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ist, für diejenigen Beamten zu sorgen, die infolge der
Auflösung des Amtes dort nicht mehr tätig sein können,
dann dürfte das an erster Stelle gerade für die Be-
amten des Reichskolonialministeriums zur Geltung
kommen. Das ist um dessentwillen in erhöhtem Maße
der Fall, weil die Beamten des Reichskolonialmini-
steriums zum weitaus größten Teile in den Kolonien
selbst tätig gewesen sind und dort trotz der klimatischen
Einflüsse und unter Uberwindung vielfacher Schwierig-
leiten mit Eifer und Erfolg für das Reich gearbeitet
haben. Diese ihre treue Täligleit, für die ich ihnen
an dieser Stelle aufrichtig danke, verdient eine ent-
sprechende Anerkennung durch das Reich.
Meine Damen und Herren! Wenn ich aus dem
Aufgabenkreise des Reichskolonialministeriums nur zwei
Arbeitsgebiete heute herausgreise, so geschieht es um
dessentwillen, weil im übrigen der Vortrag des Herrn
Berichterstatters erschöpfend war und ein getreues
Spiegelbild über die ausgiebigen Verhandlungen des
Hauptausschusses gab. Es wird zunächst die Aufgabe
des Reichskolonialministeriums sein, die Durchführung
des Gesetzes betreffs der Liquidationsschäden herbei-
zuführen. Dem Reichstage dürfte bekannt sein, daß
nach dem Friedensvertrage, der ja unsere Kolonien
und besonders auch die Kolonialdeutschen so überaus
hart und ungerecht getroffen hat, die neuen Besitzer
unserer Kolonien berechtigt sind, alles deutsche Eigentum
zu liquidieren. Umgekehrt legt der Friedensverlrag
Deutschland die Verpflichtung auf. die betroffenen
Personen schadlos zu halten. In Ausführung des
Friedensvertrages ist bereits ein Gesetz verabschiedet
worden, das diese Liquidationsschäden betrifft. Die
Abwicklung der aue diesem Gesetz zu befriedigenden
Ansprüche liegt dem Reichskolonialministerium ob, und
Sie werden es begreiflich finden, daß bei der beträcht-
lichen Angahl sehr verwickelter Ansprüche damit cine
geitraubende und mühevolle Arbeit verknüpft ist.
Außerdem aber ist die Vergütung der eigentlichen
Kriegsschäden an die Kolonialdentschen beabsichtigt.
Sie wissen, in welch schwerer Weise die Kolonial=
deutschen durch den verlorenen Krieg an ihrer Habe
betroffen worden sind. Sie erinnern sich auch, daß
der Reichstag bereits im Verlaufe des Krieges, und
Zwar schon vor mehreren Jahren, die Einbringung
eines Gesetzes zur Entschädigung der Kolonialdeutschen
in Aussicht genommen hat.
In den Kreisen der Kolonialdeutschen ist nach den
Mitteilungen aus der Presse und nach sonstigen an
uns gelangten Nachrichten eine weitgehende Bennruhi-
gung darüber eingetreten, ob und in welchem Umfang
das Reich seiner Verpflichtung zur Schadloshaltung
nachkommen werde. Ich glanbe, unsere Kolonial=
deutschen, die einen berechtigten Anspruch auf Schadlos-
haltung haben, darüber beruhigen zu können. Nach
eingehenden und gründlichen Vorberatungen, die im
Reichskolonialministerium stattgesunden haben, ist ein
Gesetzentwurf über die Entschädigung der Kolonial=
alle Einzelvorschriften geben.
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dentschen fertiggestellt worden. Dieser Gesetzentwurf
wird die Nationalversammlung voraussichtlich in nächster
Zeit beschäftigen. Er gehört zu denjenigen Vorlagen,
die nach Auffassung der Reichsregierung als dringlich
gelten und der baldigen Verabschiedung durch die
Nationalversammlung harren. Gewiß werden wir bei
Verabschiedung dieses Gesetzes auf die überaus traurige
Finanzlage des Reichs die nörige Rücksicht nehmen
müssen. Unter dem schmerzlichen Drucke dieser Not-
lage verkennen wir leineswegs, daß mit Einbringung
und Durchführung des lolonialen Entschädigungs-
gesetzes manche Enttäuschung Beschädigter unausbleib-
lich verknüpft sein wird. Aber das glaube ich zu-
sichern zu können, daß wir bei Festlegung des Gesetz-
entwurieo die Schäden der Kolonialdentschen unter
sorgsamer Abwägung aller in Betracht kommenden
Verhältnisse so weit auszugleichen bestrebt waren, alo-
dies mit der Finanzlage irgendwie verträglich ist.
Wir werden dem Reichstage nach Einbringung des
kolonialen Entschädigungsgesetzes nähere Auslunft über
Ich knüpfe daran die
Hoffnung, daß die Befürchtungen der Kolonialdeutschen.
sie würden vom Reiche im Stich gelassen werden, durch
meine Erklärung ausgeräumt werden mögen.
Meine Damen und Herren! Ich hatte bei Dar-
legung der Aufgaben, die dem Reichskolonialministerium
in Liquidation noch bevorstehen, auf die Ausführung
des Friedensvertrags verwiesen. Nur ungern was
Sic ohne weiteres begreifen werden — komme ich auf
diesen Friedensvertrag zurück. Er ruft in uns gewiß
überaus bittere und schmerzliche Erinnerungen wach.
Ich habe auch bereits in Weimar bei Gelegenheit einer
Aussprache über die kolonialen Ansprüche mich in der
Nationalversammlung eingehend mit der Frage be-
schäftigt, ob und wieweit etwa die gegen uns von der
Entente in beaug auf unsere Kolonialgebarung gerich-
leten Vorwürfe berechtigt seien. Ich kann auf die
damaligen Verhandlungen verweisen und würde nicht
darauf gurücklommen, wenn nicht ein besonderer Aulaß
dies nötig machte. Sie werden sich erinnern, daß die
gewaltsame Wegnahme unserer Kolonien nicht etwa
vom Machtstandpunkte damit begründet worden ist.
daß der Sieger das Recht habe, über das Land des
Besiegten zu versügen, sondern unter dem Deckmantel
des Rechts und der Gerechtigkeit ist der unlengbare
Kolonialraub mit dem Scheingrunde verschleiert worden,
daß wir durch unsere gesamte kloloniale Gebarung
insbesondere durch unsere Eingeborenenpolitik, den An-
spruch auf kolonisatorische Tätigkeit, auf die nur den
Kulturstaaten gebührende zivilisatorische Mitarbeit
dauernd verwirkt hätten. Meine Damen und Herren?
Gegen diesen ungehenerlichen, aber zugleich durchaus
ungerechten Vorwurf müssen wir vom Standpunkt
unserer nationalen Ehre aus mit aller Entschiedenheit
Protest einlegen. (Lebhafte Zustimmung.)
Dieser Vorwurf ist auch nach Abschluß des Friedeno=
vertrags von dem fran zösischen Kolonialminister Simon