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II. Durch verschiedene in der neuesten Zeit vorgekommene unglückliche
Fälle auf die Gefahren aufmerksam gemacht, welchen die israelitischen Kinder
ausgesetzt sind, wenn das Beschneiden derselben solchen Personen anvertraut ist,
welchen es an den dazu erforderlichen Kenntnissen und Fertigkeiten gebricht und
hingesehen auf die, im §. 2 der Medizinal-Ordnung vom 11. Januar 1814
uns zur Pflicht gemachte Abstellung aller Mißbräuche, die dem Leben oder
der Gesundheit nachtheilig werden können, verordnen wir mit besonderer höch-
ster Genehmigung, wie folgt:
. 1.
Das Beschneiden der israelitischen Kinder darf im Großherzogthume von
Niemand verrichtet werden, der nicht durch ein von der zustaͤndigen sanitaͤts-
polizeilichen Behörde (dem Amtö= oder Stadt-Physikus) ausgestelltes Zeugniß
nachzuweisen vermag, daß er die zu dem Geschäfte erforderlichen Kenntnisse und
Fertigkeiten besitzt.
. 2.
Der Beschneidung muß jedenfalls eine Untersuchung des Gesundheitszu-
standes des Kindes hinsichtlich der Zulässigkeit der Operation, sowie auch
des Beschneiders, durch einen zur arztlichen und wundärztlichen Praris Berech-
tigten vorauögehen.
g. 8.
Die Beschneidung selbst darf nur im Beiseyn eines oͤffentlich angestellten
Arztes unternommen werden, welchem auch die Nachbehandlung des Beschnit-
tenen zu uͤberlassen ist.
g. 4.
Geschieht die Beschneidung durch einen zur aͤrztlichen und wundaͤrztlichen
Praxis Berechtigten, so versteht es sich, daß es der Zuziehung eines andern
Arztes nicht bedarf.
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Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen (C.S. 1, 2, 3), sey es von
Seiten der Aeltern oder Pflegealtern der Kinder oder von Seiten der Be-
schneider, werden mit 5 bis 20 Thalern oder entsprechender Gefängnißstrafe
polizeilich geahndet.
g. 6.
Vorstehende Verordnung tritt mit dem 1. Oktober dieses Jahres in Kraft.
Weimar den 6. Mai 1845.
Großherzoglich Sächüsche Landes-Direktion.
von Conta.