Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1871. (48)

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5. Anträge auf Entlassung von Soldaten, welche sich bei mobilen Truppen im Dienst befinden, aus 
Veranlassung häuslicher 2c. Verhältnisse, sind in der Regel abzulehnen. Eine ausnahmsweise Be- 
rücksichtigung derselben kann nur dann eintreten, wenn die vorstehend ad 2. angegebenen oder solche 
Gründe im vollsten Maaße vorliegen, welche nach den anderweitig bestehenden Bestimmungen 
die Zurückstellung von Reservisten und Landwehrleuten zulässig machen. 
6. Sollte es vorkommen, daß ein Soldat ungeachtet der Vorschriften der ##. 38., 39. und 77. einge- 
stellt worden ist, weil die von demselben verübten Verbrechen 2c. erst nach seiner Einstellung bekannt 
geworden sind, so steht die Untersuchung dem Militärgerichte nur in dem Falle zu, wenn die wahr- 
scheinlich zu erwartende Strase eine achtwöchentliche Gefängnißstrafe?) nicht übersteigt. Ist eine 
längere Freiheitsstrafe zu erwarten, so muß der Angeschuldigte entlassen und die Untersuchung dem 
kompetenten Civilgericht überwiesen werden. 
Dieses Verfahren findet auch statt, wenn die Untersuchung bei dem Civilgericht eingeleitet und 
das Erkenntniß erster Instanz dem Angeschuldigten vor dem Eintritt in den Dienststand noch nicht 
publizirt ist. 
War das Erkenntniß erster Instanz dem Angeschuldigten vor dem Eintritt in den Dienststand 
bereits publizirt, so verbleibt die fernere Verhandlung und die Entscheidung in zweiter Instanz dem 
Civilgericht, von welchem das Urtheil, sobald es die Rechtskraft erlangt hat, dem Militairgericht zu- 
zusertigen ist. 
Ist von dem Civilgericht rechtskräftig erkannt und übersteigt die erkannte Frciheitsstrafe nicht 
eine Gesängnibstrase von acht Wochen, so ist dieselbe durch das Militairgericht in eine verhältnißmöbige 
Militairstrafe umzuwandeln und zur Vollstreckung zu bringen; übersteigt aber die Militairstrafe eine 
achtwöchentliche Gesängnißstrase, so muß der Angeschuldigte zur Disposition der Ersatzbehörden ent- 
lassen und an das Civilgericht zur Vollstreckung der Strafe abgeliefert werden. 
Soldaten, welche vor ihrer Einstellung zum Dienst ein Verbrechen oder Vergehen verübt haben, 
welches sie nach §. 37. moralisch unfähig zum Militairdienst macht, oder welches mit zeitiger Unter- 
sagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte bedroht ist, und Soldaten, welche noch unter der 
Wirkung einer derartigen Ehrenstrafe stehen, wenn das betrefsende Erkenntniß nach ihrer Einstellung 
beim Truppentheil zur Sprache kommt, sind jedenfalls zur Disposition der Ersatzbehörden zu entlassen. 
4. Die von den Truppen zur Dieposition der Ersatzbehörden entlassenen Individuen gehören bis zur 
definitiven Entscheidung über ihr ferneres Militair-Verhälmiß zu den Mannschaften des Beurlaubten- 
standes **). 
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8. 51. 
Entscheidung der Ersatzbehörden über die vor abgeleisteter Dienstpflicht 
entlassenen Soldaten. 
1. Die vor abgeleisteter Dienstpflicht vom stehenden Heere entlassenen Soldaten können durch die kom- 
6 c Unter achtwöchentlicher Gefängnigstrafe ist eine bürgerliche Freibeilsstrase verstanden, welche bei Umwandlung 
in eine verhältnißmänpige Militairstrafe einen 6wöchentlichen Mittelarrest nicht übersteigt. 
½%) cf. S. 24. der Verordnung, betreffend die Organisation der Landwehr-Behörden und die Dienstverhältulsse 
der Mannschaften des Beurlaubtenstandes vom 5. September 1867.
	        
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