74 III. 2. Die letzten Reformen Hardenberg's.
doch blieb die Hauptmasse des Domanialbesitzes erhalten, sein Gesammt-
ertrag ungeschmälert.“)
Die gesammte Verwaltung des Schuldenwesens wurde einer beson-
deren Centralbehörde übertragen. Welch ein Aufsehen am Hofe und in
den Kreisen der alten Bureaukratie, als der König in diese „Haupt-
verwaltung der Staatsschulden“ außer dem Präsidenten Rother und drei
anderen höheren Beamten auch einen titellosen Kaufmann, David Schickler,
den Chef des großen Berliner Bankhauses berief; nun war der Staat
doch unzweifelhaft, wie Marwitz immer vorausgesagt, mit Haut und Haar
den Wucherern verfallen! Die neue Behörde war vollkommen selbständig
und bezog die ihr gebührenden Einkünfte unmittelbar aus den Provinzial-
kassen; unbekümmert um den Finanzminister, der noch immer das Deficit
nicht zu bewältigen wußte, konnte Rother die Verzinsung und Tilgung
sofort streng nach dem Plane ins Werk setzen. Aber mit diesem neuen
Rade ließ sich die ohnehin schwerfällige Maschine der Finanzverwaltung
kaum noch handhaben; die Zersplitterung der Geschäfte zwischen so vielen
coordinirten Behörden erinnerte schon lebhaft an die chaotischen Zustände
von 1806. Neben dem Finanzminister stand bereits der Minister des
Schatzes Graf Lottum, der soeben den Auftrag erhielt alle Ersparnisse und
Mehr-Einnahmen der laufenden Verwaltung zur Wiederherstellung des
längst verschwundenen fridericianischen Staatsschatzes anzusammeln; unter
diesem wieder, doch in Wahrheit ganz selbständig stand Ladenberg mit
seiner General-Controle, der unerbittliche Richter über die Staatsausgaben,
und nun nahm die neue Schuldenverwaltung dem unglücklichen Finanz-
minister auch noch die Domanialeinkünfte vorweg.
Kein Wunder, daß Klewitz für das Gleichgewicht des Etats nicht ein-
zustehen, der Staatskanzler die alte Sünde seines Beamtenthums, den
Streit der Departements kaum noch zu bändigen vermochte. Und leicht
war es wahrlich nicht, mit Rother's unaufhaltsamem Amtssifer sich zu ver-
tragen. Wie der böse Feind war er dahinter her, wenn irgendwo in
einem Winkel der Monarchie eine fiscalische Servitut abgelöst wurde;
jeden Thaler aus solchem Erlös verlangte er für seine Verwaltung, da
ja das gesammte Staatsvermögen für die Staatsschuld hafte; für jeden
Gehaltsbon der alten südpreußischen Beamten forderte er erst weitere Be-
lege. Einmal wendete sich das gesammte Staatsministerium klagend an
den Kanzler: das Ehrgefühl der Regierungen werde verletzt, wenn sie den
Befehlen der Staatsschuldenverwaltung untergeordnet blieben. Harden-
berg aber entschied: „nicht die Personen sind zu ehren, sondern das Ver-
trauen des Monarchen, der vor den Augen der ganzen Nation einen
wichtigen Theil der Verwaltung in ihre Hände gelegt hat.“ So in
*) Motz, Verwaltungsbericht des Finanzministers für die Jahre 1825—1827,
30. Mai 1828.