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Vom Feinde sind gefallen nach mehrfacher
Zählung mindestens 150 Engländer und
500 Inder. Eine große Zahl verwundeter
Engländer und Inder wurden vom Feinde an
Bord genommen. Erbeutet wurden 455 eng-
lische Gewehre, ½ Million Patronen, 8 Ma-
schinengewehre, außerdem 3 Maschinengewehr-
lafetten, viele Ausrüstungsstücke und Ver-
pflegung.
Ein brauchbarer Leichter zurückerobert.
Der Wert der auf deutscher Seite ge-
machten Beute wird aufüber eine Million
geschätzt. Die Engländer hatten sich mit
unglaublich reichen Materialien ver-
sehen, um die Verwaltung des Nordens
unserer Kolonie sofort antreten zu
können. Die Einzelheiten des Kampfes
sollen furchtbar gewesen sein. Auf
unserer Seite wurde mit einer unglaub-
lichen Bravour und Todesverachtung
gekämpft.
ine UÜber die Ereignisse am Njassa-See sind
Berichte des Bezirksamtmanns Dr. Stier-Neu-
Langenburg und des mit der Führung der 5.Kom-
pagnie beauftragten Oberleutnants Falkenstein
eingegangen, aus denen hervorgeht, daß sich unsere
kleine Truppe gegen eine überwältigende Macht
geradezu heroisch geschlagen hat. Nicht allein die
wenigen Deutschen, von denen die Mehrzahl dem
Vaterlande mit ihrem Blute die Treue besiegelten,
haben gekämpft, wie es für deutsche Soldaten
selbstverständlich ist, sondern auch unsere Askari
haben gezeigt, was deutsche Disziplin aus unserem
Eingeborenenmaterial zu machen verstanden hat.
Den teuren Toten, die uns in schwerer Zeit
ein so glänzendes Beispiel deutscher Treue, selbst-
loser Pflichterfüllung gegeben haben, wollen wir
in unseren Herzen ein ehrendes Andenken be-
wahren. Mögen ihre Heldentaten allen Deutschen
in unserer Kolonie ein Beispiel geben, wie man
deutsches Land bis zum letzten Blutstropfen ver-
teidigt.
Wir entnehmen dem Bericht folgende Einzel-
heiten: Bereits in den ersten Tagen des Sep-
tember glückte es einer Patronille unter dem
Kriegsfreiwilligen Wicht und einer Abteilung der
5. Kompagnie, die englische Telegraphenlinie
zwischen Abercorn und Fife (Ikawa) sowie zwischen
Fife und Karonga zu unterbrechen. Am 5. Sep-
tember begab sich der Pflanzer Gentner-Mbuju
nach Alt-Langenburg, um im Auftrage des Bezirks-
amts die dort noch lagernden Materialien des
Dampfers „Hermann von Wissmann“ in Sicher-
heit zu bringen. Als er erst kurze Zeit anwesend
war, erschien der englische Dampfer „Gwendolin“
vom Süden her und eröffnete sofort das Feuer
auf die Westseite der unbesetzten Boma. Gentner, der
sich auf die Berge zurückgezogen hatte und von dort
unbemerkt alles mit ansah, stellte später fest, daß
von den etwa 30 Schüssen, die der Dampfer ab-
feuerte, acht die Boma getroffen hatten. Auch
diese richteten jedoch kaum nennenswerten Schaden
an, da von sämtlichen Granaten nicht eine einzige
krepierte. Nach einiger Zeit setzten die Engländer
in drei Booten drei Europäer und 16 Askari an
Land, die den kleinen Ort durchsuchten. Sie
nahmen aus den Magazinen nur einige Gegen-
stände von geringem Werte mit. Nachdem sie
sodann noch einen alten Stahlleichter durch zwei
Salven und Abreißen einiger Platten unbrauchbar
gemacht und die ohnedies schon halbverfaulten
Brennholzvorräte angezündet hatten, fuhren sie
wieder ab.
Über das Gefecht bei Karonga am 9. Sep-
tember ergibt sich aus den Berichten folgendes: Die
englische Besatzung von Karonga hatte in der
allerletzten Zeit, wahrscheinlich sogar noch in der
letzten Nacht vor dem Gefecht, beträchtliche Ver-
stärkungen erhalten, so daß die 5. Kompagnie
einer unerwarteten Übermacht von mindestens drei
Kompagnien Askari und 75 Europäern gegen-
überstand. Zudem hatten die Engländer ihre
Stellung mit Schützengräben, Wolfsgruben und
Minen sehr stark befestigt, und der Gegner bot
hinter den Erdwällen der Schützengräben schlechte
Ziele. Auch waren die englischen Askari, wie
aus erbeuteten Gewehren zu ersehen ist, alle mit
kleinkalibrigen Mehrladern und rauchschwacher
Munition ausgerüstet, während die Stellung der
Unsrigen, wenn fie sich auch möglichst gegen Sicht
deckten, stets bald durch die starke Rauchentwick-
lung der 71er Munition verraten wurde. Die
Europäer auf der Gegenseite waren aller Wahr-
scheinlichkeit nach zum größten Teil nicht Soldaten,
sondern Kriegsfreiwillige, die mit ihren Jagd-
gewehren vorzüglich schossen. Fast alle Gefallenen
hatten Kopfschüsse; daß mit Jagdgewehren ge-
schossen wurde, geht auch aus den großen Aus-
schüssen bei Verwundungen hervor, sowie aus der
Auffindung von Halbmantelgeschossen auf dem
Schlachtfelde.
Der Verlust der beiden Geschütze und der
beiden Maschinengewehre steht jetzt endgültig fest.
Der Verlust der Geschütze ist darauf zurückzu-
führen, daß feindliche Verstärkungen unserer
Truppe beim Rückzuge in Flanke und Rücken
kamen, wobei fast die gesamte Geschützbedienung
fiel. Das Maschinengewehr der Kompagnie
wurde von Hauptmann v. Langenn selbst be-
dient, nachdem die ursprüngliche Bedienungs-
mannschaft abgeschossen war. Hierbei wurde er
an beiden Augen und Händen durch Geschoß-