Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

182 III. 3. Troppau und Laibach. 
daß die Nüchternheit seines Urtheils immer noch stärker blieb als seine 
Freundschaft für Oesterreich; aber dem Stolze einer Großmacht stand sie 
übel an. 
Freilich zeigten sich die beiden Westmächte noch weit rathloser. Der 
Minister des Auswärtigen, Pasquier, das liberalste Mitglied des Pariser 
Cabinets, sah voll ernster Besorgniß dem Augenblick entgegen, da die 
Oesterreicher bis zur französischen Grenze vorrücken würden; Metternich 
selbst fand diese Eifersucht erklärlich und erwog einige Tage lang ernstlich, 
ob es nicht gerathen sei, die Besetzung Piemonts den Russen zu überlassen. 
Doch wenn der französische Hof sein Interesse in Italien wahren wollte, 
so mußte er, den Ostmächten zuvoreilend, selber die Ordnung in Piemont 
herstellen, und diese Kühnheit war unmöglich, da er dem Geiste seines 
eigenen Heeres mißtraute. So verstrich die Zeit, ohne daß man in den 
Tuilerien einen Entschluß fand.)) Lord Castlereagh vollends wurde durch 
die Turiner Nachrichten nur in seinen österreichischen Neigungen bestärkt 
und gab unter der Hand zu verstehen, alle seine Verwahrungen seien 
nichts weiter als parlamentarische Schachzüge. 
Metternich allein war seines Zieles sicher, und das Glück begünstigte 
ihn abermals wunderbar. Der gefürchtete piemontesische Aufstand erwies 
sich bald als ein verfrühtes, unfertiges Unternehmen. Nur ein Theil des 
Heeres hatte sich der Revolution angeschlossen, die Mehrheit des Volkes 
harrte gespannt auf die Entscheidung des Königs. Der redliche, in dem 
Absolutismus des alten Jahrhunderts ergraute Victor Emmanuel wollte 
weder den aussichtslosen Kampf gegen die großen Mächte beginnen, noch 
das Ausland wider seine eigenen Truppen zu Hilfe rufen und faßte endlich 
denselben Entschluß, welchen schon mehrere seiner pflichtgetreuen Vorfahren 
gefaßt hatten, wenn ihnen die Bürde der Regierung zu schwer wurde: 
er legte die Krone nieder und ernannte den Prinzen Karl Albert von 
Carignan zum Regenten, bis der Thronfolger Karl Felix aus Modena 
zurückkehren würde, um die Zügel selbst in die Hand zu nehmen. Welche 
Aufgabe für den unerfahrenen, ehrgeizigen Prinzen, der mit den Ver- 
schworenen längst im Verkehr stand und schon zuweilen von der italienischen 
Königskrone träumtel! Er ließ sofort durch eine Notabelnversammlung 
die spanische Verfassung annehmen und hoffte in seiner jugendlichen Arg- 
losigkeit auf die nachträgliche Zustimmung des neuen Königs. Karl Felix 
aber, ein Gesinnungsgenosse des Herzogs von Modena, verwarf in einem 
scharfen Manifeste jede Neuerung, und sobald der König gesprochen hatte, 
war in diesem Lande der Würfel gefallen. Gehorsam gab Karl Albert 
seine Regentschaft auf. Mittlerweile war General Bubna mit einem öster- 
reichischen Heere eingerückt, die treu gebliebenen Truppen vereinigten sich 
mit ihm, und schon am 8. April unterlagen die Aufständischen nach tapferem 
  
*) Krusemark's Bericht, 24., 29. März 1821.
	        
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