Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIX. Jahrgang, 1918. (29)

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dunkel gebracht. Sein Programm kann man mit 
wenigen Worten charakterisieren. Ebenso wie 
Lloyd George Deutschland als Kontinentalmacht 
vernichten will, ebenso wie Sir Edvard Carson 
Deutschland als Industriemacht vernichten will, 
genau so will General Smuts Deutschland als 
Kolonialmacht vernichten. (Sehr richtig!) Aber 
der General begnügt sich nicht mit der einfachen 
Aufstellung — wie es seine Kollegen tun — einer 
Vernichtungsformel; er versucht seine Vernichtungs- 
absichten moralisch zu begründen. Er gibt eine 
wohl aufgebaute Argumentation, warum das Bri- 
tische Reich Deutschland als koloniales Imperium 
nicht dulden kann und darf. 
Mit dieser Begründung möchte ich mich heute 
vor Ihnen auseinandersetzen. Das Neue ist da- 
bei, daß bei dieser Argumentation der General 
nicht wie früher humanitäre Ziele und Zwecke in 
den Vordergrund stellt, daß er nicht mehr von 
dem Wohl der Eingeborenen spricht, sondern daß 
er lediglich einen kraß imperialistischen Standpunkt 
an die Spitze seiner Ausführungen stellt: Die 
Vernichtung Deutschlands als Kolonialmacht ist 
notwendig „um der Sicherung des Britischen Welt- 
reichs wegen!“ 
Unter seinen Gründen hebt sich zunächst der 
eine vor, den ich Ihnen nach den Ausführungen 
der „Times“ im Auszug wiedergeben möchte: 
Von der Pracht des Landes 
— er spricht von Ostafrika, worauf es anscheinend 
den Engländern am meisten ankommt — 
könne man sich keinen Begriff machen. Wirt- 
schaftlich rechne Ostafrika zu den allerwertvollsten 
Kolonien des tropischen Afrika. Kein Teil 
Afrikas habe geeigneteren Boden für eine Pro- 
duktion in größerem Maßstabe, von Kokos- 
nüssen, Kaffee, Zucker, Sisal, Gummi, Baum- 
wolle oder halbtropischen Produkten wie Mais 
und Hirse. Wenn die Tropenkrankheit einst 
überwunden sein würde, würde auch das Land 
zu den produktivsten Teilen der Tropen ge- 
hören. Man habe erst kürzlich voll erkannt, 
daß ohne einen überreichtum von Roh- 
materialien, die nur die Tropen schaffen könnten, 
die modernen hochentwickelten Industrien un- 
möglich wären. 
  
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(Hört, hört!) Diese geographisch-topographische 
Schilderung von der Herrlichkeit unserer Kolonie 
Ostafrika bildet für General Smuts den Auftakt 
zu der Forderung, daß eine so wertvolle Kolonie 
notwendigerweise England gehören müsse und 
Deutschland nicht wiedergegeben werden dürfe. 
Das heißt also: Smuts will Deutschland das eine 
große Reservoir, das es für seine „moderne, 
hochentwickelte Industrie“ bisher gebraucht hat, 
nicht wiedergeben. Meine Herren, das ist mit 
anderen Worten genau derselbe Standpunkt, den 
Sir Edvard Carson einnimmt: wenn Deutschlands 
Industrie zunichte geht, — es tut uns leid, aber 
was schadet es? Und dann, meine Herren, aus 
der Herrlichkeit des Landes ein ethisches Recht zu 
folgern, daß dieses wertvolle Land nur unter 
großbritannischer Herrschaft stehen dürfe, das ist 
doch wohl ein Ausfluß jener britischen Anschaunng, 
die der Dichter Rudyard Kipling mit den Worten 
kennzeichnet: China ist ein Land von unendlichen 
Möglichkeiten; also: warum annektieren wir denn 
nicht China? (Heiterkeit.) 6 
Als zweiten Grund dafür, daß die Rückgabe 
unserer Kolonien mit der Sicherheit des englischen 
Imperiums unvereinbar sei, führt General Smuts 
an, daß unsere Kolonien, in erster Linie das 
schon erwähnte Ostafrika, zur weiteren Kon- 
solidierung und Abrundung des englischen Welt- 
reiches nötig sind, als ein Bindeglied zwischen 
Südafrika, Agypten und Indien. General Smuts 
sagt über diesen ihm außerordentlich wichtigen 
Punkt folgendes — ich darf auch diesen Punit 
Ihnen hier aus der „Times“ in kurzem Auszug 
vortragen —: 
„Das Britische Reich ist bei weitem die 
größte afrikanische Macht, und keine andere 
Macht hat auf diesem Kontinent Interessen, 
die mit den seinen überhaupt vergleichbar 
sind“. 
Mit dieser Behauptung hat der General Smuts, 
der aus dem Süden Afrikas kommt, doch nicht 
genügend nach dem Norden und Westen seines 
heimatlichen Kontinents geblickt; denn wir wissen, 
daß auch das französische Kolonialreich einen ganz, 
erheblichen Einfluß auf und ein ganz erhebliches 
Interesse an Afrika hat. Ich glaube sogar, daß, 
rein numerisch ausgedrückt, die Zahl der Hektare
	        
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