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fremder Kolonialvölker über deutsche Eingeborenen-
erziehung, denen es nichts schaden würde, wenn
sie zunächst erst einmal bei den auf Fernando Poo
untergebrachten farbigen Soldaten Kameruns
wenigstens äußerliche Sauberkeit lernen würden.
Um die Hölzer, Rinden, Palmblätter und
Rippen zum Bau ihrer Häuser herbeizuholen,
waren die Soldaten vielfach tagelang unterwegs
gewesen; und nicht nur für ihre eigenen Woh-
nungen hatten sie die Baustoffe weit her beschaffen
müssen, auch für die Europäerhäuser und für alle
möglichen Dienstgebäude, Waschhäuser, Schuppen,
Abortanlagen, Werkstätten und Pferdeställe, die
je nach Bedürfnis bei den Soldatendörfern er-
richtet wurden.
Von den Häusern der Deutschen bei den
Kompagnien waren einige auf Pfahlrosten aufgebaut;
anfänglich hatte dazu ein deutscher Zimmermeister
aus Santa Isabel die Pfähle und Fußböden ge-
liefert, nachher wurden Balken und Bretter von
den Kompagnien selbst geschnitten und hergerichtet.
Bei der Anlage der Europäerhäuser kam auch
der Geschmack ihrer Erbauer und Bewohner zur
Geltung; Gemüse= und Ziergärten wurden rings-
herum angelegt, wo es der Platz erlaubte, und
so trugen die Wohnungen der Deutschen ganz
wesentlich dazu bei, das Landschaftsbild freundlich
und mannigfaltig zu beleben. Am schönsten waren
wohl die Anlagen am Strande mit den Häusern
der Lagerleitungen und der Offiziersmessen. Dort
war ehedem die trostloseste Einöde des Urwaldes,
der bis an die vom Wasser zerklüfteten und zer-
nagten steilen Uferränder heranreichte. Ein herr-
licher Garten zog sich dort einige Monate später
500 m längs der See hin, landeinwärts allmäh-
lich in das nutzbare Land der Kompagnie über-
gehend. Durch Pfahldämme, Steinmauern und
Sandaufschüttungen waren die Ufer befestigt und
boten so den ansehnlichen, geräumigen Häusern
einen festen, dauerhaften Untergrund. Künstlerisch
angeordnete Beete voll Blumen und Ziersträucher
umgaben die einzelnen Wohnungen; einzelne
Bäume mit breiter, schattiger Krone hoben sich
malerisch von dem blauen Meere ab, in dessen
friedlicher kleiner Bucht einige stattliche seetüchtige
Kanus, die Werke der eingeborenen Soldaten aus
den stärksten Stämmen des geschlagenen Urwaldes,
schaukelten. Unter all' den Häusern am Strande
ragte eines durch Größe und Ansehnlichkeit be-
sonders hervor: die ehemalige Messe der deutschen
Offiziere, die sich allerdings nur kurze Zeit ihres
geräumigen und wohnlichen Erholungsheimes er-
freuen durften. Sie erstand, als alle anderen
Arbeiten des Lagers beendet, als die Soldaten
zur Ruhe gekommen waren, und als nach acht
Monaten saurer Arbeiten die deutschen Offiziere
Muße fanden, auch einmal ein Werk zu schaffen,
bei dem an Stelle der Zweckmäßigkeit, gefällige
Form und künstlerische Anordnung frei walten
durften. Die Freude an diesem Schaffen sollte
der Hauptgewinn des Messehauses bleiben: Wenig
Wochen nach seiner Vollendung mußten die meisten
von denen, die dort Geselligkeit und Erholung
finden wollten, Fernando Po verlassen.
Das Lager III im Osten der Stadt Santa
Isabel entstand auf einem hügeligen, von tiefen
und breiten Schluchten durchzogenen Gelände,
das von mehreren gänzlich verkommenen Farmen
und weiter landeinwärts von dichtem Urwald ein-
genommen war. Zu einem zusammenhängenden
geschlossenen Lager für alle 4 Kompagnien bot
das zur Verfügung gestellte Land keinen Raum.
Ursprünglich war dafür die Puentefarm in Aus-
sicht genommen, die im Norden ans Meer
grenzend, sich in südwestlicher Richtung zwischen
2 tief eingeschnittenen Flußläufen etwa 500 m
weit bei ungefähr gleicher Breite landeinwärts
erstreckte. Auf dem überaus günstigen Gelände
kanden aber nur 2 Kompagnjen (die 9. u. 11.)
Platz; eine (die 10.) siedelte sich weiter südlich
an, durch eine breite Mulde von der Puentefarm
getreunt, auf einer hoch gelegenen Fläche im Ur-
wald; die 12. Kompagnie endlich fand beinahe
eine halbe Stunde weiter ostwärts im Busch, ans
Meeresufer grenzend, ihr Unterkommen.
Das äußere Ansehen der einzelnen Kompagnien
ähnelte im wesentlichen dem der Lager I und II.
Den eigentlichen Soldatendörfern der 9. und
11. Kompagnie fehlte jeder landwirtschaftliche
Reiz, da das Gelände vorher mit dornigem Ge-
strüpp und verkrüppelten Bäumen bestanden war,
Pfützen, Löcher und Haufen von Scherben und
sonstigem Unrat aufwies, und erst nach voll-
ständiger Säuberung mit Axt, Hacke, Spaten und
Feuerbrand zum Bau menschlicher Behausungen
einigermaßen brauchbar wurde. Nach der See zu
war die Farm mit größeren Bäumen bestanden,
so daß dort Gartenanlagen und Europäerhäuser
dasselbe abwechslungsreiche Bild boten wie am
Strande der Lager I und II. An Sümpfen und
Bodenunebenheiten war die Farm überall gleich
reich gewesen. Wochenlang hatten Hunderte von
Soldaten vom Meeresstrand Sand und Steine
schleppen müssen, um durch das Sumpfgelände
auch nur einen gangbaren Weg hindurchzuführen,
und Monate vergingen mit der gleichen Arbeit,
um die allenthalben verbreiteten übelriechenden
Wasserlachen zuzuschütten und überall trockenen,
ebenen Boden zu schaffen. Auf der Ost= und
Westseite siel das Gelände nach den Wasserläufen
zu an 15 m fast senkrecht ab. Die gegenüber-
liegenden Ufer stiegen dagegen ganz allmählich
zur gleichen Höhe an und bildeten ausgedehnte
Hänge. Die beiden Täler, die so zu beiden Seiten