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(Nr. 2686.) Gesetz, betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten. Vom
— 30. Juni 1900.
Wir Wilhelm), von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen 2c.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths
und des Reichstags, was folgt:
Anzeigepflicht.
F. 1.
Jede Erkrankung und jeder Todesfall an
Aussatz (Lepra), Cholera (asiatischer), Fleckfieber (Flecktyphus), Gelb-
fieber, Pest (orientalischer Beulenpest), Pocken (Blattern),
sowie jeder Fall, welcher den Verdacht einer dieser Krankheiten erweckt, ist der
für den Aufenthaltsort des Erkrankten oder den Sterbeort zuständigen Polizei-
behörde unverzüglich anzuzeigen.
Wechselt der Erkrankte den Aufenthaltsort, so ist dies unverzüglich bei der
Polizeibehörde des bisherigen und des neuen Aufenthaltsorts zur Anzeige zu
bringen.
S. 2.
Zur Anzeige sind verpflichtet:
1. der zugezogene Arzt,
2. der Haushaltungsvorstand,
3. jede sonst mit der Behandlung oder Pflege des Erkrankten beschäftigte
Person,
4. derjenige, in dessen Wohnung oder Behausung der Erkrankungs= oder
Todesfall sich ereignet hat,
5. der Leichenschauer.
Die Verpflichtung der unter Nr. 2 bis 5 genannten Personen tritt nur
dann ein, wenn ein früher genannter Verpflichteter nicht vorhanden ist.
S. 3.
Für Krankheits= und Todesfälle, welche sich in öffentlichen Kranken-, Ent-
bindungs-, Pflege-, Gefangenen= und ähnlichen Anstalten ereignen, ist der Vor-
steher der Anstalt oder die von der zuständigen Stelle damit beauftragte Person
ausschließlich zur Erstattung der Anzeige verpflichtet.
Auf Schiffen oder Flößen gilt als der zur Erstattung der Anzeige ver-
pflichtete Haushaltungsvorstand der Schiffer oder Floßführer oder deren Stell-
vertreter. Der Bundesrath ist ermächtigt, Bestimmungen darüber zu erlassen,
an wen bei Krankheits= und Todesfällen, welche auf Schiffen oder Flößen vor-
kommen, die Anzeige zu erstatten ist.