270 IV. 5. Wiederbesestigung der alten Gewalten.
mächten.“) Nach der Meinung des österreichischen Staatsmannes mußte
jetzt ein für allemal aufgeräumt werden mit den sämtlichen deutschen
Verfassungen neufranzösischen Stiles; der vermessene Staatsstreichsplan
seines getreuen Marschall behagte ihm wohl. Maltzahn dagegen hatte
gemessenen Befehl, jeden rechtswidrigen Eingriff in die Landesverfassungen
zurückzuweisen. Er erklärte: die Vorschriften der Schlußakte genügten
vollauf, wenn man sie nur entschlossen handhabe; der Bundestag solle sich
begnügen, den Sinn seiner Grundgesetze deutlich auszusprechen und ihre
Befolgung den Regierungen nachdrücklich einzuschärfen. Dem Unfug der
Presse und der Versammlungen lasse sich steuern, wenn der Bund und
die Landesbehörden auf Grund der vorhandenen Gesetze sofort mit strengen
Verboten einschritten. Da ein neues organisches Bundesgesetz nur durch
einhelligen Beschluß zustande kommen konnte, so mußte Metternich dem
Preußen schließlich nachgeben??*), und man einigte sich über sechs dem
Bundestage vorzulegende Artikel, welche im wesentlichen nichts neues ent-
hielten, sondern nur den bestehenden Gesetzen eine scharfe Auslegung gaben.
Die Sechs Artikel beriefen sich auf das „monarchische Prinzip“ der
Art. 57 und 58 der Schlußakte und bestimmten demgemäß: Da die ge-
samte Staatsgewalt in dem Oberhaupte des Staates vereinigt bleiben
muß, so sind die deutschen Souveräne verpflichtet, Anträge der Stände,
welche dieser Vorschrift widersprechen, zu verwerfen. Ferner dürfen die
Landstände den Fürsten weder die zur Führung einer verfassungsmäßigen
Regierung erforderlichen Mittel verweigern noch die Bewilligung dieser
Summen zur „Durchsetzung anderweiter Wünsche"“ mißbrauchen — eine
deutliche Antwort auf das Verhalten des badischen Landtags bei der
Beratung des Preßgesetzes. Drittens soll die Gesetzgebung der Bundes-
staaten der Erfüllung ihrer Bundespflichten keinen Eintrag tun. Um die
Landtage zu überwachen und alle Ausschreitungen zur Sprache zu bringen,
wird viertens am Bundestage eine besondere Kommission eingesetzt. Zum
fünften verpflichten sich die Regierungen, jeden Angriff der Landtage auf
den Bund zu verhüten. Endlich wird nochmals daran erinnert, daß die Aus-
legung der Grundgesetze des Bundes allein der Bundesversammlung zustehe.
Dergestalt hatte Bernstorff dicht vor dem Ende seiner politischen
Laufbahn noch einmal den reaktionären Anschlägen des Wiener Hofes
den Kern ausgebrochen. Dafür mußte er aber auch auf seine eigenen
bescheidenen Reformpläne verzichten. Sein Preßgesetzentwurf stieß im
preußischen Ministerium selbst auf unbesieglichen Widerstand. Altenstein,
der sich die leidige Bundespolitik gern vom Leibe hielt, meinte ärgerlich:
mit dem alten Preßgesetze lasse sich sehr wohl auskommen;") zu streng
sei die preußische Zensur sicherlich nicht, der russische Gesandte beschwere
*) Nesselrode, Weisung an Tatistschew, 7. Okt. 1831.
*#) Tettenborns Bericht, Wien, 3. Jan. 1832.
*"*“) Frankenbergs Bericht, 9. Okt. 1832.