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wiederholt worden. Er hat jüngst in der Deputierten-
kammer erklärt, daß die Alliierten bei der Verjagung
der Deutschen aus ihren Kolonien gegenüber der miß-
handelten Bevölkerung ihre Pflicht als Beschützer er-
füllten. Der Minister Simon hat in dieser Rede auch
den deutschen Kolonialterror besonders hervorheben zu
sollen geglaubt und dann an die Massakres unter den
Hereros mit dem Hinzusügen erinnert:
Ich brauche nicht die deutschen Methoden in den
Kolonien hervorzuheben. Es genügt, die Methoden
anzusehen, die die Deutschen in den besetzten Ge-
bieten angewendet haben, denn es sind dieselben.
Eigenartigerweise ist der Herr Rolonialminister Simon
in dieser Rede auch darauf zu sprechen gekommen, daß
die großen Landstriche von Togo und Kamernn, die
Frankreich erhalte, für Dahomé und den Rongo von
großem Werte seien. Ich glaube, diese wirtschaftlichen
und finangiellen Erwägungen waren nach seiner eigenen
UÜberzgeugung durchschlagender als seine von der hohen
Warte der Moral und des Rechts fadenscheinig vor-
gebrachte Begründung des Ranbes deutschen Kolonial-
besitzes. (Sehr richtig!)
Im übrigen moöchte ich an dieser Stelle nicht noch
einmal hervorheben, wie schwer gegen das Wilsonsche
Programm, das als Grundlage des Friedensvertrags
ausdrücklich vercinbart worden war, durch die Alliierten
verstoßen worden ist, und wie rücksichtslos namentlich
der Punkt 5, wonach eine freic, aufrichtige und unbe-
dingt unparteiische Schlichtung aller kolonialen An-
sprüche erfolgen sollte, beiseite geschoben worden ist.
Aber, meine Damen und Herren, angesichts dieser
in der frangösischen Deputiertenkammer erneut erho-
benen Vorwürfe, daß wir die Wegnahme deutschen
Kolonialbesites durch unsere brutale Eingeborenen-
politik verdient hätten und daß wir dauernd auszu-
schalten seien aus dem Kreise der Zivilisation und
Kolonialpolitik treibenden Völker, darf ich zunächst
darauf verweisen, daß in der nämlichen Sitzung der
französischen Deputiertenkammer der Abgeordnete Ernest
Lafont im Namen der sozialistischen Kammerfraktion
folgende Erklärung verlesen hat:
Durch die Aufteilung der deutschen Kolonien, die
unter dem Deckmantel eines Mandats des Völker-
bundes vollgogen worden ist, beraube man Deutsch-
land kostbarer Absatzguellen und unumgänglich
nötiger Rohstoffbezugsanellen, und zwar in dem-
selben Augenblick, in dem man alle finanziellen
Hoffnungen des Friedensvertrags auf die Ent-
faltung seines materiellen Aufschwungs setze. Das
sei ein schlechtes Geschäft und eine schlechte Hand-
lung zugleich.
Leider haben diese sehr verständigen und der Sachlage
entsprechenden Ausführungen des Abgecordneten Lafont
ihre Wirkung auf die französische Deputiertenkammer
verfehlt, obgleich der nämliche Grundgedauke in einer
Reihe von hochbeachtlichen Kundgebungen und Preß-
erörterungen nentraler Länder wiedergeklungen ist.
*—
Indessen, meine Damen und Herren, wir sind
gegenüber der umunterbrochen fortgesetzten systematischen
Irreführung der öffentlichen Meinung und namentlich
gegenüber den mit bodenlosen Beschuldigungen ver-
knüpften Tendenzen, die Notlage des der feindlichen
Übermacht nach vierjährigem ehrenvollen Kampfe
schließlich erlegenen deutschen Volks durch seine Aus-
stoßung aus den Kulturnationen auszunuten, in der
Lage und es zu unserer Ehrenrettung uns selbst
schuldig, uns außer bedeutsamen Auslassungen des
Auslands auf die klassischsten Zzeugen für unsere Ein-
geborenenpolitik, nämlich auf die Eingeborenen selbst,
zu berufen.
Die Tatjiache darf ich als bekannt voraussetzen,
wenngleich sie geflissentlich von gewissen Kreisen des
gegnerischen Auslandes verschwiegen worden ist, daß
die nämlichen Eingeborenen, die wir nach Angabe der
Entente so mißhandelt haben sollen, uns im Rriege
bis zum letzten Augenblicke treu geblieben sind. (Hört!
hört! und Sehr wahrl)
Wie wäre es mit der uns zur Last gelegten
schlechten Eingeborenenpolilik, einer solch brutalen
Mißhandlung der Eingeborenen in Einklang zu bringen,
wenn diese nämlichen Eingeborenen, die doch im Laufe
der Zeit erkennen mußten, daß sie für eine verlorene
Sache kämpften, trotzdem sich opferwillig unter die
deutschen Fahnen gestellt und die deutschen Schutz-
truppen gegenüber dem Feinde aufs nachdrücklichste
unterstützt haben? (Sehr wahr!) Das gilt von allen
in Betracht kommenden Kolonien, es gilt von Ostafrika,
es gilt auch von Südwestafrika, und es gilt nicht an
letzter Stelle von Kamerun. Die opfermutige und
erfolgreiche Hilfe, die besonders unsere ostafrikanische
Heldenschar unter der trefflichen Führung des Generals
v. Lettow-Vorbeck fand, hat die gerechte Bewunderung
der ganzen Welt erregt.
In den letzten Tagen sind mir von zuständiger
Stelle aus Kamernn Mitteilungen gemacht worden,
die in ihren Einzelheiten auch mir neu gewesen sind
und die mir so beachtlich erscheinen, daß ich sie heute
der breitesten Offentlichkeit mitteilen möchte. Wenn
die Franzosen und wenn auch andere Kreise der En-
tente immer noch versuchen, nicht nur im Parlament.
sondern auch in ihren Preßorganen zur Beeinflussung
der gesamten Offentlichkeit und insbesondere der Neu-
tralen Stimmung zu machen gegen uns durch Schauer-
berichte über unsere Behandlung der Eingeborenen,
so möchte ich dem gegenüber im Anschluß an meine
früheren Darlegungen über unsere Eingeborenenpolitik
in Ostafrika, in Südwestafrika und in den anderen
Kolonien ganz besonders auf Vorgänge verweisen, die
sich während des Krieged in Kamerun abgespielt haben.
Dabei glaube ich vorweg zur Illustration der von der
Entente gegen uns erhobenen Vorwürfe noch darauf
hinweisen zu sollen, daß eine Reihe sehr beachtlicher
Zeugnisse aus den Kreisen der Entente sich gefunden
hat, die in ihrer Zusammenstellung ein ganz anderes