Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

488 Ernst Rabel. 
Die durchaus verwandte Schulderneuerung durch den Litiskontestationsvertrag wissen 
die Römer selbst von der echten Novation zu unterscheiden 1. Beiden verwandt ist die Ablegung 
des sog. freiwilligen Prozeßeides in jure über das Bestehen einer Forderung, von welchem 
Schwur ab der Prätor nur noch darüber prozessieren läßt, ob geschworen sei 7. 
§ 97. Hingabe einer Forderung an Erfüllungsstatt und erfüllungshalber. Wenn 
A. dem B. 1000 schuldet und B. dem C. 1000, und auf Anweisung des B. der A. dem C. mit 
novierender Stipulation 1000 verspricht, so gehen die bisherigen beiden Obligationen B. gegen 
A. und C. gegen B. unter. Daß A. gegenüber B. befreit wird, beruht entweder auf einem 
Gläubigerwechsel oder auf der Delegation, die als Ermächtigung (iubere) wirkt. Daß aber 
der Altgläubiger B. von seiner Schuld gegen C. befreit wird, kann unmöglich selbständige 
Wirkung der Anweisung sein, sondern nur ihrer Ausführung durch Schuldnerwechsel. Wenn 
man also in dieser Anwendung sagt: Solutionis vicem continet delegatio 3, oder modern 
„Solvit et qui eum delegat“, so ist gemeint, die Novation stehe der Zahlung gleich. 
Aber auch dies ist dem Neugläubiger abträglich, wenn er schließlich keine Befriedigung 
erhält, das moderne Recht sagt daher: Anweisung ist keine Zahlung, sie geschieht nur zum 
Versuch der Eintreibung, erfüllungshalber. Man rechtfertigt den römischen Satz mit der 
Erwägung, daß der antike Gläubiger gern die Stipulation eines Bankiers statt einer Geld- 
summe annahm, die er selbst nicht sicher verwahren konnte ". 
Daneben hat es aber genug Mittel gegeben, um dem Gläubiger eine neue Forderung 
bloß erfüllungshalber zu geben. Der Dritte kann sich dem Neugläubiger auch mit Stipulation 
ohne Novationsklausel verpflichten (schwerlich als nachträglich eintretender Korrealschuldner, 
D. 45, 2, 3 pr. itp.? Eis.-Kr.); und der erstere darf je nach dem pactum mit dem Deleganten 
auf die Forderung gegen diesen zurückgreifen (arg. D. 2, 14, 30, 1). Der Delegant kann mit 
Mandat die Novation auf seine Gefahr nehmen (J. 3, 26, 2). Speziell aber das vermutlich 
aus dem hellenistischen Verkehr stammende, prätorisch geregelte Receptum argentarü s wirkt 
ähnlich wie heute eine Wechselhingabe im Zweifel wirkt. Der Bankier verspricht formlos für 
einen Kunden, meist indem er dessen Anweisung folgt, zu zahlen; seine Verpflichtung bindet ihn 
ohne Rücksicht auf zugrunde liegende Schuldverhältnisse (Pomp., Ulp. D. 13, 5, 27) und tilgt 
nicht eine etwa unterliegende Schuld des Kunden. Die Hauptaufgabe dieser bequemen Bankier- 
garantie ist wohl die einer kumulativen Schuldübernahme, nicht einer Bürgschaft. 
Auch das Konstitut“, die vertragmäßige Festsetzung, daß man eine bestimmte Schuld 
zahlen werde, verschafft dem Gläubiger zu der alten eine zweite Klage, ursprünglich immer 
gegen den alten Schuldner selbst, späterhin auch gegen einen das Zahlen für einen anderen 
zusagenden Garanten. Die prätorische, durch eine Strafstipulation des halben Streitwerts 
verschärfte Klage unterscheidet sich von der aus receptum mannigfach, namentlich durch das 
wesentliche Erfordermis einer Altschuld'. Das Konstitut dient der Stundung, auf die sich der 
Gläubiger einläßt, weil er die scharfe Anerkennung und etwa noch einen Garanten erhält, nur 
in zweiter Linie reinen Bürgschaftszwecken. 
D 20 Hai. 3,180 Ulp. D. 46, 2, 11, 1. Unterschiede: Paul. D. 22, 1, 35; 46, 2, 29; Marcian 
"* 7 * 7 " 
2 D. 5, 1, 28, 2; 12, 2, 35, 1; 9, 3. Bion di, II giuramento decisorio (1913) 41. 43. 141. 
Diese Schrift ist geeignet, unsere von Demelius, Schiedseid und Beweiseid (1887) begrün- 
deten Begriffe vom „Konventional-“ und „Zwangseid“ sehr wesentlich zu verändern. 
2 Paul. D. 38, 1, 37, 4 (wo von potest ab alles itp. sein dürfte, sachlich der Hinweis auf die 
Stipulationsform aber zutrifft). Delegation durch den Bürgen an den Gläubiger Jul. D. 46, 
1, 18; Paul. D. 17, 1, 26, 2. Vgl. Ulp. D. 50, 16, 187. Len., Ulp. 141. 
4 Lenel, Ih. J. 36, 129. 
5* Lenel, ZöSavSt. 2, 62; Ed. § 50; Partsch, ZSavSt. 29, 403; Wenger in 
Realenz., Receptum argentarii. 
* Bruns, Z. f. Rechtsg. 1, 28 = Kl. Schriften 1, 221; Lenel, Ed. § 97; R. Leon- 
hard in Realenz., Constituere; Polenske, Festgabe für Brünneck (1912) 143 (abwegig). 
*' Aber nur im Zeitpunkt des Konstituts, Ulp. D. 13, 5, 18, 1; daran knüpft sich viel- 
leicht der Streit ebd. 9 3, Seckel, Festschr. für Bekker (1907) 347.
	        
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