Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

154 III. 3. Troppau und CLaibach. 
noch Frankreichs Umgebungen, und schon ist der kaum wiederhergestellte 
Grundsatz der Legitimität aufs Neue erschüttert.“ „Die Aufgabe scheint 
für die Menschen zu schwer gewesen zu sein; Gott allein steht es zu, 
die Welt zu regieren und durch eine einzige Willensthat feste und un- 
wandelbare Gesetze zu begründen.“ Von den revolutionären Staaten 
Frankreich, Italien, Spanien, Deutschland, galt Italien dem Oesterreicher 
immerhin noch als das glücklichste Land — wenige Wochen bevor die 
Revolution in Neapel ausbrach; dort herrsche leidliche Ruhe, Dank der 
Klugheit der Regierungen. Unter den conservativen Mächten stellte er 
natürlich sein Oesterreich am höchsten; denn dieser Staat „bewahrt vor 
seinen Nachbarn den Vorzug seiner alten Gesetze, die Kraft seiner bunten 
Zusammensetzung (la force de ses subdivisions) und die Macht der 
Gewohnheiten". Mit Hilfe der Feuersbrunst zog er sodann aus dieser 
düsteren Schilderung des Bestehenden einige noch traurigere Schlüsse: 
„Bei Feuersbrünsten wird es oft unmöglich, die brennenden Gebäude zu 
retten und die Vorsicht sieht sich darauf beschränkt, die noch nicht vom 
Feuer ergriffenen zu retten.“ Darauf folgte gar die in diesem Munde 
unbegreifliche Versicherung: die Geschichte aller Völker lehrt, „daß fremde 
Einmischung die Erfolge einer Revolution niemals aufgehalten oder 
geregelt hat, es sei denn in Ländern von mäßiger Ausdehnung.“ Und 
so bleibe denn für jetzt nur übrig: feste moralische Verbindung und 
lebendiger Gedankenaustausch zwischen den großen Höfen, gemeinsames Vor- 
gehen gegen die falschen Doktrinen u. s. w. Eine Fülle von Schmeicheleien 
für Kaiser Alexander bildete den Schluß. Sie konnte den Czaren nicht 
darüber täuschen, daß Oesterreich in die spanischen Händel bis auf Weiteres 
nicht eingreifen wollte. Da der Wiener Hof dies überdies am 5. Juni 
förmlich erklärte und auch Preußen zu Anfang Juli in ähnlichem Sinne 
antwortete, so mußte der Czar seine Pläne aufgeben. Spanien war durch 
die Gunst seiner geographischen Lage und durch Frankreichs Schwäche 
vorläufig vor jedem Angriff gesichert. — 
Die friedfertige Stimmung des Wiener Hofes schlug aber sofort und 
vollständig um, als am 22. Juli die Nachricht von dem Beginn der 
italienischen Revolution einlief, eine Schreckensbotschaft, die um so peinlicher 
überraschte, weil der Gesandte in Neapel soeben erst gemeldet hatte, dort 
sei alle Welt über die Thorheit der spanischen Rebellen empört.)) Da 
waren alle die salbungsvollen Versicherungen, daß Gott allein die Welt 
regiere und fremde Einmischung niemals eine Revolution zu hemmen ver- 
möge, augenblicklich vergessen. In einem donnernden Artikel verkündete 
der Oesterreichische Beobachter den getreuen Unterthanen, der Geist des 
Verderbens habe sich eines glücklichen, weise verwalteten Landes bemächtigt, 
und alsbald erklärte Metternich dem preußischen Gesandten seinen festen 
  
*) Krusemark's Bericht, 8. Mai 1820.
	        
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