100 Auf den Kriegsschauplätzen
standen oder die Franzosen in deutsches Gebiet eindrangen, konnten einige
Vorbereitungen des französischen Nachrichtendienstes zur Tat werden.
Auf Grund vorbereiteter Listen wurden deutschgesinnte Einwohner verhaf-
tet und nach Frankreich verschleppt. Eine ganze Anzahl Elsaß-Lothringer
traten nach Frankreich über und verstärkten den französischen Nachrichten-
dienst. So fuhr ein Militärkraftfahrer, ein Fabrikantensohn aus dem
Broischtal, nach vollendetem deutschen Aufmarsch, den er in seiner
militärischen Eigenschaft genau kennengelernt hatte, über den Donon in
französisches Gebiet. Später tauchte er als französischer Nachrichten-
offizier in der Schweiz auf. Die Elsaß-Lothringer stellten dem Feind
von Kriegsbeginn an eine so überraschend große Zahl von Spionen, daß
von der Obersten Heeresleitung ihre Verwendung in allen Stellen, die
ihnen Einsicht in wichtige Dinge ermöglichte, verboten werden mußte.
Außer von der Bevölkerung war der südliche Flügel auch unmittelbar
durch die Spionage aus der Schweiz bedroht. Obgleich die Behörden in
Elsaß-Lothringen einigermaßen auf den Kampf mit der Spionage ein-
gespielt waren, war es doch schwer, sie sowohl bei Kriegsausbruch, wie
späterhin zu unterbinden. Trotzdem das Operationsgebiet gegen die
Schweiz durch einen bewachten Stacheldrahtzaun abgesperrt wurde, trotz-
dem die deutsche Landgrenze gegen die Schweiz verhältnismäßig kurz
war, auch die Wassergrenze am Bodensee einen gewissen Schutz bot, so
ist doch während des ganzen Krieges eine starke Spionage zwischen dem
elsässischen Kriegsschauplatz und der Schweiz hin und her gegangen.
Sie wurde dadurch erleichtert, daß an der Grenzabsperrung vier deutsche
Staaten, die Reichslande, Baden, Württemberg und Bayern beteiligt
waren, und es daher einer längeren Zeit bedurfte, ehe das Handeln der
im Frieden selbständigen Polizei der Einzelstaaten in Ubereinstimmung
gebracht werden konnte. Aber gerade als diese erreicht und die Grenz-
absperrung deshalb wirksam wurde, entstanden neue Schwierigkeiten durch
den Widerstand der deutschen Grenzbevölkerung gegen die Unterbindung
des Verkehrs mit der Schweiz. Die nachteiligen Folgen wurden nur da-
durch gemildert, daß der südliche Heeresflügel nicht entscheidend war.
Der Vormarsch des rechten Heeresflügels führte diesen in das Gebiet
des „service de renseignement territorial“ hinein, der gleichzeitig mit
dem „service de renseignement étranger“, der nunmehr hinfällig ge-
worden war, in Frankreich vorbereitet war. Im Mai 1899 hatte der
Ministerpräsident eine geheime Verfügung an die Präfekten erlassen,