Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

78 8 73. Das Post- und Telegraphenwesen. 
die Postboten. Diese Befreiung findet nicht bloß an den Staatsstraßen 
statt, sondern auch gegen die zur Erhebung solcher Abgaben berech- 
tigten Korporationen, Gemeinden oder Privatpersonen, jedoch unbe- 
schadet wohl erworbener, d. h. auf speziellem Rechtstitel beruhender 
Rechte). 
b) Der Telegraphenverwaltung wurde durch einen Bun- 
desratsbeschluß vom 25. Juni 1869?) die Berechtigung eingeräumt, die 
öffentlichen, unter staatlicher Verwaltung stehenden Straßen 
zur Anlage von oberirdischen und unterirdischen Telegraphenlinien 
unentgeltlich zu benutzen, soweit dies ohne Behinderung des Straßen- 
verkehrs tunlich ist. Dem Bundesrat fehlt zwar die Zuständigkeit, 
Rechtsvorschriften mit verbindlicher Kraft über diese Materie zu er- 
lassen; der erwähnte Beschluß wurde aber als eine unter allen Bundes- 
regierungen getroffene Vereinbarung angesehen und war als solche 
für sie bindend. Dazu kamen andere Verträge, welche die Reichstele- 
graphenverwaltung mit einzelnen Bundesregierungen geschlossen hatte. 
Das Telegraphengesetz 8 14 erhielt diese Bestimmungen in Kraft, ohne 
sie zu erweitern. Sie waren, abgesehen von dem Mangel der Ge- 
setzeskraft, auch materiell ungenügend, da sie sich auf Gemeindewege 
und die nicht unter Staatsverwaltung stehenden Wege sowie auf Privat- 
grundstücke nicht bezogen, insbesondere dem Bedürfnis hinsichtlich 
der Anlage von Fernsprechleitungen in den Städten nicht entsprachen. 
Auch fehlte es an Bestimmungen über die gegenseitigen Ansprüche 
und Pflichten der Telegraphenverwaltung und der Wege- und Grund- 
stückseigentümer. Diesem Mangel wurde abgeholfen durch das Tele- 
graphenwegegesetz vom 13. Dezember 1899°). Durch 
dieses Gesetz wurde den drei deutschen Telegraphenverwaltungen so- 
wie der Militär- und Marineverwaltung für die für ihre Zwecke her- 
gestellten Telegraphenlinien *) die Befugnis eingeräumt, die Verkehrs- 
wege zu benutzen, soweit nicht dadurch der Gemeingebrauch der Ver- 
kehrswege dauernd beschränkt wird (8 12)°). In wessen Eigentum 
und Verwaltung die Verkehrswege stehen, macht keinen Unterschied °). 
1) Postgesetz vom 28. Oktober 1871, 8 16. Den ordentlichen Posten gleich- 
gestellt sind Personenfuhrwerke, welche durch Privatunternehmer eingerichtet 
und als Ersatz für ordentliche Posten ausschließlich zur Beförderung von Reisen- 
den und deren Effekten und von Postsendungen (also nicht von anderen 
Frachtgütern) benutzt werden. Vgl. Dambach S. 149. 
2) Abgedruckt im Amtsbl. des Reichspostamtes 1882, S. 102 und im Handbuch £. 
Post u. Telegr. Berlin 1886, S. 232 ft. 
3) Auf Grund der im 8 18 dieses Gesetzes enthaltenen Ermächtigung hat der 
Reichskanzler mit Zustimmung des Bundesrats Ausführungsbestimmungen vom 26. Ja- 
nuar 1900 erlassen, welche im Reichsgesetzbl. S. 7 verkündigt sind; sie haben den 
Charakter von Rechtsvorschriften. Ausgaben des Gesetzes mit Erläuterungen 
sind erschienen von Schelcher, Leipzig 1900 und v. Rohr, Berlin 1900. 
4) Gesetz 8 16, 17. 
5) Vgl. Aron, Annalen des D. R. 1904, S. 311 ff. 
6) „Als Verkehrswege im Sinne dieses Gesetzes gelten, mit Einschluß des Luft-
	        
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