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Weise hewor, daß die Gesellschaft ihre Besitzungen
jedermann ohne irgendwelche Beschränklung und
Vorbehalt zugänglich macht. Seit sechs Jahren ist
sie bemüht, dem einen gemeinnützigen Zwecken dienst-
baren Unternehmen, das ausschließlich humanitäre
Ziele verfolgt, gedeihlichen Fortgang zu geben, und
stützt sich dabei ausschließlich auf ihre eigenen Mittel
und Hilfsquellen. Sie hat bis jetzt übrigens an der
Begründung von Stationen gearbeitet, ohne sich mit
deren eigentlicher Organisation zu beschäftigen. Ver-
treten wird die Gesellschaft durch ihren Präsidenten
Herrn Strauch, Belgier von Nation, der in ihrem
Namen verhandelt; in der Zahl ihrer Mitglieder ist
namentlich eines, das die nötigen Fonds hergibt.
. Man muß im Auge behalten, daß die Gesellschaft
nur eine temporärc ist, die eines Tages, wenn sie ihr
Werk als beendet ansieht, wieder verschwindet. Die
von ihr in das Auge gefaßte Aufgabe ist, im Innern
Afrikas einen unabhängigen Staat zu gründen, als
Hüter der Freiheit auf dem großen Strom, den sie
dem Handel erichließen will. Die Gesellschaft treibt
selbst keine Geschäfte, sie ebnet nur den Boden für
dieselben, sie öffnet ein weites Gebict dem Handel
aller Nationen, ohne eine derselben zu begünstigen.
Sie wendet sich nur an das Publikum, wenn es nötig
ist, Irrtümer zu berichtigen, die ihr zur Last gelegt
werden, sie verlangt von niemand das geringste Opfer,
obgleich ihre Bemühungen und Aufwendungen jeder-
mann zugute kommen sollen, und appelliert aus-
jchließlich an die Börsen ihrer eigenen Mitglieder.
Die Gesellschaft weiß sehr wohl, daß sie den neuen
Staat mit einer politischen Verfassung ausstatten und
finanziell so stellen muß, daß dieser nicht gezwungen
ist, seine Mittel aus Zöllen zu entnehmen und daß
sie gezwungen ist, eine zu seinem und zu anderer
Schuß dienende Macht zu unterhalten.
Vor der Entsendung Stanleys nach Afrika hatte
die Gesellschaft ein sehr bedeutendes Kapital auf-
gebracht, dessen Zinsen für den gegenwärtigen Unter-
halt derselben ausreichen.
An dem Tage, an welchem sie das neue Staats-
wesen in die Staatenfamilie der beiden Hemisphären
eintreten sieht, wird sie denselben das von den Mit-
gliedern durch Subskription aufgebrachte Vermögen,
als ihrem Rechtsnachfolger, zedieren.
Die Gesellschaft wird ihre Schöpfung den anderen
Mächten nicht aufdrängen, aber sie wird, wenn es
gewünscht wird, den Beweis vor denselben führen,
daß sie inistande, ihr Werk lebensfähig zu erhalten,
ebenso wie sie bereits durch ihre Arbeiten dargetan
hat, daß sie dic Mittel besaß, um dasselbe zu begründen
und zu entwickeln.
Im Interesse des Unternehmens, wie im Interesse
der Zivilisation in Afrika wünschte die Gesellschaft,
sich mit Frankreich, ihrem Nachbar am Kongo, in
offizieller Weise zu verständigen, da ihr daran lag,
daß Konflikte zwischen den französischen und ihren
Agenten vermieden würden. Dies ist geschehen,
Frankreich wünschte eine Bürgschaft für die Dauer
der Gesellschaft und erbat sich eine offizielle Erklärung,
die besagte, daß die Gesellschaft ihr Territorium an
keine andere Macht weder abtreten noch verkaufen
wolle. Eine solche Erklärung ist abgegeben worden,
aber aus Besorgnis, daß ein derartiger Vertrag nicht
etwa die der Gesellschaft seindlich gegenüberstehenden
Unternehmungen ermutigen möchte, hat die Gesellschaft
einen Vorbehalt in die mit Frankreich getroffene Ver-
einbarung eingefügt. Indem sie nämlich sich die
Freiheit vorbehielt, ihren Besitz zu Gelde zu machen
und dabei Frankreich ein Vorrecht einräumte, hat die
Gesellschaft ihre Gegner darauf aufmerksam machen
wollen, daß etwaige Anstrengungen, dem inter-
nationalen Werk zu schaden, sich im Fall eines Ge
lingens gegen die Urheber solcher Besitzstörung wenden
könnten. Dank dieser Übereinkunft ist der Friede
zwischen Frankreich und der Gesellschaft gesichert, und
hat die Republik zugesagt, das Gebiet und die Stationen
derselben zu respektieren, ebenso die von den Häupt-
lingen erworbenen Rechte. Wenn die Gesellschaft in
Zukunft die Wahrnehmung machen sollte, daß es ihr
nicht gelinge, ihre Schöpfung von den Mächten an-
erkannt zu jehen, dann hat sie jederzeit das Recht,
diese letzteren auf Frankreich zu übertragen.
Die Gesellschaft hat niemals danach gestrebt, den
Besitz der gesamten Ufer des Kongo zu erlangen, sie
hat nur gestrebt, eine räumlich genügende Ausdehnung
sich zu sichern, damit ihr Besitz in wirksamer Weise
die Freiheit des Handels in dem großen Kongotal
gewährleiste. Das Abkommen mit Frankreich verbürgt
diese Freiheit, und es wird von den anderen euro-
päischen Mächten abhängen, sic ihrerseits cbenfalls
dadurch anzuerkennen, daß sie mit der Gesellschaft
darüber in Unterhandlungen eintreten, oder, was noch
besser wäre, indem sie mit dem neuen Staatswesen,
das von der Gesellschaft bei Proklamation einer
politischen Verfassung für dasselbe in das Leben ge-
rufen werden wird, sich ins Einvernehmen setzen
Der Artikel stammte von einem belgischen Jour-
nalisten, Victor Gantier, der seit Anfang der siebziger
Jahre in Berlin lebte.“) Er besaß ein ziemlich weit
gehendes Wissen und war unter anderem auch der
Verfasser eines etymologischen Wörterbuches der
geographischen Ortsnamen Belgiens. Korrespondent
des „Echo du Parlement“ in Brüssel und des
vPrécurseur“ in Antwerpen, war er zugleich im
*) Gantier, der etwa 1903 in Berlin aus dem
Leben, Schied stand mit dem Tagesschriftsteler Lossius
09) der zur Zeit, als v. Hammerstein Chef=
Kradh der Kreuzzeitung war, für diese die kolo-
nialen Berichte und Notizen lieferte und später für die
Tägliche Rundschau und Blätter in der Provinz der-
artige Berichte verfaßte, in Verbindung. Auf diesem
Wege sind manche den Kongo betreffende, günstig
lautende Nachrichten in die deutsche Presse gebracht
worden.