Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 30.) 279
bereit gewesen, diese Vorlage anch insoweit zu bewilligen, als sie diese
Mittel fast ausschließlich durch Auflage auf den Besitz aufbringen wollte.
Wir waren auch der Auffassung, daß die Regierungsvorlage bei besserer
und geschickterer Vertretung zur Annahme gelangt wäre. Wir waren der
Auffassung, welcher der Reichskanzler bei der zweiten Lesung Ausdruck ge-
geben hat, daß die Regierungsvorlage der richtige Weg war, auf dem sich
die Einigung der bürgerlichen Parteien empfohlen hätte. Wir würden auch
heute noch bereit sein, die Besitzbesteuerung auf dem Wege der Regierungs-
vorlage zu bewilligen, aber der Vorlage in der jetzigen Gestalt müssen wir
unsere Zustimmung versagen. — Auf Antrag Bassermann wird über das
Besitzsteuergesetz in der Gesamtabstimmung namentlich abgestimmt werden.
Eine Resolution Herzog (Wirtsch. Vgg.) und Gen. verlangt eine Regierungs-
vorlage, durch welche das steuerrechtliche Verhältnis der Fürsten zum Reiche
geregelt wird. Abg. Schultz-Bromberg (Rp.): Meine Freunde und ich
haben von vornherein den Standpunkt vertreten, daß Wehr-= und Deckungs-
vorlage gleichzeitig und gemeinschaftlich verabschiedet werden müssen. Wir
halten auch jetzt an diesem Standpunkt fest. Würden wir jetzt die Deckungs-
vorlage ablehnen, dann würden wir unseren Standpunkt verlassen. Ueber
die Gestaltung müssen wir allerdings den Parteien die Verantwortung über-
lassen, die das Kompromiß abgeschlossen haben. Wir werden deshalb für
das Gesetz stimmen. Dies erkläre ich auch im Namen des Freiherrn Heyl
zu Herrnsheim. — Damit schließt die Generaldiskussion.
In der Spezialdiskussion beantragt der Abg. Laux(Bayer. Bbd.),
in den § 15, der über die Art der Erfassung des Vermögenszuwachses von
Ehegatten handelt, einen dritten Absatz einzufügen, folgenden Inhalts:
„Das in die Ehe eingebrachte Vermögen bleibt zuwachssteuerfrei, wenn es,
zusammengerechnet, den Betrag von 40000 Mark nicht übersteigt.“
Staatssekretär des Reichsschatzamts Kühn: Der Antrag ist völlig
unnötig, da infolge des Inhalts des Gesetzes schon sowieso in diesem Sinne
verfahren wird. Abg. Laux (Bayer. Bbd.): Nach dieser beruhigenden Er-
klärung ziehe ich meinen Antrag zurück.
Abg. Ledebour (Sd.) begründet einen Antrag Albrecht und Gen.,
der folgenden § 24 a eingefügt wissen will: Die in § 214 festgesetzten Steuer-
sätze gelten als Normalsteuersätze. Bei Feststellung des Etats ist alljährlich,
also erstmals zum 1. April 1917 (§ 18), zu bestimmen, welcher Prozentsatz
der Normalsteuersätze für das beginnende Finanziahr erhoben werden soll.
Der Antrag will eine Lücke ausfüllen. Wir müssen hier konstitutionelle
Garantien schaffen, was nach den Erklärungen des Grafen Westarp doppelt
notwendig ist. Staatssekretär des Reichsschatzamts Kühn: Der Antrag be-
zweckt eine Quotisierung der Vermögenszuwachssteuer. Das ist
an und für sich von so großer Bedeutung, daß es sich wohl nicht empfiehlt,
in dritter Lesung eine solche Aenderung vorzunehmen. Dasselbe wollte ja
auch schon im vorigen Jahre die lex Bassermann. Damals wurde diesem
Antrage keine Folge gegeben. Die Regierung hält es auch für unzweck-
mäßig, bei einer Steuer mit so beweglichen Grenzen eine Quotisierung
vorzunehmen. Denn der Vermögenszuwachs ist ja in den verschiedenen
Jahren zu verschieden. Die Regierung würde einem damit belasteten Gesetz
nicht zustimmen können. — Abg. Fischbeck (Fortschr. Vp.): Wir haben uns
mit dieser Frage schon im vorigen Jahre beschäftigt. Auch damals haben
wir uns dagegen ausgesprochen. Es würde einen wunderlichen Eindruck
erwecken, wenn jemand, der eine Million Vermögenszuwachs hat, in der
einen Periode weniger Steuern bezahlen muß als ein anderer. Man darf
auch ein Kompromiß nicht zuletzt mit so schwerwiegenden Anträgen be-
lasten. — Abg. Ledebour (Sd.): Nachdem wir mit der direkten Reichs-