532 I. 5. Ende der Kriegszeit.
England entführt wurden. Für die Seemacht fehlte der deutschen Politik
noch jedes Verständniß; Niemand hat auch nur die Frage aufgeworfen, ob
nicht jene köstliche Beute den Stamm einer preußischen Flotte bilden könne.
Der Prinz von Oranien, also mit Geschenken verschwenderisch über-
schüttet, fand sich noch immer nicht genug belohnt für seine unbekannten
Verdienste um Europa, entwarf mit unbeschämter Stirn neue Vergröße-
rungspläne: bald sollte ein links-rheinisches Königreich Neu-Burgund bis
zur Mosel und Nahe, bald ein rechts-rheinisches Groß-Nassau von Düssel-
dorf bis Bieberich in den unersättlichen Schlund seines Hauses fallen.
Das Volk am Rhein, ermüdet durch den Druck der napoleonischen Prä-
fecten, versprach sich goldene Berge von den reichen Holländern, fürchtete
die militärische Strenge der Preußen. Gegen diese Befreier seines Landes
hegte der Oranier, gleich seinen britischen Gönnern, ein tiefes Mißtrauen.
Fast auf jedem Blatte des englisch-niederländischen Depeschenwechsels wird
die Besorgniß ausgesprochen, daß nur Preußen nicht Luxemburg erhalte,
nicht durch eine starke rheinische Provinz „erdrückend“ auf die Niederlande
wirke, denn die „preußische Schlauheit wird sich schwerlich mit Wärme
an die englische Ehrlichkeit anschließen". Von dieser feindseligen Gesin-
nung der welfisch-oranischen Staatsmänner ahnte Hardenberg nichts, viel-
mehr förderte er die oranische Sache wie seine eigene und zeigte sich sogar
bereit einige rein deutsche Striche am Niederrhein dem niederländischen
Gesammtstaate zu überlassen.
Erst nachdem die Eroberung des linken Rheinufers beschlossen war,
konnte das preußische Cabinet einen bestimmten Plan für die Wiederher-
stellung der Monarchie aufstellen, denn jetzt erst ließ sich übersehen, welche
deutsche Gebiete für Preußen frei wurden. Ungesäumt benutzte der Staats-
kanzler die Gunst des Augenblicks und begann mit den Allürten über
die preußischen Landforderungen zu verhandeln. Seit der Leipziger Schlacht
hielten die Verbündeten das Königreich Sachsen in ihrer Gewalt. Niemand
hätte an jenem Tage, da König Friedrich August als Kriegsgefangener
aus der erstürmten Stadt abgeführt wurde, die ungeheuerliche Behaup-
tung gewagt, daß dieser ergebenste Vasall Napoleon's ein wiedergefundener
befreiter Freund der Verbündeten sei. Der Imperator selbst bewahrte
dem Könige immer eine wohlverdiente Dankbarkeit und forderte noch mehr-
mals während dieses Winters die Warschauer Krone für Friedrich August
zurück, weil es wider seine Ehre gehe den treuen Verbündeten zu ver-
lassen. Der Wettiner hatte von Napoleon's Siegen die Vergrößerung
Sachsens erhofft und mußte mithin auch die Folgen der französischen
Niederlagen über sich ergehen lassen. Sein Land war in gerechtem Kriege
bis auf das letzte Dorf erobert und unterlag nach Völkerrecht allein der
Verfügung der Sieger. Der wider den Befehl des Königs erfolgte, poli-
tisch und militärisch gleich wirkungslose Uebertritt eines Theiles der säch-
sischen Armee konnte an solchen Thatsachen nichts ändern. Nach der