 
hatten es offenbar aus Besorgnis, von den 
deutschen Kriegsschiffen überrascht zu werden, sehr 
eilig; denn sie fuhren alsbald nach der Zerstörung 
der Funkenstation wieder ab. 
Bis zum 7. Oktober wurde dann die Insel 
Jap nicht mehr vom Feind behelligt. An diesem 
Tage kam aber das japanische Schlachtschiff 
„Satsuma“ in Begleitung eines Kreuzers vor 
der Insel an und ließ alsbald Truppen landen, 
alle Gebäude und Straßen besetzen und erklärte 
Jap als okkupiert und alles amtliche Material 
für beschlagnahmt. Die Besatzung des Ver- 
messungsschiffes „Planet“ war kurz vor dem 
Eintreffen der Japaner durch einen deutschen 
Kreuzer von Jap weggebracht worden. Da 
somit jedes militärische Machtaufgebot fehlte, 
um die Insel gegen die feindlichen Streitkräfte 
zu halten, so ging die Besetzung ohne Blut- 
vergießen ab. . 
Da auch bei der Beschießung der Funken— 
station durch die Engländer kein Europäer zu 
Schaden gekommen ist, kann mit Bestimmtheit 
angenommen werden, daß keiner der Be— 
wohner Japs infolge des Krieges getötet 
oder auch nur verwundet worden ist. 
Wie an anderen Plätzen, z. B. in Jaluit, 
so sind auch hier verschiedentlich die Woh- 
nungen von den japanischen Truppen ge- 
plündert worden. Im übrigen haben sich
	        
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