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tan haben, weiß darum noch kein Mensch. Wer
die Neger kennt, wird solche Huldigungen nicht
allzuhoch veranschlagen. Nicht hoch genug aber
kann er die Treue der Farbigen bewerten, die
auch im Unglück zu ihren Herren stehen und
mit ihnen alle Leiden der Verbannung gern und
willig teilen wollten.
Während die Soldaten, die mit ihrem zahl-
reichen Familienanhang eine Schar von über
16000 Köpfen ausmachten, nach kurzem Auf-
enthalte an der spanischen Küste nach Fernando
Po hinübergeschafft wurden, um sich dort für
den weiteren Aufenthalt einzurichten, blieben die
nicht zur bewaffneten Macht zählenden 1600 Jaun-
des und sonstigen Eingeborenen zunächst noch auf
dem Festlande südlich von Bata am Strande
wohnen. Zu ihnen gesellten sich in den nächsten
Wochen noch einige Hundert ehemaliger Diener
von Europäern, farbiger Beamter und Träger.
Der spanische General-Gouverneur hatte all
diesen Auswanderern alsbald nach ihrem Ein-
treffen zugesichert, daß sie volle Gastfreundschaft
des Landes genießen würden, und daß niemand
von ihnen gegen seinen Willen gezwungen werden
sollte, vor Ende des Krieges nach Kamerun zu-
rückzukehren. In der entgegenkommendsten Weise
stellte die spanische Verwaltung in Bata den Leuten
das Land zur Verfügung, hielt ihre eigenen Ein-
geborenen zur Lieferung von Verpflegung an,
lieh den Kamerunern die zum Bau ihrer Häuser
und zur Anlage ihrer Farmen notwendigen Ge-
räte, kurz, tat alles, was sie tun konnte, um das
Los der von den Mühen und Entbehrungen des
langen Marsches erschöpften und entkräfteten
Farbigen zu erleichtern. Sie sollten indessen so-
bald noch nicht zur Ruhe kommen: Mit Rückficht
auf die Unfruchtbarkeit des Küstenlandes, auf die
schlechten Wasserverhältnisse und auf das ungesunde
Klima beschloß die spanische Regierung im April
1916, nach und nach alle Kameruner Eingeborenen
nach Fernando Po zu bringen, und führte diese
Übersiedelung in den nächsten 4 Monaten durch,
so daß endlich im Juli 1916 alle die langersehnte
Unterkunft auf der Insel gefunden hatten.
Aber gerade der Aufenthalt an der Bata-
küste voller Unruhen und Ungewißheit, voller
Entbehrungen und Krankheiten, ist besonders
ehrender Erwähnung wert als die letzte und härteste
Anforderung an das Vertrauen der Eingeborenen
u ihren deutschen Herren, als die schwerste und
öugleich schönste Probe ihrer Treue.
Schon im Laufe der ersten 2 Monate hatten
die Leute aus dem mit dichtem Gestrüpp be-
wachsenen Gelände am Meeresufer mit den aller-
einfachsten Werkzeugen, mit Beilen, Axten und
Haumessern aus den Hölzern und Blättern des
Busches eine freundliche Niederlassung geschaffen,
mit saubern Hütten, Europäerwohnungen, Kranken-
haus und mit jungen Farmanlagen rings um die
Gehöfte herum (s. Lageplan). Bei all ihrem
Schaffen hatten sie monatelang unter dem
quälendsten Hunger zu leiden. Davon wußten
ihre deutschen Herren so gut zu erzählen wie der
spanische Untergouverneur und die Kaufleute in
Bata. Die unermüdliche Arbeit und Sorge der
spanischen und deutschen Beamten, wenigstens die
allernotwendigste Verpflegung zu beschaffen, ist
gleicher Bewunderung wert wie die Geduld und
Ausdauer der Hungernden, die ohne Murren und
laute Klagen entbehrten und ausharrten, die alle
auf die Überfahrt nach Fernando Po hofften, die
aber nie der Versuchung unterlagen, nach Kamerun
zurückzukehren. Die 2000 Menschen waren zu
verpflegen in einer Gegend, deren Eingeborenen-
bevölkerung vom Fischfang lebte und nur das an-
baute, was sie selbst zum Leben gebrauchte. Die
Vorräte der Faktoreien in Bata waren von den
durchziehenden Soldaten und Trägern längst er-
schöpft; aus Fernando Po, wo 16000 neue An-
kömmlinge leben wollten, war auch nichts zu haben;
die fabelhaftesten Preise wurden für die spärlich
angebrachten Landeserzeugnisse gefordert; die erste
Maisaussaat reifte einer kümmerlichen Ernte zu,
als gerade die letzten Ansiedler nach der Insel
verschifft wurden. Jeder Abschub von Leuten
mit dem kleinen Dampfer wurde lebhaft begrüßt,
weil er jedesmal einige Hundert Esser weniger
zurückließ. So wurde es mit der Verpflegung
erst leidlich, als die größere Hälfte hinübergeschafft
worden war. Aber die durch die widrigen Ver-
hältnisse begünstigten Krankheiten ließen kaum nach
und forderten bis zuletzt ihre Opfer: Eines Mannes
mag darunter besonders gedacht werden, des
Ekaba-Häuptlings Nanga-Eboko, der mit starker
Hand zwei Jahrzehnte hindurch in fast unum-
schränkter Selbständigkeit sein weites Staatsgebiet
beherrscht, der durch sein Dasein allein die um-
wohnenden Stämme in Zucht und Ruhe gehalten,
der während des Krieges seine Hilfskrieger ins
Feld gegen den Feind geschickt, der getreulich bis
zuletzt seinen Mann gestanden hatte und schließlich
seinen deutschen Herren in die Verbannung ge-
folgt war. Dieselbe straffe Ordnung wie bei ihm
zu Hause in seiner Heimat herrschte auch in seinem
rasch aus der Wildnis heraus geschaffenen Wohn-
sitz am Batastrand; dieselbe Zucht herrschte dort
weiter, in scheuer Achtung gepflegt, als Nanga-
Eboko selbst die Augen für immer geschlossen und
seine letzte Ruhe gefunden hatte unter den Mango-
bäumen am Meeresufer.
Sein einsames Grab am Strande von Bata
wird erhalten bleiben als ein Denkmal für die
vielen Eingeborenen Kameruns, die ihren deutschen
Herren aus freiem Willen in die Fremde nach-