$ 34. Wirkungen der Enteignung. 49
Unter Umständen schiebt aber das Gesetz den Eintritt jener
eigentlichen Wirkung selbst hinaus bis zur Erfüllung einer be-
sonderen Bedingung, bis zur Erledigung der Entschädigungsfrage
nämlich; davon unten II n. 2. Dann ist allerdings auch die Voll-
endung der Enteignung so lange noch nicht eingetreten.
Die Möglichkeit einer Anfechtung des Enteignungsausspruches
und seiner Wiederaufhebung tut an sich der Vollendung
keinen Eintrag; das Gesetz müßte denn sein Wirksamwerden mit
Rücksicht auf diese Möglichkeit noch hinausgeschoben haben. Die
Aufhebung in diesem Verfahren bedeutet aber dann gegebenenfalls
eine Beseitigung mit rückwirkender Kraft*®.
ö. Die Eigentumsbegründung durch den Öffentlichrechtlichen
Enteignungsausspruch ist nicht bedingt durch Eintragung in
das Grundbuch. Wenn das Gesetz der Enteignungsbehörde
vorschreibt, die Eintragung von Amts wegen zu veranlassen, so ist
das eine bloße Ordnungsmaßregel 1.
" Wo das Gesetz über eine Anfechtung und Zurücknahme nichts bestimmt,
versteht sich die Möglichkeit einer Wiederaufhebung des Enteignungsausspruches
durch die Enteignungsbehörde oder ihre Vorgesetzten nicht von selbst. Seydel,
Pr. Ent.Ges. 8. 242, begründet das damit, daß die „tatsächlich eingetretene Rechts-
wirkung des Eigentumsübergangs durch einen Beschluß ebensowenig rückgängig
gemacht werden kann wie etwa ein rechtskräftiges Urteil durch einen Beschluß
der Spruchbehörde.“ Allein von Rechtskraft ist hier keine Rede. E ger, Pr. Ent.-
Ges. II S. 355, erklärt eine Aufhebung der Enteignungserklärung im Verwaltungs-
wege für unzulässig, weil das -Gesetz dergleichen nicht vorsieht, und im Rechts-
wege ebenso, weil „das enteignete Grundstück durch den Enteignungsbeschluß
fes extra commercium wird“. Allein auch von res extra commercium ist hier auch
keine Rede. Der Rechtsweg ist vielmehr ausgeschlossen, weil die Rückgängig-
machung eines Verwaltungsaktes keine bürgerliche Rechtsstreitigkeit ist. Die
Verwaltungsbehörden aber sind gebunden durch das entstandene Eigentum, in
welches einzugreifen durch Zurücknahme seines Begründungsaktes sie eines be-
sonderen Rechtsgrundes bedürften. Von solcher Gebundenheit würden sie sich nur
befreien können durch die Feststellung einer rechtswidrigen Entstehung des be-
gründenden Verwaltungsaktes, des Enteignungsausspruches, nach den gleichen
Regeln, nach welchen auch die bindend gewordene Polizeierlaubnis zurückgenommen
werden kann. Vgl. oben Bd. I S. 266 f.
*! Schelcher im Wörterb. d. St. u. V.R. I S. 722. — Nach Pr. Ent.Ges.
38 hat die Enteignungsbehörde gleichzeitig mit der Enteignungserklärung um
die Eintragung zu ersuchen, obwohl erst mit deren Zustellung der Eigentums-
wechsel eich vollzieht ($ 44). Das hat man absichtlich so vorgeschrieben, damit
die Eintragung ja nicht vergessen wird (Eger, Ent.Ges. II S. 366 ff). Das würde
dem Dritten zu Schaden gereichen, der vor der Zustellung Rechte an dem Grund-
stück erwirbt; sie würden durch die ursprüngliche Kraft der Enteignung zerstört
(rgl. oben Note 9); nach der Zustellung wäre es anders (vgl. unten Note 22). —
Schelcher, Sachs. Ent.Ges. S. 26, bemerkt gegen mich: „Erwirbt der Unter-
Binding, Handbuch. V1.2: Otto Mayer, Vorwaltungsrecht. II. 2. Aufl. 4