Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

Neue Mediatisirungen. 233 
der an dem Reichsdeputationshauptschlusse haftete, verschwand neben der 
entsetzlichen Roheit dieser neuen Gewaltthat; denn nicht durch das Reich 
selber und nicht unter dem Vorwande der Entschädigung, sondern durch 
die nackte Willkür einer Handvoll eidbrüchiger Fürsten und unter dem 
Schutze des napoleonischen Heeres wurde jetzt die Vernichtung verhängt über 
die Lobkowitz und Schwarzenberg, über alle jene österreichischen Standes- 
herren, welche so lange den Stamm der keaiserlichen Partei unter den 
weltlichen Fürsten gebildet hatten. Mit ihnen fielen auch die alten ruhm- 
vollen Geschlechter der Fürstenberg und Hohenlohe, die vor wenigen Jahr- 
zehnten fast ebenso mächtig gewesen wie ihre glücklichen Nachbarn in 
Karlsruhe und Stuttgart; und einer mindestens unter den Mediatisirten 
ließ mit Bewußtsein, um der Ehre willen das Verhängniß über sich er- 
gehen. Fürst Friedrich Ludwig von Hohenlohe-Oehringen wies alle die 
Lockungen, wodurch Napoleon den berühmten preußischen General für den 
Rheinbund zu gewinnen suchte, stolz zurück; er wollte die Treue nicht 
brechen, die sein Haus seit Jahrhunderten mit den Hohenzollern vereinte, 
er verlor seine Landeshoheit, weil er sich muthig auf Preußens Seite 
stellte. Noch unmittelbarer wurde der Berliner Hof verletzt durch die 
Beraubung der Nassau-Oranier; dies Haus, dem die Krone Preußen 
auf deutschem Boden eine Entschädigung für den verlorenen niederländischen 
Besitz verschafft hatte, sah sich jetzt aus einem Theile seiner deutschen 
Lande vertrieben, ohne daß man auch nur eine Anzeige in Berlin für 
nöthig hielt. Zufall und Laune entschieden über Bestand und Untergang 
der Kleinstaaten; der kleine Graf von der Leyen wurde als souveräner 
Fürst in den Rheinbund aufgenommen weil er ein Neffe Dalberg's war. 
Und doch waltete eine heilige Nothwendigkeit, den Frevlern unbewußt, auch 
über dieser Gewaltthat. Wieder verschwand eine ganze Schaar jener un- 
fruchtbaren Staatsbildungen, die sich einst mit den Spolien der alten 
deutschen Monarchie bereichert hatten; es ebnete sich der Boden, auf dem 
dereinst ein neuer Bau der deutschen Einheit emporsteigen sollte. 
Bis tief in den Sommer hinein blieb Napoleon darauf gefaßt, daß 
der rechtmäßige Kaiser der Vernichtung des alten Reichs widersprechen 
werde; bestimmte doch der Preßburger Friede ausdrücklich, daß die neuen 
Könige nicht aufhören sollten dem Deutschen Bunde anzugehören. Aber 
Oesterreich war tief erschöpft von dem unglücklichen Kriege; Erzherzog Karl 
und der neue Minister des Auswärtigen Graf Philipp Stadion hofften 
in Frieden die Kräfte der Monarchie wiederherzustellen. Zudem waren 
in jenem Preßburger Vertrage alle Folgen der bairisch-württembergischen 
Souveränität bereits gutgeheißen, also mittelbar die kaiserlichen Majestäts- 
rechte schon preisgegeben. Wollte und konnte man die Ansprüche des 
alten Kaiserthums nicht mit den Waffen behaupten, so erforderte die Würde 
des kaiserlichen Hauses, daß man dem werthlosen Titel rechtzeitig, von 
freien Stücken entsagte, bevor Napoleon den Verzicht erzwang. So lautete
	        
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