Neue Pläne gegen den Bundestag. 283
sie waren mitschuldig an Frankreichs Drohungen und mußten jetzt vor der
Welt die Verantwortung für den legitimistischen Kreuzzug tragen. Je
feindseliger England auftritt, schrieb Bernstorff nach Wien, um so fester
müssen die Ostmächte zusammenhalten, damit Frankreich nicht vereinzelt
wird.“) Das also war die Frucht der Kriegslust des Czaren, der Partei-
wuth der Ultras, der verlegenen Nachgiebigkeit Oesterreichs und Preußens:
England sagte sich los von dem großen Bunde, und in Spanien begann
ein Krieg, der selbst bei gutem Glück den Beschützern des meineidigen Bour-
bonen nur endlose Verlegenheiten bereiten konnte. —
Die spanische Frage hatte den Congreß so gänzlich in Anspruch
genommen, daß Metternich die geplante Besprechung der deutschen An-
gelegenheiten vertagen mußte. Er verabredete mit Bernstorff, im Januar
solle eine neue deutsche Ministerconferenz, diesmal nur ein kleiner Kreis
von Vertrauten, nach Wien berufen werden. Mit ihr wollten sich die
beiden Großmächte über eine einmüthige Bundespolitik, über etwa nöthige
neue Bundesgesetze und über die Beseitigung der feindseligen Bundes-
gesandten verständigen. Diese „Epuration des Bundestags“", wie Metter-
nich es nannte, war zwischen den beiden Großmächten schon seit dem
letzten Sommer verabredet, doch hielten sie ihre Absicht noch sorgfältig
geheim.) Die Spitze der Pläne richtete sich gegen den Stuttgarter Hof
und seinen rastlosen Bundesgesandten Wangenheim. „Württemberg —
erklärte Bernstorff, fast mit den nämlichen Worten wie Metternich —
ist heute als der Hauptbrennpunkt alles revolutionären Treibens in
Deutschland und der König dieses Landes als ein, der That und Absicht
nach, entschiedener Feind des Bundes anzusehen.“ Um den Feldzug vor-
zubereiten nahm Metternich den Rückweg über München und fand dort
zu Neujahr eine überaus freundschaftliche Aufnahme. Wie freute sich der
gute Max Joseph „seinen Clemens“ wiederzusehen. Rechberg hielt es
auch diesmal, wie vor drei Jahren, für sicherer, wenn Baiern auf den
Wiener Conferenzen durch Zentner vertreten wurde und er selber in
München blieb; so konnte er dem Bevollmächtigten in Wien seine
Weisungen ertheilen und zugleich den wankelmüthigen König im Auge
behalten. Der österreichische Kanzler war damit einverstanden. Völlig
beruhigt über die Gesinnung des bairischen Hofes kehrte er nach Wien
zurück und schilderte dort seine Münchener Erfolge so selbstgefällig, daß
Hatzfeldt in seiner fanatisch übertreibenden Weise heimberichtete: „Metternich's
Ankunft machte in München einen solchen Eindruck, daß der König, wenn
*7) Bernstorff, Weisung an Hatzfeldt, 1. März 1823.
**) Hatzfeldt's Bericht, 18. Juli; Weisung an Hatzfeldt, 26. Juli 1822.