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Reichs-Gesetzblatt
Nr 20.
Inhalt: Weingesetz. S. 393.
(Nr. 3598.) Weingesetz. Vom 7. April 1909.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen 2c.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats
und des Reichstags, was folgt:
§ 1.
Wein ist das durch alkoholische Gärung aus dem Safte der frischen Wein-
traube hergestellte Getränk.
§ 2.
Es ist gestattet, Wein aus Erzeugnissen verschiedener Herkunft oder Jahre
herzustellen (Verschnitt). Dessertwein (Süd-, Süßwein) darf jedoch zum Ver-
schneiden von weißem Weine anderer Art nicht verwendet werden.
§ 3.
Dem aus inländischen Trauben gewonnenen Traubenmost oder Weine, bei
Herstellung von Rotwein auch der vollen Traubenmaische, darf Zucker, auch in
reinem Wasser gelöst, zugesetzt werden, um einem natürlichen Mangel an Zucker
beziehungsweise Alkohol oder einem Übermaß an Sture insoweit abzuhelfen, als
es der Beschaffenheit des aus Trauben gleicher Art und Herkunft in guten Jahr-
gängen ohne Zusatz gewonnenen Erzeugnisses entspricht. Der Zusatz an Zucker—
wasser darf jedoch in keinem Falle mehr als ein Fünftel der gesamten Flüssigkeit
betragen.
Die Zuckerung darf nur in der Zeit vom Beginne der Weinlese bis zum
31. Dezember des Jahres vorgenommen werden; sie darf in der Zeit vom 1.Oktober
bis 31. Dezember bei ungezuckerten Weinen früherer Jahrgänge nachgeholt werden.
Die Zuckerung darf nur innerhalb der am Weinbaue beteiligten Gebiete
des Deutschen Reichs vorgenommen werden.
Die Absicht, Traubenmaische, Most oder Wein zu zuckern, ist der zu-
ständigen Behörde anzuzeigen.
Reichs- Gesetzbl. 1909. 62
Ausgegeben zu Berlin den 16. April 1909.