Regierungs-Blatt
für das
Großherzogthum
Sachsen-Weimar-Eisenach.
Nummer 8. Weimar. 28. April 1870.
Ministerial-Bekanntmachungen.
Um ein gleichmäßiges, den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Verfahren
in den Fällen zu sichern, wo die Staatsanwaltschaft von der ihr nach Artikel 20
Absatz 2 des Gesetzes über die Presse vom 25. Juli 1868 zustehenden Befugniß,
in dringenden Fällen ohne vorgängige Beschlußfassung des zuständigen Gerichts die
Beschlagnahme von Duuckschriften bezüglich der zu deren Herstellung bestimmten
Platten und Formen durch eine Polizei-Behörde ausführen zu lassen, Gebrauch macht,
wird hierdurch zur Nachachtung für sämmtliche betheiligte Behörden und Beamte
Nachstehendes angeordnet:
1) Gleichzeitig mit der die Ausführung einer Beschlagnahme anordnenden Ver-
fügung an die Polizei-Behörde hat die Staatsanwaltschaft dem zur Führung
der Voruntersuchung wegen des durch die Presse begangenen, die Beschlagnahme-
Verfügung veranlassenden Verbrechens oder Vergehens bereits bestellten oder auf
ihren Antrag von dem zuständigen Kreisgericht alsbald zu bestellenden Untersuchungs-
richter oder dem zuständigen Einzelrichter — soweit nöthig, unter Beifügung eines
Exemplars der in Beschlag zu nehmenden Druckschrift — von der getroffenen Ver-
fügung Mittheilung zu machen und motivirten Antrag auf Bestätigung der getrof-
fenen provisorischen Verfügung zu stellen.
2) Der Untersuchungsrichter bezüglich der Einzelrichter hat über den
gestellten Antrag Beschluß zu fassen und diesen Beschluß unter Angabe der Gründe
sowohl der Staatsanwaltschaft, als der zur Ausführung der Beschlagnahme requi-
rirten Polizei-Behörde, ingleichen entweder durch letztere oder unmittelbar demjenigen,
bei dem die Beschlagnahme ausgeführt worden ist, mitzutheilen bezüglich zu eröff-
nen, und zwar mit thunlichster Beschleunigung und jedenfalls so zeitig, daß we-
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