8 2. Staatsrechtliche Stellung der Gberlausitz von 1635— 834. 9
Einheit über den einzelnen Gebieten, den Begriff der Union aus—
schloß. So auch Kursachsen. Dasselbe bestand aus den verschieden-
artigsten LCändern: Kreislande, Oberlausitz 2c. mit den verschiedenartigsten
Derfassungen, und doch verband die Herson des einen Herrschers das
buntscheckige Durcheinander zu einem Gesammtbegriff der kursächsischen
Lande. Daß dieser Gesammtdbegriff existierte und auch auf die Ober-
lausitz ausgedehnt wurde, dafür würden sich zahlreiche BZelege finden
lassen. Ich führe hier nur das Staatsrecht von Römer an, welches
die Oberlausitz genau so, wie alle anderen Teile Sachsens als eines
der „chursächsischen Länder“ behandelt. Staatscharakter im heutigen
Sinne kann man diesem Gesammtbegriff wohl schwerlich beilegen.
Er ist nur ein Ausdruck für die Thatsache, daß Länder, welche an
sich nicht als Glieder eines Staates nebeneinanderstehen, durch die
Derson eines Herrschers verbunden, dennoch diesem herrscher gegen-
über als Glieder eines Ganzen, ja in gewissem Sinne als Drovinzen
erscheinen. Trur in diesem letzteren Sinne konnte die Oberlausitz (so
im Generalgouvernementsblatt für Sachsen) als Drovinz bezeichnet
werden. Daß die Oberlausitz infolge des Traditionsrezesses und ihrer
althergebrachten Derfassung eine ganz besondere Stellung in dem Ge-
füge der Sächsischen Lande besaß, ändert nichts an der Thatsache, daß
sie Glied dieses Gefüges war. Eine solche Gliedstellung verbot auch
die Oberlehnsherrlichkeit Zöhmens nicht. Unsere heutigen logischen
Konstruktionen des Staates versagen, wenn wir mit ihnen diese Rechts-
zustände alter Seit erfassen wollen. Unter welchen Schulbegriff ihre
Staatsgebilde zu fallen hätten, war unseren Altvordern wohl ziemlich
gleichgültig. Ihnen lag die praktische Ausgestaltung des Staates
näher, als die theoretische Konstruktion desselben. — Wenn wir nun
noch einer passenden Bezeichnung für die eben dargelegte Stellung der
Oberlausitz innerhalb des sächsischen Derbandes suchen, so werden wir
am besten fahren, wenn wir sie ein „Land“ nennen. Als ein Staat
für sich kann sie nicht wohl bezeichnet werden.