Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXX. Jahrgang, 1919. (30)

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tan haben, weiß darum noch kein Mensch. Wer 
die Neger kennt, wird solche Huldigungen nicht 
allzuhoch veranschlagen. Nicht hoch genug aber 
kann er die Treue der Farbigen bewerten, die 
auch im Unglück zu ihren Herren stehen und 
mit ihnen alle Leiden der Verbannung gern und 
willig teilen wollten. 
Während die Soldaten, die mit ihrem zahl- 
reichen Familienanhang eine Schar von über 
16000 Köpfen ausmachten, nach kurzem Auf- 
enthalte an der spanischen Küste nach Fernando 
Po hinübergeschafft wurden, um sich dort für 
den weiteren Aufenthalt einzurichten, blieben die 
nicht zur bewaffneten Macht zählenden 1600 Jaun- 
des und sonstigen Eingeborenen zunächst noch auf 
dem Festlande südlich von Bata am Strande 
wohnen. Zu ihnen gesellten sich in den nächsten 
Wochen noch einige Hundert ehemaliger Diener 
von Europäern, farbiger Beamter und Träger. 
Der spanische General-Gouverneur hatte all 
diesen Auswanderern alsbald nach ihrem Ein- 
treffen zugesichert, daß sie volle Gastfreundschaft 
des Landes genießen würden, und daß niemand 
von ihnen gegen seinen Willen gezwungen werden 
sollte, vor Ende des Krieges nach Kamerun zu- 
rückzukehren. In der entgegenkommendsten Weise 
stellte die spanische Verwaltung in Bata den Leuten 
das Land zur Verfügung, hielt ihre eigenen Ein- 
geborenen zur Lieferung von Verpflegung an, 
lieh den Kamerunern die zum Bau ihrer Häuser 
und zur Anlage ihrer Farmen notwendigen Ge- 
räte, kurz, tat alles, was sie tun konnte, um das 
Los der von den Mühen und Entbehrungen des 
langen Marsches erschöpften und entkräfteten 
Farbigen zu erleichtern. Sie sollten indessen so- 
bald noch nicht zur Ruhe kommen: Mit Rückficht 
auf die Unfruchtbarkeit des Küstenlandes, auf die 
schlechten Wasserverhältnisse und auf das ungesunde 
Klima beschloß die spanische Regierung im April 
1916, nach und nach alle Kameruner Eingeborenen 
nach Fernando Po zu bringen, und führte diese 
Übersiedelung in den nächsten 4 Monaten durch, 
so daß endlich im Juli 1916 alle die langersehnte 
Unterkunft auf der Insel gefunden hatten. 
Aber gerade der Aufenthalt an der Bata- 
küste voller Unruhen und Ungewißheit, voller 
Entbehrungen und Krankheiten, ist besonders 
ehrender Erwähnung wert als die letzte und härteste 
Anforderung an das Vertrauen der Eingeborenen 
u ihren deutschen Herren, als die schwerste und 
öugleich schönste Probe ihrer Treue. 
Schon im Laufe der ersten 2 Monate hatten 
die Leute aus dem mit dichtem Gestrüpp be- 
wachsenen Gelände am Meeresufer mit den aller- 
einfachsten Werkzeugen, mit Beilen, Axten und 
Haumessern aus den Hölzern und Blättern des 
Busches eine freundliche Niederlassung geschaffen, 
  
mit saubern Hütten, Europäerwohnungen, Kranken- 
haus und mit jungen Farmanlagen rings um die 
Gehöfte herum (s. Lageplan). Bei all ihrem 
Schaffen hatten sie monatelang unter dem 
quälendsten Hunger zu leiden. Davon wußten 
ihre deutschen Herren so gut zu erzählen wie der 
spanische Untergouverneur und die Kaufleute in 
Bata. Die unermüdliche Arbeit und Sorge der 
spanischen und deutschen Beamten, wenigstens die 
allernotwendigste Verpflegung zu beschaffen, ist 
gleicher Bewunderung wert wie die Geduld und 
Ausdauer der Hungernden, die ohne Murren und 
laute Klagen entbehrten und ausharrten, die alle 
auf die Überfahrt nach Fernando Po hofften, die 
aber nie der Versuchung unterlagen, nach Kamerun 
zurückzukehren. Die 2000 Menschen waren zu 
verpflegen in einer Gegend, deren Eingeborenen- 
bevölkerung vom Fischfang lebte und nur das an- 
baute, was sie selbst zum Leben gebrauchte. Die 
Vorräte der Faktoreien in Bata waren von den 
durchziehenden Soldaten und Trägern längst er- 
schöpft; aus Fernando Po, wo 16000 neue An- 
kömmlinge leben wollten, war auch nichts zu haben; 
die fabelhaftesten Preise wurden für die spärlich 
angebrachten Landeserzeugnisse gefordert; die erste 
Maisaussaat reifte einer kümmerlichen Ernte zu, 
als gerade die letzten Ansiedler nach der Insel 
verschifft wurden. Jeder Abschub von Leuten 
mit dem kleinen Dampfer wurde lebhaft begrüßt, 
weil er jedesmal einige Hundert Esser weniger 
zurückließ. So wurde es mit der Verpflegung 
erst leidlich, als die größere Hälfte hinübergeschafft 
worden war. Aber die durch die widrigen Ver- 
hältnisse begünstigten Krankheiten ließen kaum nach 
und forderten bis zuletzt ihre Opfer: Eines Mannes 
mag darunter besonders gedacht werden, des 
Ekaba-Häuptlings Nanga-Eboko, der mit starker 
Hand zwei Jahrzehnte hindurch in fast unum- 
schränkter Selbständigkeit sein weites Staatsgebiet 
beherrscht, der durch sein Dasein allein die um- 
wohnenden Stämme in Zucht und Ruhe gehalten, 
der während des Krieges seine Hilfskrieger ins 
Feld gegen den Feind geschickt, der getreulich bis 
zuletzt seinen Mann gestanden hatte und schließlich 
seinen deutschen Herren in die Verbannung ge- 
folgt war. Dieselbe straffe Ordnung wie bei ihm 
zu Hause in seiner Heimat herrschte auch in seinem 
rasch aus der Wildnis heraus geschaffenen Wohn- 
sitz am Batastrand; dieselbe Zucht herrschte dort 
weiter, in scheuer Achtung gepflegt, als Nanga- 
Eboko selbst die Augen für immer geschlossen und 
seine letzte Ruhe gefunden hatte unter den Mango- 
bäumen am Meeresufer. 
Sein einsames Grab am Strande von Bata 
wird erhalten bleiben als ein Denkmal für die 
vielen Eingeborenen Kameruns, die ihren deutschen 
Herren aus freiem Willen in die Fremde nach-
	        
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