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beseitigendes Hinderniß entgegensteht, welches von dem Kläger nicht verschuldet ist,
oder wenn die Erfolglosigkeit des Sühneversuchs mit Bestimmtheit vorauszusehen ist.
Ueber das Vorhandensein dieser Voraussetzungen entscheidet der Vorsitzende
des Landgerichts ohne vorgängiges Gehör des Beklagten.
§. 612.
In Ehesachen ist ein in der Geschäftsfähigkeit beschränkter Ehegatte prozeß-
fähig; dies gilt jedoch insoweit nicht, als nach §. 1336 Abs. 2 Satz 2 des Bürger-
lichen Gesetzbuchs nur sein gesetzlicher Vertreter die Ehe anfechten kann.
Für einen geschäftsunfähigen Ehegatten wird der Rechtsstreit durch den gesetz-
lichen Vertreter geführt. Der gesetzliche Vertreter ist jedoch zur Erhebung der
Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens nicht befugt; zur Erhebung der Scheidungs-
klage oder der Anfechtungsklage bedarf er der Genehmigung des Vormundschafts-
gerichts.
§. 613.
Der Bevollmächtigte des klagenden Ehegatten bedarf einer besonderen, auf
den Rechtsstreit gerichteten Vollmacht. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht
von Amtswegen zu berücksichtigen.
§. 614.
Bis zum Schlusse derjenigen mündlichen Verhandlung, auf welche das Urtheil
ergeht, können andere als die in der Klage vorgebrachten Klagegründe geltend ge-
macht werden.
Das neue Vorbringen und die Erhebung einer Widerklage ist von einem
Sühneversuche nicht abhängig.
§. 615.
Die Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens, die Scheidungsklage und die
Anfechtungsklage können verbunden werden.
Die Verbindung einer anderen Klage mit den erwähnten Klagen sowie die
Erhebung einer Widerklage anderer Art ist unstatthaft.
§. 616.
Der Kläger, welcher mit der Scheidungsklage oder der Anfechtungsklage ab-
gewiesen ist, kann das Recht, die Scheidung zu verlangen oder die Ehe anzufechten,
nicht mehr auf Thatsachen gründen, welche er in dem früheren Rechtsstreite geltend
gemacht hat oder welche er in dem früheren Rechtsstreit oder durch Verbindung der
Klagen geltend machen konnte. Das Gleiche gilt im Falle der Abweisung der
Scheidungsklage oder der Anfechtungsklage für den Beklagten in Ansehung der That-
sachen, auf welche er eine Widerklage zu gründen im Stande war.
§. 617.
Die Vorschrift über die Wirkung eines Anerkenntnisses kommt nicht zur
Anwendung.