Full text: Die Hausgesetze der regierenden Deutschen Fürstenhäuser. Erster Band: Anhalt, Baden, Bayern, Braunschweig. (1)

3 
sich auf das positive deutsche Staats- und Fürstenrecht, insbesondere auf die baye- 
rischen Hausverträge von 1329 und 1392, wonach der Vorzug des Mannsstamınes 
und die Ausschliessung der Töchter fesstehe; er thut die Ungültigkeit eines Testa- 
mentes dar, welches die agnatischen Rechte verletzt; er ist durchaus positiv - histo- 
risch: „der gegenwärtige Rechtsstreit dürfe nur nach Gebrauch und Gewohnheit 
iin Lande Bayern geschlichtet werden, in andern Ländern möchten Weiber, wie 
Männer erben, in Bayern nicht.“ Der geistliche Sachwalter des Pfalzgrafen da- 
gegen wendet, nach damaliger Art, Grundsätze des römischen Privatrechts auf deut- 
sche Staatsverhältnisse an, geht von der Freiheit der testamenti factio aus und 
deducirt aus allgemein naturrechtlichen Sätzen die Gleichheit von Söhnen und 
Töchtern. Nachdem man bis zur Duplik gediehen war, erfolgte der beiderseitige 
Schlussrezess vom 16. und 18. Februar. Am 23. April proklamirte der Kaiser die 
Sentenz: „dass die Herzöge Albrecht und Wolfgang von Bayern - München, als die 
nächstgesippten Agnaten und Schwertlehenserben, in alle hinterlassenen Lande des 
Herzogs Georg einzusetzen seien, doch habe sich der Kaiser vorbehalten, nach 
Vollzug dieses Urtheils, seine eigenen Interessen wahrzunehmen.“ Pfalzgraf Ru- 
precht, welcher den Landfrieden gebrochen, wurde in die Reichsacht erklärt. Da- 
nach huldigten die Landstände den durch kaiserlichen Spruch anerkannten Erben 
und legten die provisorische Regierung nieder. Aber Ruprecht war nicht gewillt, 
seine und seiner Kinder vermeintliche Ansprüche aufzugeben; ein verheerender 
Krieg begann, während dessen Pfalzgraf Ruprecht und seine Gemahlin starben, 
mit Hinterlassung zweier unmündiger Söhne, Otto Heinrich und Philipp. Nach 
dem Tode Ruprechts kam es zu Friedensverhandlungen unter Vermittelung des 
Kaisers; auf einem Reichstage zu Cöln erfolgte am 30. Juli 1505 der berühmte 
cölner Schiedsspruch ’). Kraft desselben erhielten die jungen pfalzgräflichen 
Prinzen, zur Entschädigung aus Herzog Georgs hinterlassenen Landen, Schloss und 
Stadt Neuburg samınt Zubehör am rechten Ufer der Donau und am linken Ufer 
so viel Land, dass es die Summe von 24,000 Gulden jährlichen Revenüen abwer- 
fen sollte, ausserdem alle Baarschaft, die Hälfte des hinterlassenen Kriegsmaterials 
und des Getreidevorraths; alles übrige Land sollte den rechtmässigen Haupterben, 
den Herzögen Albrecht und Wolfgang, für sich und ihre Erben bleiben. 
Ein schwieriges Geschäft war die Vollziehung des cölner Spruches; der 
Kaiser erliess noch verschiedene Deklarationen desselben, auch kam zwischen den 
Parteien ein Vertrag am 25. Februar 1506 zu Freysing zu Stande ?), wodurch übri- 
gens das Geschäft immer noch nicht vollständig erledigt wurde, besonders wegen 
der verschiedenen Taxationsgrundsätze. Erst im Jahre 1509 war die Angelegen- 
heit definitiv geregelt. 
Also erwuchs aus bayerischen Bestandtheilen ein neues Fürstenthum für die 
unerwachsenen pfälzischen Prinzen Otto Heinrich und Philipp. Ihr zerstreutes, in 
Bayern, Oberpfalz und Schwaben gelegenes Land erhielt den Namen der jungen 
Pfalz. 
4) Abgedruckt in den Landlagsverhandlungen Bd. XV S. 1i1f. 
2) In den Landtagsverhandlungen Bd. ÄV S. 240— 262.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.